China: Die Angst um den neuen Kultur-Markt

Ein Bau von Zaha Hadid in Hong Kong, China
Auch für die Kulturwelt sind chinesische Wirtschaftsprobleme eine überaus schlechte Nachricht.

Wenn der chinesische Wachstumsmotor ins Stocken gerät, wird es unruhig im Wirtschaftsleben: Expertengremien wiegen bedächtig die Köpfe, die Börsenkurse fallen, die Politiker beraten.

Längst aber sind negative Entwicklungen in China – wie in den vergangenen Tagen, als der Börsenhandel ausgesetzt werden musste – auch ein Alarmsignal für große Teile der Kulturwelt.

Und das vielleicht sogar in besonderem Ausmaße.

Denn der asiatische Wirtschaftsriese setzte zuletzt überaus stark auf Kultur; sowohl als Signal wirtschaftlicher Stärke nach außen als auch, um die eigene neue Mittelklasse zu unterhalten. Globale Player wie Hollywood wollen das gewaltige chinesische Publikum erobern. Die große Zahl an Arbeitskräften und die ebenso gewaltigen Reichtümer, die einzelne Nutznießer des Systems anhäufen konnten, machen das Land zu einer Weltmacht am Kunst-, Kino- und Klassikmarkt.

Land der Rekorde

China: Die Angst um den neuen Kultur-Markt
(FILES) This October 30, 2015 file photo shows a guard as he walks past Amedeo Modigliani's "Nu couche" on display at a press preview at Christie's New York in New York. The autumn art season wraps up in New York with successful auction sales of just over $2 billion but with a dash more caution than the bonanza records chalked up in the spring. The star of the season was an Amedeo Modigliani nude, "Nu Couche" -- which went for an eye-watering $170.4 million at Christie's. The second most expensive piece of art sold at auction, the Modigliani nude was bought by Chinese taxi driver turned billionaire Liu Yiqian, one of the country's biggest art collectors. AFP PHOTO / TIMOTHY A. CLARY "MANDATORY MENTION OF THE ARTIST UPON PUBLICATION"
Kaum ein Rekord ist heute ohne den chinesischen Markt denkbar. Ein chinesischer Milliardär machte 2015 Amedeo Modiglianis Akt "Nu couché" zumzweitteuersten je versteigerten Kunstwerk(170,4 Millionen Dollar). China ist bereits der zweitgrößte Kunstmarkt.
China: Die Angst um den neuen Kultur-Markt
epa05092307 People walk past a panel of new Star Wars posters with scene photos of the movie in a Star Wars merchandise store beside a cinema in Beijing, China, 08 January 2016. The latest Star Wars movie 'Star Wars: The Force Awakens' will be shown in China on 09 January 2016. EPA/HOW HWEE YOUNG
Hollywood orientiert längst den Inhalt seiner Filmeam Geschmack des chinesischen Publikums. Kein Wunder: 2017 soll China zum wichtigsten Kinomarkt weltweit werden. Die Zahl der Kinobesuche in China hat sich 2015 im Jahresvergleich verdoppelt, 22 Leinwände kommen pro Tag hinzu. Dieser Tage läuft der siebte Teil von "Star Wars" in China an, und er wird mit diesem Anschub wohl zum lukrativsten Film der Geschichte werden.

Architektur-Boom

Die namhaftesten Architekten weltweit – darunter das österreichische Büro Coop Himmelb(l)au – rittern um die Millionenaufträge der chinesischen Repräsentationsbauten.

Opernhäuser und Orchester – zuletzt u.a. die Tiroler Festspiele Erl, demnächst die Volksoper – nehmen von Tourneen durch China wichtige Einnahmen mit nach Hause.

Der österreichische Autor Thomas Brezina hat in China phasenweise mehr Bücher seines "Tiger Teams" verkauft als J. K. Rowling mit "Harry Potter".

Mit dementsprechender Sorge wird jede Abwärtsbewegung in Chinas Finanzwirtschaft auch von der Kulturseite aus betrachtet. Neu ist ein derartiges Auf und Ab nicht. Die japanische Liebe zur Klassik etwa wurde nach dem dortigen Wirtschaftsboom ab den 1970ern zu einem Standbein vieler internationaler Opernhäuser. Mit dem Einsetzen der Krise in Japan wurde es für die Klassikwelt wieder eng(er), auch wenn die japanischen Touristen bis heute ein wichtiger Faktor geblieben sind.

Zuletzt wurde heftig eine andere sprudelnde Geldquelle für die Kultur umworben: In den Boomjahren des hohen Ölpreises flossen die russischen Gelder in die internationalen Kunstauktionen und insbesondere auch in den österreichischen Markt. Kunstmessen und große Museen suchten den Kontakt und adaptierten ihr Angebot, um Geldgeber als auch Publikum aus Russland anzulocken. Doch auch dieser Motor stotterte zuletzt; beginnend mit den EU-Sanktionen auf Grund des Ukraine-Konflikts und zuletzt wegen des niedrigen Ölpreises ist die Hoffnung auf russische Mäzene zuletzt merklich geschwunden. Umso mehr hofft man nun auf China – und darauf, dass der Motor weiter läuft.

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