"Borgia" im ORF: Zu brutal für Hauptabend

"Borgia" im ORF: Zu brutal für Hauptabend
Fast sechs Wochen nach ATV zeigt der ORF nun seine Version der "Borgias". Und zwar erst ab 22.30 Uhr - weil's so grauslich ist.

Ein Mann wird zu Tode gefoltert: Aufgespannt auf eine Art Riesenrad werden ihm durch Schläge mit Holzknüppeln systematisch die Knochen gebrochen. Selbst wenn man die Augen reflexartig schließt, hört man noch das Knacken der Brüche.
Ein anderes Mal blickt der Zuseher in eine bluttriefende Augenhöhle, aus der soeben das Auge ausgestochen wurde. Definitiv nichts für Menschen mit empfindlichem Magen.

Dass es in der frühen Neuzeit nicht zimperlich zuging, weiß man ja. Aber so drastisch wie bei der nun in ORF und ZDF startenden sechsteiligen Historienserie "Borgia" wurde dies noch selten gezeigt. Das ist auch der Grund, weshalb der ORF die am Donnerstag startende Serie von der Primetime auf 22.30 Uhr verlegte. Das ZDF hingegen entfernte die blutigsten Szenen, damit es zum Hauptabend senden kann: Ab 17. Oktober um 20.15 Uhr.

Wie auch immer: "Borgia" ist eine imposante Produktion. Eine rund 25 Millionen teure internationale Großproduktion unter Federführung des Slowaken Jan Mojto (Eos Film), aufwendig gedreht in den Prager Barrandov-Studios. Dort baute man für die Mittelalter-Saga um die machthungrige, vor nichts zurückschreckende Renaissance-Familie der Borgias die Sixtinische Kapelle, die Gemächer des vatikanischen Palasts, den Petersplatz und mittelalterliche Straßenzüge nach.

Die Regie wurde dem sowohl in Deutschland als auch in den USA bewährten Oliver Hirschbiegel ("Der Untergang") übertragen, das Buch stammt von US-Autor und Serienproduzent Tom Fontana. Insgesamt 128 Mitwirkende aus 18 Ländern, darunter die Deutschen Udo Kier und Andrea Sawatzki und die Österreicher Manuel Rubey und Raimund Wallisch, standen vor der Kamera. Hirschbiegel: "Wir haben vor allem darauf geachtet, dass die Schauspieler zu den Rollen passen. Haben keine großen Stars, sondern schlicht exzellente Schauspieler engagiert." Die Hauptrolle des Rodrigo Borgia übertrug Hirschbiegel dem bei uns weitgehend unbekannten Amerikaner John Doman.

"Die Zeiten damals sind halt so gewesen."

Den Einwand, dass die Serie zu brutal sei, lässt Hirschbiegel nicht gelten: "Die Zeiten damals sind halt so gewesen. Wir wollten ein Maximum an Authentizität erreichen, und ich denke, wir zeigen ohnehin nur einen Bruchteil der Exzesse." An Gefühlen wie Hoffnung, Liebe, Hass und Rache habe sich seit damals nichts geändert: "Wir zeigen ein universales Drama, das Shakespeare nicht anders hätte schreiben können."
Falls "Borgia" ein Quotenerfolg werden, wird es, so Produzent Jan Mojto, eine Fortsetzung geben.

Die Konkurrenz: ATV ist zufrieden mit den Borgias

"Borgia" im ORF: Zu brutal für Hauptabend

Schon Anfang September startete der Privatsender ATV die Konkurrenzversion "Die Borgias", die vom US-Studio Paramount produziert und von Starregisseur Neil Jordan inszeniert wurde. Die Hauptrolle des Rodrigo Borgia spielte Jeremy Irons.

Die "hochklassige und Emmy-prämierte Historiensaga" sei der Sonntags-Primetime - ATV hatte "Die Borgias" im Gegensatz zum ORF um 20.15 Uhr ausgestrahlt - "würdig gewesen". ATV-Sprecher Christoph Brunmayr: "Im Vergleich zum Senderschnitt am Sonntag hat die Serie sehr gut performt." An den vier Sendeterminen erreichte die Serie einen Marktanteil von bis zu 6,6 Prozent, was einem durchschnittlichen Zuschauerwert von 151.000 entspricht. Brunmayr: "Damit haben wir in der Zielgruppe der 12- bis 49-Jährigen um 30% mehr erreicht als sonst am Sonntaghauptabend".

Ab 9. November wird die US-Serie auch von ProSieben übernommen - ursprünglich war die Ausstrahlung auf SAT.1 geplant. Die Rochade zu ProSieben hat nach Angaben des Senders "programmplanerische Gründe".

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