"Ich hatte Angst vor dieser Rolle"

Silver Linings - Constantin/Senator - honorarfrei !!!
In "Silver Linings Playbook" präsentiert sich der "Hangover"-Star Bradley Cooper ungewohnt seriös.

Nein, er ist nicht gut drauf: Am Vortag hatte Bradley Cooper wegen eines akuten Magen-Darm-Infekts sogar die Berlin-Premiere seines neuen Films „Silver Linings Playbook“ absagen müssen. Die Nachwirkungen sind auch tags darauf noch spürbar: „Mann, das war heftig“, stöhnt er. „Aber heute renne ich nicht mehr aufs Klo und komme nicht wieder.“

Cooper, der als feierwütiger Junggeselle mit seinen Saufkumpanen in „Hangover“ mit den Folgen exzessiven nächtlichen Alkoholkonsums zu kämpfen hatte, gibt sich in seinem neuen Film „Silver Linings Playbook“ (Kinostart: 4. Jänner) ganz anders. Gereift und ohne flotten Spruch auf den Lippen gibt er den durchgeknallten Psycho, der nach einer Attacke auf den Liebhaber seiner Frau eingesperrt war und nun verzweifelt versucht, wieder zurück ins Leben zu finden. Mit akkuratem Kurzhaarschnitt und einem schwarzen Müllsack als Bekleidung ist er Lichtjahre entfernt vom lässigen Partytiger, der sein Image bisher bestimmte.

Von De Niro gelernt

„Ich hatte eine Scheißangst vor dieser Rolle“, gibt Cooper zu, „so etwas Schwieriges und zugleich Spannendes habe ich noch nie gespielt. Auch wenn es pathetisch klingt, aber dieser Film hat mein Leben verändert“. Nichts von sich selbst habe er in der Rolle des Pat Solatano wiederfinden können: „Ich bin ja auf die Butterseite des Lebens gefallen und weiß daher nicht, wie das ist, wenn man alles verloren hat. Pat steht wegen eines Ausrasters ohne Haus, ohne Job und ohne Frau da. Dass man in so einer Situation auch positiv denken kann, musste ich erst lernen.“

Viel Unterstützung bei seiner wundersamen Verwandlung in einen ernst zu nehmenden Charakterdarsteller erhielt Cooper von Co-Star Robert De Niro, der seinen spießigen, footballbegeisterten Vater spielt: „Ich war total nervös, als ich den ersten Drehtag mit ihm hatte. Bob war schon als Kind mein großes Idol. Einmal durfte ich als Teenager mit ein paar Klassenkameraden bei einer TV-Show Gast sein, bei der man dem großen De Niro Fragen stellen konnte. Ich traute mich und platzte vor Stolz, weil De Niro sagte, das sei eine gute Frage gewesen. Und nun spiele ich plötzlich mit ihm. Das ist doch verrückt, oder?“ De Niro rede nicht viel, aber er wisse genau, was er tue: „Er sagt nur, machen wir das so. Und es klappt. Er hat die Energie und die Begeisterungsfähigkeit eines 15-Jährigen“.

"Ich hatte Angst vor dieser Rolle"
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Ein Energiebündel ist auch Jennifer Lawrence, die – ebenfalls eine Außenseiterin – an Pats Seite die Tücken des puritanischen US-Kleinstadtalltags umschifft. „Jen ist ja noch ein Baby mit ihren 22 Jahren. Aber sie hat etwas ganz Besonderes. Sie hat einen Killerinstinkt wie Joe DiMaggio. Der ging auch mit Unschuldsblick mit seinem Baseball aufs Feld, schoss einen Triple und ging ab, als ob nichts gewesen wäre. Bumm, einfach so. Und dann gleich wieder back to normal“.

Dass sie miteinander tanzen mussten, hätte sie erst richtig zusammengeschmiedet, so Cooper. „Wenn du willst , dass sich Leute richtig kennenlernen, dann musst du sie in eine Situation bringen, in der sie sehr verletzlich sind. Das hat David (David O’Russell, der Regisseur von „Silver Linings Playbook“, Anm.), getan. Offener hätten wir uns nicht begegnen können, da wir beide keine großen Tänzer sind“.

Er fühlt sich nicht schön

Lassen Sie uns einmal über schöne Männer reden, Mr. Cooper: Wie ist es, wenn man – wie Sie 2011 – zum Sexiest Man Alive gewählt wird? – „Ausgesprochen seltsam. Ich halte mich nicht für einen klassisch schönen Mann. Meine Augen stehen schräg und mein Gesicht ist nicht ebenmäßig. Ich denke über solche Auszeichnungen nicht nach, weil es mir geht wie jedem anderen auch: Manchmal stehe ich in der Früh auf und finde mich okay und manchmal furchtbar. Zum Beispiel, wenn ich einen Hangover habe.“

Aber es ist doch nicht schlecht, den Ruf eines sexy Mannes und Frauenverstehers zu haben, oder? – „Ach, wissen Sie, für mich gibt es seit Jahren eine Frau, mit der ich mein Haus teile. Das ist meine Mutter. Nach dem Tod meines Vaters ist sie zu mir gezogen und ich bin froh darüber. Sonst, ja, sonst gibt es noch viele tolle Frauen auf dieser Welt“.

Zur Person: Vom TV-Star zur Hollywoodgröße

Auch wenn er nicht darüber reden will: Bradley Cooper ist ein Frauenschwarm. Ein Aufreißer mit verschmitztem Blick, dem schon einige der schillerndsten Frauen Hollywoods erlegen sind: Renée Zellweger ist darunter ebenso wie Jennifer Lopez, Zoe Saldana und Jennifer Aniston. Ein halbes Jahr lang – von Dezember 2006 bis Mai 2007 – war Cooper mit Schauspielkollegin Jennifer Esposito verheiratet.

Doch der Hang zum multiplen Verführen ist nur eine Seite des Ostküsten-Beaus: Der 37-Jährige ist knallhart und smart, was geschäftliche Dinge betrifft. Vor kurzem gründete er seine eigene Produktionsfirma 22 & Indiana Pictures und schloss parallel dazu gleich einen zweijährigen Kooperationsdeal mit dem Studiogiganten Warner Brothers ab.

Cooper, geboren 1975 in Philadelphia, macht keine halben Sachen: Er studierte an der renommierten Georgetown University in Washington und schloss dort mit einem Bachelor in Englisch ab. Danach zog er nach New York, wo er Schauspiel an der Actors Drama School belegte und mit dem Master abschloss. 1998 hatte er sein Schauspieldebüt in der Fernsehserie „Sex and the City“. 2001 erhielt er die Rolle des Will Tippin in der TV-Serie „Alias – Die Agentin“, die er bis 2006 spielte. Ebenfalls 2006 war er neben Julia Roberts bei deren Broadway-Theaterdebüt „Three Days of Rain“ zu sehen.

Seine erste Film-Hauptrolle spielte Cooper in Ryuhei Kitamuras Horrorfilm „The Midnight Meat Train“ im Jahr 2008. Im Jahr darauf gelang ihm der Durchbruch mit der nicht jugendfreien Komödie „Hangover“, die so erfolgreich war, dass noch zwei Sequels gedreht wurden. „Hangover Part 3“ kommt 2013 in die Kinos.

Cooper spielt noch immer gern Theater: Im Sommer 2012 stand der 1,85-Meter-Hüne in Williamstown, Pennsylvania, in der Inszenierung des Pomerance-Stücks „The Elephant Man“ auf der Bühne. Für ihn eine „Herzenssache“ und ein Schritt zurück zu seinen Wurzeln.

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