Björk: Ein sicherer Ort fürs Eigenartige

Ein buchgewordener Spagat zwischen intellektueller Auseinandersetzung und naiver Oberfläche: Videostill aus „Wanderlust“, 2007
Ein neuer Bildband enthält alles, was man über die isländische Künstlerin Björk wissen will.

Ein Musiklehrer mit dem schönen Namen Snorri Sigfús Birgisson machte Björk mit den Komponisten des 20. Jahrhunderts bekannt. Ein Schlüsselerlebnis. Seither braucht man Diskussionen über die angebliche Oberflächlichkeit des Pop nur den Namen Björk einwerfen: Die Isländerin wurde in den vergangenen 20 Jahren zum Ein-Frau-Beweis, dass Avantgarde im Pop auch abseits der Intellektuellennischen möglich ist.

Björk: Ein sicherer Ort fürs Eigenartige
Albumcover für Biophilia, 2011, Pressebild nur für Buch "Archives"
Björk und ihre Musik sind ein sicherer Ort für all das Eigenartige, das berufstätigen Menschen übrig geblieben ist. Kunstanspruch, Pop-Appeal und Hochpersönliches treffen aufeinander, nordeuropäische Fabel-Mythen auf Philip Glass und die Hitparade.

Und Björk (Jahrgang 1965), die ihr erstes Soloalbum bereits als Elfjährige aufgenommen hat, wurde inzwischen auch von der Kunstszene wohlwollend abgenickt. Im New Yorker Museum of Modern Art wurde ihr 50er mit einer Ausstellung gefeiert. Dazu gab es viel Kritik – es wurde die Entlassung des zuständigen Kurators gefordert –, aber auch eine aufwendige Buchpublikation, die nun auf Deutsch bei Schirmer/Mosel erhältlich ist.

Partituren

Björk: Ein sicherer Ort fürs Eigenartige
Cover für das selbst produzierte Album „Björk“, veröffentlicht 1977 im Alter von 12 Jahren Pressebild nur für "Archives"
"Björk: Archives" ist ein großer Schuber mit allem darin, was man über Björk wissen will. Enthalten sind einzelne, an Partituren erinnernde Bände zu unterschiedlichen Aspekten der Björk’schen Welt: Musikkritiker Alex Ross erklärt Björks Auflösung der musikalischen Stile; mit viel Weißraum gesetzte Texte weisen den Weg in Björks assoziative Lyrik; und es gibt natürlich zahlreiche Fotos.
Björk: Ein sicherer Ort fürs Eigenartige
Cover
Die hangeln sich an den vielen, teils schwer fassbaren Identitäten entlang, die Björk im Laufe ihrer Karriere angenommen hat: Von der entrückten Elfe (ohne dieses Wort kommt kein Björk-Bericht aus) bis zur Hipster-bebrillten Intellektuellen; vom elfjährigen Mädchen zur androgynen Kunstfigur. Es ist ein buchgewordener Spagat zwischen gespreizter intellektueller Auseinandersetzung und naiver Oberfläche, der perfekt Björks Ästhetik widerspiegelt; die passende Begleitlektüre zu Björks fantastischem aktuellem Album "Vulnicura".

INFO: Am Samstag, 11.7., tritt Björk beim Pohoda Festival in Bratislava (Slowakei) auf, am 16.7. beim Festival "Colours of Ostrava" (Tschechien). In Österreich sind vorerst keine Auftritte geplant.

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