Cannes: Goldene Palme für Schweden Östlund, Haneke geht leer aus
Ruben Östlund ging nicht, nein er rannte zur Bühne, um die Goldene Palme entgegenzunehmen. Dort bedankte sich der blonde Schwede geradezu manisch bei Pedro Almodóvar und dessen Preis-Jury, dass er für seine bissige Gesellschaftssatire "The Square" den höchsten Preis von Cannes bekommen hatte. Weiters bedankte er sich bei seinem Produzenten für dessen wertvolle Ratschläge ("Der Affe übertreibt beim Spielen"). Und zum Schluss stiftete er das honorige Publikum dazu an, auf Kommando einen wilden Schrei auszustoßen.
Treffsicher fördert Östlund die Gemeinheiten und Brutalitäten zutage, die sich hinter höflichen Fassaden verbergen. Zwar reißt er (zu) viele Themen an, die er nicht alle zu Ende erzählen kann, bleibt aber immer auf höchstem Denkniveau. Ein verdienter Palmensieger.
Und ja, ein Affe spielt auch mit.
Der Große Preis der Jury ging an das engagierte AIDS-Drama "120 Battements par minute" des Franzosen Robin Campillo. Campillo erzählt darin von den Aktivitäten der Aktivisten-Gruppe ACT-UP und verfolgt schließlich den dramatischen Tod eines jungen Schwulen.
Das Publikum wollte mit dem Klatschen gar nicht mehr aufhören, als Campillo seinen Preis in Empfang nahm. Ganz klar, er war der Sieger der Herzen.
Die Deutschen freuten sich über den Gewinn von Diane Kruger als beste Schauspielerin: Kruger hatte in Fatih Akins einfach gestricktem Rachedrama "Aus dem Nichts" eine zerstörte Mutter gespielt, deren Familie von Nazi-Attentätern getötet wird.
Der österreichische Regisseur Michael Haneke und sein Drama "Happy End" mit Isabelle Huppert ging leer aus (zur Filmkritik).
Als bester Schauspieler wurde der US-Amerikaner Joaquin Phoenix für seine Rolle als Auftragskiller in Lynne Ramsays kapriziösem Thriller "You Were Never Really Here" ausgezeichnet. Phoenix bedankte sich gerührt und entschuldigte sich dabei verlegen für die Turnschuhe, die er zum Gala-Anzug trug.
Seine Regisseurin, die Schottin Lynne Ramsay, erhielt für "You Were Never Really Here" den Preis für bestes Drehbuch, musste sich diesen allerdings mit dem Griechen Yorgos Lanthimos und seine famose Farce "The Killing of a Sacred Deer" teilen.
Weiters reüssierte Sofia Coppola mit ihrem schönem, schlanken Horrorfilm "The Beguiled", in dem Colin Farrell in den 1860er Jahren als verletzter Soldat in einem Mädchenpensionat landet. Der Preis der Jury schließlich ging an den Russen Andrey Zvyagintsev und sein Drama "Loveless", das von der grausamen Scheidung eines Ehepaares erzählt.
"The Square" von Ruben Östlund (Schweden)
Großer Preis der Jury
"120 Battements par minute" von Robin Campillo (Frankreich)
Preis der Jury
"Nelyubov" (Loveless) von Andrey Zvyagintsev (Russland)
Beste Schauspielerin
Diane Kruger für "Aus dem Nichts"
Bester Schauspieler
Joaquin Phoenix für "You Were Never Really Here"
Beste Regie
Sofia Coppola für "The Beguiled" (USA)
Bestes Drehbuch
Yorgos Lanthimos und Efthimis Filippou für "The Killing of a Sacred Deer" (Griechenland) und Lynne Ramsay für "You Were Never Really Here" (Großbritannien)
2017 - The Square Ruben Östlund (Schweden)
2016 - Ich, Daniel Blake (I, Daniel Blake) Ken Loach (Großbritannien)
2015 - Dämonen und Wunder (Dheepan) Jacques Audiard (Frankreich)
2014 - Winterschlaf (Kis Uykusu) Nuri Bilge Ceylan (Türkei)
2013 - Blau ist eine warme Farbe (La Vie d'Adele) Abdellatif Kechiche (Frankreich)
2012 - Amour, Michael Haneke (Österreich)
2011 - The Tree of Life, Terrence Malick (USA)
2010 - Uncle Boonmee erinnert sich an seine früheren Leben, Apichatpong Weerasethakul (Thailand)
2009 - Das weiße Band - Eine deutsche Kindergeschichte, Michael Haneke (Österreich)
2008 - Die Klasse (Entre les murs) Laurent Cantet (Frankreich)
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