Binoche und Owen: Sie könnten auch schlafwandeln

Juliette Binoche und Clive Owen haben sehenswerten Spaß am Spiel in „Words & Pictures“
Grandiose Juliette Binoche und Clive Owen als Lehrer im akademischen Clinch. Weiters: "Servus Ishq" - Bollywood aus Österreich, "Der letzte Tanz" mit Erni Mangold.

Wenn ein Bild mehr sagt als tausend Worte, was ist dann dieser Text von nur 500 Worten? Ein Selfie?

Da sind wir schon mitten in der Schlacht, die "Words & Pictures" (welch herrlich uncooler Titel!) führt. Clive Owen als zynischer Literaturprofessor mit Alkoholproblem und Juliette Binoche als Malerin, die es von New York als Kunstprofessorin in die Provinz verschlägt, erklären einander rasch den akademischen Krieg: Was ist mächtiger? Words or Pictures? Was war am Anfang? Das Wort? Oder Höhlenmalerei?

So kommt also dieses romantische Drama um zwei Lehrer, 40 plus, denen das Leben schon gehörige Blessuren zugefügt hat, erst mal überraschend grüblerisch daher, bis nach 50 Minuten dann die nicht unbanalen Sätze fallen: "Ein Mann ist mehr wert als seine Worte. Eine Frau mehr als ihre Bilder", und der Film in die absehbare Romanze abbiegt.

Es ist weniger die kaum neue Story, um derentwillen man sich diesen Film anschauen kann. Es sind einfach die beiden: Oft haben Binoche und Owen in ähnlichen Filmen gespielt, wenn auch nie miteinander. Und eigentlich könnten sie durch diesen hier schlafwandeln, um ihre Gage zu bekommen.

Allein, sie tun es nicht.

Schnaps in der Pause

Im Gegenteil: Unter der altmodischen Regie des Veteranen Fred Schepisi ("Roxanne", 1987) haben sie sichtlich Spaß am Spiel. Selten war Clive Owen so überzeugend wie hier als Lehrer. Ständig kommt er zu spät, ständig nervt er mit semantischer Besserwisserei ; und die Pause verbringt er im Auto mit der Thermosflasche voller Schnaps. Sein Sohn hasst ihn dafür, dafür lieben ihn seine Schüler, die er fördert und fordert. Sein Job ist dennoch in Gefahr: Früher erfolgreicher Schriftsteller, hat er schon allzu lange nichts mehr veröffentlicht. Juliette Binoche wiederum ist als kratzbürstige Malerin vor allem körperlich beeindruckend. Sie kann, an rheumatischer Arthritis leidend, kaum noch den Pinsel halten und hinkt schlicht großartig, ohne jemals auf Oscar-Performance zu machen. Ebenso großartig auch die Bilder, selbst gemalt von Binoche. Die Story schlängelt sich zwar oft in Irrwegen, aber Owen & Binoche glauben sichtlich an sie. Und warum sollten es wir dann nicht auch?

KURIER-Wertung:

INFO: "Words & Pictures". Drama. USA 2014. 105 Min. Von Fred Schepisi. Mit Juliette Binoche, Clive Owen.

Im Kino: "Words & Pictures"

"Ein indisches Mädchen in Österreich. Das klingt ja wie in einem Bollywoodfilm!" – Es ist nicht unpraktisch, wenn im Film gleich die Idee hinter dem Produkt erklärt wird. Es beleidigt aber den Intellekt des Publikums, wenn das indische Mädchen sagt: "Ich liebe Eis über alles. Woher wusstest du das?!"

Maya ist angereist, um die Asche ihrer österreichischen Oma in Mariazell zu bestatten. Als Reiseführer bei der Spurensuche assistiert Jay, ebenfalls Inder. Regisseur Sandeep Kumar spielt nicht nur den romantischen Helden, sondern schrieb auch die Vorabend-Soap-Dialoge, die in der Nachsynchro noch hölzerner daherkommen. Obwohl sich "Servus Ishq" sehr ernst nimmt, ist das nicht einmal unfreiwillig komisch .

"Ich liebe es, durch Österreich zu fahren – das Land ist so schön!" – So stellt sich Kumar offenbar die Vermählung von Heimatfilm mit Bollywood vor. Will man aber die Tiroler Berge in Verbindung mit wirklich guten Tanzszenen sehen, sollte man lieber gleich bei indischen Filmen bleiben. Die werden schon seit Jahren in den Alpen gedreht.

KURIER-Wertung:

INFO: "Servus Ishq". Romanze. Ö 2014, 86 Minuten. Von Sandeep Kumar. Mit Victoria Nogueira, Sandeep Kumar.

Binoche und Owen: Sie könnten auch schlafwandeln
Maya (Victoria Nogueira) und Jay (Sandeep Kumar) vor Kitschkulisse: Bollywood aus Österreich

Nur ein "Lausbubenstückerl" von Jugendlichen, "die gar nicht gewusst haben, was sie da tun"?

Oder doch schlichtweg Nazi-Wiederbetätigung?

Darüber sind sich die Bewohner von Ebensee im oberösterreichischen Traunviertel nicht ganz einig.

Tatsächlich kam es im Mai 2009 während der alljährlichen Gedenkfeiern für das KZ Ebensee – einem Außenlager des KZ Mauthausen – zu rechtsradikalen Störungen von ortsansässigen Jugendlichen.

Diesen Vorfall nahm Regisseur Sebastian Brameshuber, gebürtig im Nachbarort Gmunden, zum Anlass, um eine dokumentarische Bestandsaufnahme zu machen. In Interviews und feinfühligen Alltagsbeobachtungen bemüht er sich um eine genaue Auslotung jugendlicher Befindlichkeit. Diese pendelt sich auf Radikalpositionen ein, zwischen Skinhead und Punk. Brameshuber vermeidet moralisierende Kommentare, sondern sieht seinen jugendlichen Protagonisten einfach zu: Wie sie älter werden, sich einen Job suchen müssen und ihre Freizeit verbringen.

Behutsam nähert er sich einer Jugend an, die eingeklemmt ist zwischen Jetzt und dem Schatten der Vergangenheit.

KURIER-Wertung:

INFO: "Und in der Mitte, da sind wir". Doku. Ö 2014. 85 Minuten. Von Sebastian Brameshuber.

Der letzte Tanz

Drama. Zwischen einem jungen Pfleger und einer dementen Frau entwickelt sich in der Geriatrie eine zarte Liaison. Houchang Allahyari teilt sein gelungenes Drama in formal unterschiedliche Hälften: Die Bestrafung durch die Gesellschaft zunächst in Schwarz-Weiß, die ungewöhnliche Lovestory, in der Daniel Sträßer und Erni Mangold brillieren, in Farbe. Ein Interview zum Film finden Sie hier.

KURIER-Wertung:

Mittsommernachts-Tango

Doku. Die Heimat des Tango? Finnland, behauptet Regisseur Aki Kaurismäki. Was argentinische Tango-Musiker nicht fassen können, ist doch ihrer Meinung Buenos Aires die Geburtsstadt des Tango. Auf der Suche nach den wahren Ursprüngen führt Viviane Blumenschein drei argentinische Tango-Musiker auf einen Road Trip durch Finnland. Sie finden Wälder, eine fahrbare Sauna und Finnen, die angeblich deshalb Tango tanzen, weil sie nie mit ihren Frauen reden. Humorvolle Hommage an den Tango.

KURIER-Wertung:

Fascinating India 3-D

Doku. Bildgewaltige Wohlfühl-Doku über Indien, Kultur und Pilger, von denen beim Kumbh Mela, dem größten religiösen Fest der Welt, 35 Millionen im Ganges baden.

KURIER-Wertung:

Einmal Hans in scharfer Sauce

Komödie. Fatma ist schwanger, aber noch nicht verheiratet. Was ein Problem ist, zumal ihre ältere Schwester nach anatolischer Tradition vor ihr ehelichen muss. Türkisch-deutsche Komödien wie "Türkisch für Anfänger" können gut sein. Diese hier ist es nicht, zu sehr setzt man auf Mainstream statt auf Milieu.

KURIER-Wertung:

Tinkerbell und die Piratenfee

Animation. In den USA nur auf DVD veröffentlicht, startet man dieses Disney-Abenteuer im deutschsprachigen Raum nun im Kino: nicht zuletzt wegen des Erfolgs von Teil 1 "Geheimnis der Feenflügel". Das macht die Fortsetzung auch nicht besser, vor allem die Ebene der Piraten ist so spannend wie ein Holzbein.

KURIER-Wertung:

Das Schicksal ist ein mieser Verräter

Drama. 16-jähriges krebskrankes Mädchen trifft seine erste Liebe, einen ebenfalls krebskranken Teenager, dem ein Bein amputiert wurde. Schöne, nie beschönigende, schmerzhafte Teenager-Romanze und Überraschungserfolg aus den USA.

KURIER-Wertung:

Kommentare