Neue Direktion soll 2015/16 beginnen

Neue Direktion soll 2015/16 beginnen
Aufsichtsrat-Chef Christian Strasser will "die beste Lösung". Thomas Königstorfer sieht keine Folgen für den Spielbetrieb.

Der nächste Burgtheater-Direktor bzw. die erste Burgtheater-Direktorin soll 2015/16 beginnen. "Wir brauchen dafür eine Spitzenkraft. Die sind aber meist vertraglich woanders gebunden. Wir sollten daher flexibel sein: Lieber ein halbes Jahr früher oder später, dafür aber die beste Lösung." Das sagt der neue Vorsitzende des Burgtheater-Aufsichtsrats, Christian Strasser, im Gespräch mit der APA.

Für den Museumsquartier-Chef, der gestern den Aufsichtsrat-Vorsitz von Holding-Chef Georg Springer übernommen hat, stehen drei Dinge im Zentrum seiner Bemühungen in der neuen Funktion: "Volle Aufklärung, finanzielle Stabilität und Wiederherstellung der Sicherheit im Ensemble." Die Aufklärung der inkriminierten Gebarungs-Usancen des Burgtheaters, die zunächst zur Entlassung der Vizedirektorin Silvia Stantejsky und gestern auch zur Entlassung des Künstlerischen Geschäftsführers Matthias Hartmann geführt haben, werde wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Er sei von einem Gutachten, das in der bisherigen Tätigkeit des Burgtheater-Aufsichtsrats keine Versäumnisse erkannt hat, ebenso wie seine Kollegen "beruhigt" worden, denn man habe im Aufsichtsrat tatsächlich das Gefühl, sich nichts vorwerfen zu können. "Ich würde behaupten, dass wir sogar ein sehr aktiver Aufsichtsrat waren und bei den ersten Verdachtsmomenten sofort reagiert haben. Wir sind auch ein selbstreflexiver Aufsichtsrat und haben uns nach der ersten Schockwelle gefragt: Haben wir etwas übersehen?"

Nicht für Dienstverträge zuständig

Man sei als Aufsichtsrat aber etwa für Dienstverträge nicht zuständig. "Ich war daher wirklich entsetzt, als ich am Wochenende von Beträgen in der Höhe von 200.000/300.000 Euro gelesen haben, die man sich bar auszahlen lassen hat. Das sind Dinge wie in einem schlechten Film, die jenseits meiner Vorstellungskraft liegen. Ich habe da offenbar völlig andere moralische Kriterien." Zuletzt waren diese Vorgänge und Beträge im Zusammenhang mit Vorbereitungshonoraren und Rechteabgeltungen für nach Wien übernommene Inszenierungen von Matthias Hartmann kolportiert worden - für Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) vielleicht "letztendlich ein Nachweis sein, dass er (Hartmann, Anm.) vom System wissen musste".

Bereits bis zur nächsten Aufsichtsratssitzung am 19. März soll eine interimistische Künstlerische Geschäftsführung gefunden werden. "Das in einer Woche zu schaffen wird nicht ganz einfach. Wir brauche eine integrative und kommunikative Figur. Es ist wesentlich, dass sich das Ensemble wieder wohlfühlt", so Strasser, der es zwar naheliegend findet, die Interims-Leitung im Haus oder dem engeren Umfeld der Burg zu suchen, es aber nicht darauf beschränken möchte. "Wir sollten da durchaus auch den Horizont ausweiten. Wir suchen ja sowieso einen Profi. Der braucht nicht lange Zeit zur Einarbeitung." Die Suche werde gemeinsam mit dem Ministerbüro, der Geschäftsführung des Burgtheaters und der Bundestheater-Holding vonstattengehen. "Gemeinsam müssen wir diese Krise bewältigen."

Vorsitz nicht angestrebt

Er habe den Aufsichtsrats-Vorsitz nicht aktiv angestrebt ("Ich hab eh' genug zu tun"), "aber in manchen Situationen ist man gefordert, einen Beitrag im Dienste der Sache zu leisten. Es ist mein Beitrag, das Burgtheater aus den negativen Schlagzeilen zu bringen", so Strasser, der nicht ausschließt, im April auch in den Aufsichtsräten von Staatsoper und Volksoper die Nachfolge Springers als Vorsitzender anzutreten. "Ich bin an sich ein Freund klarer Zuständigkeiten. Aber da werden vorher intensive Gespräche geführt werden. Für den Vorsitz braucht man das Vertrauen des gesamten Aufsichtsrats. Die Situation ist schwierig genug."

Die Entlassung von Matthias Hartmann als Burgtheaterdirektor hat keinen Einfluss auf den Spielbetrieb der "Burg". Premieren und aktuelle Inszenierungen würden unbeeindruckt von personellen und finanziellen Entscheidungen über die Bühne gehen, versicherte der Kaufmännische Geschäftsführer Thomas Königstorfer am Mittwoch im Ö1-"Frühjournal". Auch der Spielplan der kommenden Saison bleibe aufrecht.

Königstorfer, der als Nachfolger der später als Vize-Direktorin entlassenen Kaufmännischen Geschäftsführerin Silvia Stantejsky vom Linzer Landestheater nach Wien ans Burgtheater wechselte, wollte gegenüber dem ORF-Radio die Entlassung seines Kollegen nicht kommentieren, die Situation sei für das gesamte Personal schwierig, aber: "Theater ist etwas Langfristiges. Es sind die Leitungsteams und die Produktionen für die kommende Saison im Wesentlichen vorgeplant und der Spielplan für diese Saison ist eingetaktet und das Team arbeitet natürlich auch in dieser Situation weiter."

Castorf-Premiere

Die heutige Burgtheater-Premiere von Hans Henny Jahnns "Die Krönung Richards III." in der Regie von Frank Castorf soll indes 5 Stunden 40 Minuten (mit zwei Pausen) dauern. Ob Hartmanns Regie-Projekt "Der falsche Film" wie geplant am 6. April im Akademietheater zur Uraufführung gelangt, scheint indes weiter offen.

Die Letztentscheidung über die kommende Saison (geplant ist auch eine Hartmann-Regie von Karl Kraus' "Die letzten Tage der Menschheit" in einer Koproduktion mit den Salzburger Festspielen) liege laut Königstorfer bei der zu findenden interimistischen Künstlerischen Geschäftsführung, die bereits bis zur nächsten Aufsichtsratssitzung kommende Woche gefunden werden soll. "Und ich hoffe dass wir hier dann auch zu Entscheidungen kommen, die im Sinne des Hauses aber auch im Sinne der Eigentümer sind."

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