Bachler: "Das Beste, das der Burg passieren konnte"

Klaus Bachler zollt Josef Ostermayer Respekt für die Entscheidung, Karin Bergmann zur neuen Burg-Chefin zu machen.

Karin Bergmann war Stellvertreterin von Klaus Bachler, als dieser bis 2009 das Burgtheater leitete. Wie kommentiert nun Bachler die Tatsache, dass seine damals engste Mitarbeiterin selbst an der Spitze des renommierten Hauses steht?

"Das ist das Beste, das der Burg in dieser schwierigen Situation passieren konnte", sagt Bachler zum KURIER. "Sie kennt das Haus wie kein anderer und genießt das Vertrauen der Künstler und aller Mitarbeiter."

Sie hätte stets nur ein Ziel verfolgt: "Kunst zu ermöglichen und ihr zu dienen." Bachler findet auch nur positive Worte über die Persönlichkeit von Karin Bergmann: "Mir ihrer geradlinigen, uneitlen Art wird es ihr in kürzester Zeit gelingen, die Konzentration und die Aufmerksamkeit wieder auf die Bühne zu lenken."

Über Josef Ostermayer sagt der Intendant der Bayerischen Staatsoper München: "Dem österreichischen Kulturminister gebührt für seine klaren Entscheidungen immer mehr Respekt."

Hintergrund: Karin Bergmann neue Interimsdirektorin

Bachler: "Das Beste, das der Burg passieren konnte"
APA17538280 - 19032014 - WIEN - ÖSTERREICH: Die interimistische Direktorin des Burgtheaters, Karin Bergmann, während einer PK nach einer Sitzung des Burgtheater-Aufsichtsrates am Mittwoch, 19. März 2014, in Wien. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER
Das Ensemble hat sie, so berichtet der Kulturminister, mit tosendem Applaus willkommen geheißen: Karin Bergmann wurde am Mittwoch zur neuen Interimsdirektorin des Burgtheaters bestellt.

In einer Pressekonferenz bestätigte Kulturminister Josef Ostermayer gemeinsam mit Burg-Aufsichtsratschef Christian Strasser die Informationen des KURIER und betraute die 60-Jährige mit der Aufgabe, in der Burg nach dem Eklat wieder klar Schiff zu machen.

Damit steht zum ersten Mal in der Geschichte eine Frau an der Spitze des Burgtheaters. Zuletzt war auch Hermann Beil als ein Kandidat im Gespräch. Er war auch in der engeren Wahl und wird Bergmann regelmäßig beratend zur Seite stehen - ehrenamtlich, wie Ostermayer betont.

Das Interregnum (das wohl vor allem der Tatsache geschuldet ist, das vor der Berufung einer fixen Leitung eine Ausschreibung gesetzlich vorgeschrieben ist) dauert vorerst bis zum 31. August 2016 und damit länger als erwartet. Eine Entscheidung über die fixe Leitung nach dieser Zeit soll im Herbst fallen, die Ausschreibung für die neue künstlerische Leitung soll laut Ostermayer in den kommenden Wochen erfolgen und eine Bewerbungsfrist von bis zu drei Monaten beinhalten, während der sich Kandidaten melden können.

Kein Notnagel

Für Bergmann ist die Burg gerade in einer unglaublichen Krisensituation. Sie sieht sich im Neuordnungsprozess als integrative Figur: "Ich kann das und bin das Gegenteil eines Notnagels." Die Gespräche mit Beil seien für sie wichtig, da sie schon bisher viel von ihm gelernt habe. Ein Grund, dass sie nun als Leiterin präsentiert wurde, sei "ein trauriger, nämlich die katastrophale Situation". Ein anderer Grund sei aber positiv. In den vergangenen Tagen habe sie viel Zuspruch von innerhalb des Hauses bekommen: "Karin, komm hierher und kremple die Ärmel hoch." Nun wolle sie dafür sorgen, dass "der Riss, der durch das Haus geht, möglichst schnell planiert wird". Das Haus müsse wieder "mit der Dichtung, den Künstlern" im Gespräch sein, "mit künstlerischen Themen und nicht Problemen".

So wolle sie auf Regisseure zugehen, die bereits früher am Haus gearbeitet haben und dies in der vergangenen Zeit nicht mehr getan hätten. Sie nannte Andreas Kriegenburg, Leander Haußmann oder Thomas Ostermeier. Auch könne sie sich vorstellen, Herbert Fritsch neu zu gewinnen. Sie erhoffe "Neugierde und Solidarität" mit dem Burgtheater bei den Künstlern.

Deutliche Worte fand Burg-Aufsichtsratschef Christian Strasser zur Situation: "Das Haus brennt nach wie vor hell lodernd. Ich wünsche mir Brand aus bis Jahresende." Der Aufsichtsrat sei "überglücklich" über die Wahl Bergmanns. Sie könne das Haus aus der "Finanz- und Vertrauenskrise" führen.

"Nicht gewusst"

Bachler: "Das Beste, das der Burg passieren konnte"
APA17537904 - 19032014 - WIEN - ÖSTERREICH: Die interimistische Direktorin des Burgtheaters, Karin Bergmann (l.) und Kulturminister Josef Ostermayer während einer PK nach einer Sitzung des Burgtheater-Aufsichtsrates am Mittwoch, 19. März 2014, in Wien. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER
Bergmann betonte, mitSilvia Stantejsky zwanzig Jahre gemeinsam gearbeitet zu haben. Sie habe aber nie etwas vom nun viel kritisierten "System Stantejskymitbekommen". Sie sei in ihren bisherigen Positionen an der Burg nicht in den kaufmännischen Bereich eingebunden gewesen, betonte Bergmann. "Ich habe das definitiv nicht gewusst."

Natürlich war auch Matthias Hartmann ein Thema bei der Pressekonferenz. Bergmann schilderte, vor ihrem Abgang von der Burg in Hinblick auf Hartmanns großzügigen Umgang mit Produktionskosten mehrfach hinterfragt zu haben, ob sich "das Burgtheater dies leisten kann".

Die Uraufführung von Hartmanns eigenem Stück "Der falsche Film" am 7. April im Akademietheater dürfte jedenfalls wie geplant stattfinden. Die Produktion sei so gut wie fertig, betonte Bergmann, eine "Kindsweglegung" sei "kein gutes Omen" für die kommenden Jahre. Die interimistische Direktorin will überlegen, wie man "Hartmann den Regisseur" vielleicht weiter im Haus beschäftigen kann - "natürlich unter gänzlich neuen Bedingungen". Für die von Matthias Hartmann bei den Salzburger Festspielen geplante Großproduktion, "Die Letzten Tage der Menschheit", wird hingegen ein neuer Regisseur gesucht.

Bergmann will für den Verbleib des Kasinos als Burgtheater-Spielstätte kämpfen: "Das Kasino gehört zum Burgtheater". Sie gestand aber zu, dass die Entscheidung vielleicht gegenteilig ausfallen könnte. Dann "werden wir andere schöne Stätten finden, um zu spielen", so Bergmann mit einem Seitenblick auf Ostermayer: "Vielleicht das Parlament."

Biografie

Karin Bergmann (60) ist gebürtige Deutsche, kommt aus Recklinghausen, lebt seit den 1980er-Jahren in Wien, arbeitete am Burgtheater zunächst als Pressesprecherin und in weiterer Folge als Stellvertreterin von Hartmanns Vorgänger Klaus Bachler, der das Haus 1999 in der Nachfolge von Claus Peymann übernahm. Als Bachler in der Spielzeit 2008/2009 parallel zum Haus am Ring für eine Saison lang bereits die Leitung der Bayerischen Staatsoper München innehatte, führte Karin Bergmann teilweise das Tagesgeschäft, ohne diese Funktion aber offiziell zu bekleiden.

"Wir haben das Haus über zehn Jahre lang fast wie eine Person geführt. Daher passiert auch jetzt nichts im Haus, was nicht unser gemeinsamer Wunsch ist", sagte Bachler damals im KURIER-Interview. Und: "Selbstverständlich habe ich Karin Bergmann einen Teil meiner Gage abgetreten, das habe ich ja von Anfang an klargestellt, dass ich das tue, wenn ich mein Amt in München angetreten habe."

Für Aufsehen sorgte Bergmann unter anderem im November 2009, als sie demonstrierenden Studenten erlaubte, eine Vorstellung zu unterbrechen und ihr Anliegen auf der Bühne vorzutragen.

In Schauspielerkreisen genießt sie einen exzellenten Ruf. Zu ihren wichtigsten Aufgaben wird zählen, das Ensemble, das Hartmann gegenüber das Misstrauen ausgesprochen hatte, wieder zu einen, Teile von Hartmanns Plänen zu übernehmen, eigene Projekte zu verwirklichen und das Haus auch ökonomisch wieder fit für die Zukunft zu machen.

Tagesspiegel: "Das hat es seit 1776 noch nie gegeben. Zum ersten Mal in der fast 240-jährigen Geschichte des Wiener Burgtheaters steht eine Frau an der Spitze des weltgrößten Ensembletheaters."

Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Sie hat Witz, Verstand und Mut und eine lange Erfahrung, gewonnen in den oberen Etagen des Schaugewerbes. So ist sie in der desolaten Situation, in die das Wiener Burgtheater in seiner Finanz- und Führungskrise inklusive Rausschmiss des gewesenen Direktors Hartmann geraten ist: eine gute Wahl. Eine Brücke in die Zukunft. [...] Sie kennt den Laden, dem sie über einen riesigen Schuldenberg hinweghelfen muss, aus dem Effeff. Ihr zupackendes Wesen wird ihr helfen (müssen), ein auch durch Hartmanns schnöde Kündigungspolitik verunsichertes Ensemble zusammenzuhalten."

Neue Zürcher Zeitung: "Die Wahl lag auf der Hand, und entsprechend froh scheinen alle Betroffenen zu sein: Karin Bergmann übernimmt die Interimsleitung am Wiener Burgtheater. Rund eine Woche nach der fristlosen Entlassung von Matthias Hartmann bewies Österreichs Kulturminister Josef Ostermayer erneut Entschlossenheit in der Krisenbewältigung. [...] Am Sparen kommt sie aber keinesfalls vorbei; vermutlich wird ihr vorrangiger Gesprächspartner zunächst doch eher der kaufmännische Geschäftsführer Thomas Königstorfer sein. Noch ist es zu früh, von konkreten Sparmaßnahmen - oder, positiv formuliert, einem Finanzplan - zu reden."

Süddeutsche Zeitung: "Auf die Troubleshooterin Karin Bergmann wartet das, was sie gegenüber der SZ eine "Herkulesarbeit" nennt, aber sie sagt auch mit der ihr eigenen Entschlossenheit: 'Ich trau mir das zu.' [...] Damit steht erstmals eine Frau an der Spitze des größten Theaters im deutschsprachigen Raum - eine Frau, die das Haus sehr gut kennt und bei den langjährigen Mitarbeitern großes Vertrauen genießt."

Und schon wieder hat sich Kulturminister Josef Ostermayer als sogenannter „Macher“ präsentiert: Nur eine Woche nach der fristlosen Entlassung von Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann bestellte er Karin Bergmann zur interimistischen Nachfolgerin (der KURIER brachte die Meldung bereits am Dienstag als erstes Medium). Das ist in der momentanen Krisensituation die beste Wahl.

Bergmann gilt bei großen Teilen des Ensembles als Integrationsfigur.

Sie führte im Burgtheater (mit Klaus Bachler als Intendanten) eine Saison lang über weite Strecken das Haus, als dieser parallel zu Wien schon an der Bayerischen Staatsoper in München engagiert war.

Sie ist ein Theaterprofi durch und durch. Und alles andere als ein „Notnagel“, worauf sie selbst auch großen Wert legt.

Allein die Tatsache, dass ihr Vertrag bis Ende August 2016 läuft, also mehr als zwei Jahre, beweist das.

Innerhalb dieser Zeit kann sie künstlerisch durchaus einiges bewegen. Die größte Herausforderung aber wird es sein, dazu beizutragen, dass das Haus wieder ökonomisch fit wird. Denn zur Zeit ist die finanzielle Situation katastrophal. Die grundlegenden Voraussetzungen von buchhalterischen Notwendigkeiten gibt es nicht, es drohen ein hohes Defizit und Steuerrückzahlungen in Millionenhöhe.

Es ist zwar noch viel zu früh, um seriös darüber zu spekulieren, wer nach dieser interimistischen Lösung das Burgtheater ab der Saison 2016/17 langfristig führen könnte. Aber allein der Zeitrahmen legt nahe, dass man Kandidaten wie Sven-Eric Bechtolf (der bis inklusive Sommer 2016 die Salzburger Festspiele leitet) und Martin Kusej (ist bis dahin in München unter Vertrag) zumindest berücksichtigen wird müssen.

Tosenden Applaus hat es am Mittwoch im Burgtheater-Ensemble gegeben, als Karin Bergmann als interimistische künstlerische Leiterin vorgestellt wurde. Ein Großteil der Schauspieler habe bereits mit der ehemaligen Burg-Vizedirektorin zu tun gehabt und kenne sie sehr gut, sagt Ensemblevertreter Roland Koch im APA-Gespräch: „Sie ist eine Person, mit der man tatsächlich auf Augenhöhe redet.“

Die Entscheidung eine Woche nach der fristlosen Entlassung von Direktor Matthias Hartmann habe sofort eine „spürbare Entlastung im Ensemble“ gebracht. „Wir sind jetzt an einem Punkt, wo wir sagen können: Ab heute wird neu gerechnet, neu geredet“, so Koch. „Das letzte halbe Jahr war eine ungemeine Belastung, auch im Umgang miteinander, es gab Misstrauen und Dinge, die eskaliert sind.“ Mit Bergmann sei jemand gefunden worden, „der die Situation sehr gut kennt und in gewisser Weise trotzdem unbelastet ist, was die Vorgänge betrifft“. Nun müsse wieder Ruhe ins Haus einkehren. Dass Bergmann die Leitung für gleich zwei Spielzeiten übernehmen soll, werde jedenfalls „zur Entspannung beitragen“.

Simonischek: "Beste Lösung"

Auch Peter Simonischek ist optimistisch: „Für mich als Schauspieler ist es nun die wesentlichste Sache, dass dieser Riesendampfer wieder künstlerisch Kurs nimmt auf das höchste Niveau - was man von diesem Haus auch erwartet“, wie er gegenüber der APA sagte. Mit der Bestellung Bergmanns habe man auch „dem Wunsch des Ensembles“ entsprochen: „Es ist sicher die beste Lösung.“
Petra Morze schätzt Bergmann als „kommunikative, integrative Frau, die wirklich immer für jeden da ist“. Auch die Schauspielerin freut sich auf „Kommunikation auf Augenhöhe - was in den letzten Jahren nicht so passiert ist“, wie sie in Hinblick auf Hartmann meint.

Eine Frage, die „die Wogen noch mal hochgehen“ lassen könnte, wie Roland Koch sagt, betrifft Hartmanns geplante Inszenierung von „Der falsche Film“, hat das Ensemble dem geschassten Direktor doch vor seiner Entlassung das Misstrauensvotum ausgesprochen. Bergmanns Angebot an Hartmann, die für 6. April angesetzte Uraufführung aufrecht zu erhalten, interpretiert Koch als Friedensangebot ihrerseits. „Die nächsten Tage werden weisen, was für das Haus der geschickteste Zug ist und ob man das Risiko, dass die Sache noch mal aufflammt, eingehen will oder sagt, dass es besser ist, einen klaren Schnitt zu machen.“

Daran, „dass beide Seiten im Sinne des Hauses zusammenarbeiten“, werde im Ensemble nicht gezweifelt. „Wir werden versuchen, diese Autonomie, die wir in den letzten Wochen wiedergewonnen haben, weiterzuführen“, so Koch, der „das Wort der Schauspieler“ gehört haben will. Einen konkreten Gesprächstermin gebe es noch nicht. „Rechnen Sie damit, dass wir nächste Woche mit den Hufen vor der Tür von Karin Bergmann scharren werden - und dass sie die Türen sofort aufmachen wird.“
(APA)

KURIER: Was muss jetzt als Nächstes passieren?
Christian Strasser: Im Finanzbereich gibt es zwei dringende Dinge: die Bilanz 2012/’13 zu einem positiven Ende zu bekommen und auch ein Maßnahmenpaket für die Spielzeit 2014/’15 zu erarbeiten. Beides sollen wir Ende April haben.

Das ist sehr knapp.
Ich will, dass man das Burgtheater so rasch als möglich wieder saniert hat. Eine Maßnahme wird der Verkauf der Probebühne sein.

Es mutet wie ein neuerlicher Trick an, diese Immobilie wie geplant innerhalb der Bundestheater-Holding (zu Art for Art) zu verschieben.
Wenn es eine Täuscherei wäre, eine Lösung, die wieder nur zwei Jahre hält, würde ich es sicher nicht machen. Das Burgtheater zahlt Miete. Das ist auf 25 Jahre gerechnet ein seriöses Geschäft.

Wie lange wird die Sanierung des Burgtheaters dauern?
Es gibt kein neues Geld für 2014/’15. Das erste Maßnahmenpaket wird ohne Substanzverlust, ohne Einschnitte beim künstlerischen Personal machbar sein. 2015/’16, ’16/’17... schauen wir mal. Man muss das Schritt für Schritt angehen und darf sich nicht verrückt machen lassen.

Karin Bergmann zeigte sich am Mittwoch von ihrer neuen Rolle als künstlerische Geschäftsführerin des Burgtheaters auf Zeit selbst noch etwas überrascht: „Selten hat man mich in so exponierter Form wie heute erlebt - und ich selbst hätte das vor kurzem auch nicht für möglich gehalten.“

Zugleich präsentierte sich die Theatermanagerin durchaus selbstbewusst: „Dass ich heute hier alleine stehe, ist völlig in Ordnung - ich kann das. [...] Alle, die mich kennen, wissen, dass ich kein Notnagel bin. Ich bin eine 1,20 Meter Garderobe, die zehn Haken tragen kann.“ Sie freue sich dennoch, dass ihr Hermann Beil, bei dem sie viel über Theater gelernt habe, ihr auf Nachfrage zur Seite stehen werde.

Dabei unterstrich Bergmann, dass sie sich des Ernstes der Lage am Haus völlig bewusst sei: „Das Burgtheater ist in einer katastrophalen Situation, wie ich es mir nie hätte vorstellen können.“ Es gehe nun darum, diese „unglaubliche Krisensituation“ möglichst schnell zu bewältigen: „Ich möchte, dass es wieder um andere Dinge geht, wenn man ans Burgtheater denkt.“

Bergmann hatte einst über Jahre auch mit der zum Auftakt der Finanzkrise entlassenen kaufmännischen Geschäftsführerin Silvia Stantejsky zusammen gearbeitet, stellt allerdings in Abrede, von den finanziellen Zuständen zu diesem Zeitpunkt etwas gewusst zu haben: „Von diesem sogenannten System Stantejsky habe ich nicht auch nur das Geringste gespürt.“

„Ich sehe mich in erster Linie als integrative Figur“, weshalb sie sich als ersten Schritt auch mit der Dramaturgie zusammensetzen werde: „Die Dramaturgie ist das Wichtigste am Theater.“ Die Dichtung müsse wieder ins Zentrum rücken, nicht die nackten Zahlen. Ziel sei, den Riss im Ensemble zu planieren.

Zum Thema Kündigungen von Schauspielern könne man derzeit nichts sagen, außer: „Ich werde das Ensemble auf dem Niveau halten, wie es dem Burgtheater zu entsprechen hat.“ Überdies wolle sie auf Regisseure zugehen, die bereits früher erfolgreich am Haus gearbeitet haben und dies in der vergangenen Zeit nicht mehr getan hätten. Sie nannte Andreas Kriegenburg, Leander Haußmann oder Thomas Ostermeier. Auch könne sie sich vorstellen, Herbert Fritsch neu zu gewinnen. „Ich werde hier etwas gestalten“, versprach Bergmann.

Ob der in der Vorwoche angesichts der Finanzaffäre entlassene Direktor Matthias Hartmann seine Regiearbeiten am Haus fortsetzen werde, zeige sich nun an seiner Produktion „Der falsche Film“: „Es ist nahezu eine fertige Produktion. Ich möchte Matthias Hartmann einladen, den 'Falschen Film' als Uraufführung zu bringen.“ Das Weitere hänge dann von Hartmann selbst ab: „Eine Kindsweglegung wäre kein gutes Zeichen für die Zukunft.“ Für die geplante Koproduktion der „Letzten Tage der Menschheit“ von Burgtheater und Salzburger Festspielen suche man jedenfalls gemeinsam mit Sven-Eric Bechtolf einen neuen Regisseur.

Zu konkreten Sparideen wollte sich Bergmann am Mittwoch noch nicht positionieren: „Ich möchte mich zum jetzigen Zeitpunkt nicht konkret dazu äußern, denn ich möchte nicht dilettieren.“ Sie lehne sich zwar so weit aus dem Fenster, dass sie sage: „Das Kasino gehört zum Burgtheater und wir werden und wollen es bespielen.“ Ob es aber formell auf Dauer im Besitz des Burgtheaters bleiben müsse, werde man sehen: „Ich werde dafür kämpfen, werde aber nicht behaupten, es wird so sein.“

Wie lange Bergmann konkret am Haus bleiben wird, lässt sich derzeit noch nicht mit Bestimmtheit sagen. Ihr Vertrag läuft jedenfalls bis 31. August 2016. „Sollte die Ausschreibung einen idealen Kandidaten hervorbringen, der früher kann, bin ich aber selbstverständlich bereit, Gespräche zu führen“, zeigte sich die Theatermanagerin offen.

Der KURIER lässt die Burgtheater-Finanzaffäre um die entlassene Vizedirektorin Silvia Stantejsky Revue passieren – anhand ausgewählter Zitate:

Seit Langem warnen Manager vor einer finanziellen Unterdotierung des Burgtheaters. Eine von Wirtschaftsprüfern geforderte Veränderung bei den Abschreibungen für Produktionen hat die Lage seit der Saison 2011/’12 zugespitzt. Die Entwicklung im Rückblick:

April 2008: Silvia Stantejsky, seit 1980 Leiterin des Betriebsbüros, seit 1999 Prokuristin und Stellv. des kaufmännischen Geschäftsführers (GF) Drozda, wird kaufmännische GF des Burgtheaters. Den zusätzlichen Finanzbedarf beziffert sie mit 3 bis 3,5 Mio Euro.

April 2009: Bei seiner ersten Spielplan-PK erzählt Hartmann, in Zürich habe man ihn zuletzt vorwiegend nach Auslastung- und Budgetzahlen gefragt, was ihm "zum Hals raushängt". Die Beantwortung nach der finanziellen Lage des Hauses überlässt er Stantejsky.

Juni 2011: Aus der Effizienzanalyse der Bundestheater errechnet sich die Holding bis zu 14 Mio. Euro "Optimierungspotenzial".

Februar 2013: Stantejsky verzichtet auf neuerliche Bewerbung bei der Ausschreibung ihres Postens. Gleichzeitig wird bekannt, dass sie Stellvertreterin des künstlerischen Direktors wird.

März 2013: Bei der Bekanntgabe des Geschäftsberichts 2011/’12 sagt Holding-Chef Springer: "Der Tank ist leer."

April 2013: Hartmann befürchtet "Erstickungstod".

Mai 2013: Hartmann: "Der Tag, an dem es nicht mehr geht, ist bereits verstrichen."

November 2013: Eine Gebarungsprüfung der von Stantejsky verantworteten Geschäftsjahre deckt Ungereimtheiten auf, sie wird suspendiert, später fristlos entlassen.

Jänner 2014: Das Ensemble stellt sich auf Stantejskys Seite. Der Rechnungshof stellt "erhöhte Risikorelevanz" im Burgtheater fest und überlegt eine Prüfung.

Februar 2014: Wirtschaftsprüfer sehen "deutliche Indizien für gefälschte Belege und die Vorspiegelung falscher Tatsachen" durch Stantejsky. Laut Aufsichtsrat sei für 2012/’13 mit einem Bilanzverlust von "voraussichtlich" 8,3 Mio. Euro zu rechnen. Dazu könnten 5 Mio. Euro Steuernachzahlungen kommen.

10. März 2014: Matthias Hartmann gibt überraschend dem Ensemble und auch den Medien bekannt, seine Tätigkeit als Geschäftsführer bis zur vollständigen Klärung der Bilanzungereimtheiten ruhen lassen zu wollen.

11. März 2014: Hartmann wird von Kulturminister Josef Ostermayer unter anderem wegen "pflichtwidrigem Handeln" fristlos entlassen. Dagegen will der Ex-Burgtheaterdirektor klagen. Georg Springer bleibt weiterhin Geschäftsführer der Holding, zieht sich allerdings aus dem Aufsichtsrat zurück.

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