Bogdan Roščić: Viel Lärm um Nichts (und Adorno)

Bogdan Roščić, ab 2020 Staatsoperndirektor
Analyse. Die Dissertation von Bogdan Roščić wurde für in Ordnung befunden. Zeit, über die Plagiatsdebatte nachzudenken.

Er ist so klug als wie zuvor und immer noch Doktor: Bogdan Roščić, Staatsoperndirektor ab 2020, darf seinen Titel behalten.

Die Universität Wien hat ein Plagiatsprüfungsverfahren beendet, das sich Roščić’ Dissertation gewidmet hat. Die Arbeit "Gesellschaftstheorie als Kritische Theorie des Subjekts. Zur Gesellschaftstheorie Th. W. Adornos" aus dem Jahr 1988 wurde von externen Gutachtern unter die Lupe genommen.

Das Ergebnis: Zwar sei die Einleitung seiner Dissertation abgeschrieben, dies werde jedoch als "weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht für die Arbeit relevant" eingestuft, ließ die Universität nun wissen.

"Eine Täuschungsabsicht zur Erschleichung eines akademischen Grades ist nicht erkennbar."

Roščić will das zwar nicht kommentieren, er darf sich aber freuen. Zumindest in Maßen. Denn derartige Vorwürfe lassen sich zwar, nach monatelangem Warten, während derer sich die öffentliche Meinung verfestigen kann, aus dem Weg räumen. Aber nicht beseitigen: Wem Roščić (der! ehemalige! Ö3-Mann!) als Staatsopernchef nicht passt, der wird wohl auch in Zukunft sagen: "Das mit seiner Dissertation war aber nicht koscher." Denn derartige Plagiatsvorwürfe sind persönliche Angriffe, nichts mehr (außer noch: für manche ein gutes Geschäft).

Adorno wer?

Trotz aller breit geteilter Scheinempörung über vergangene (und wohl auch künftige) Plagiatsfälle: Eine 30 Jahre alte Dissertation auszugraben und auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen, hat keinerlei anderen Zweck, als jemanden Unliebsamen zurechtzustutzen.

Der Wert des Grades für die entsprechende Position ist dabei zweitrangig: Ob Roščić ein guter Staatsoperndirektor wird? Das weiß man heute genauso wenig wie vorgestern. Man kann sich aber sicher sein, dass Roščić mehr über den Philosophen Adorno weiß, als er jemals für seinen Beruf brauchen wird können. Oder für sonst irgendetwas.

Die wissenschaftliche Redlichkeit in Zweifel zu ziehen, ist ein über die Maßen erfolgreiches Mittel der nachhaltigen Beschädigung. Wenn sich alle beruhigt haben, würde es sich lohnen nachzudenken, wie man das Verhältnis zwischen absolutem Wert derartiger "Aufdeckungen" (gering) und Aufregung (groß) zurechtrücken kann.

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