Bilder zum Schauen, Fühlen, Riechen

Blick in Hubert Scheibls Ausstellung "Fly", Orangerie
Eine neue Ausstellung mit Gemälden von Hubert Scheibl geht auch neue Wege in der Vermittlung.

Beinahe fünf Meter hoch ist das Gemälde, das Besucherinnen und Besucher in der Orangerie des Unteren Belvedere empfängt. Rasch stellt sich hier ein Gefühl ein, das man den „Scheibl-Effekt“ nennen könnte – die Spuren, Flecken, Farben werden fast körperlich spürbar, der Geruch der Farbe steigt in die Nase, die Malerei nimmt einen buchstäblich in Beschlag.

Wie man mit großer Leinwand für großes Kino sorgt, hat Hubert Scheibl zweifellos durchschaut. Nicht zufällig zitiert er in seinen Bildtiteln gern aus Filmen, etwa aus „The Matrix“ oder „2001 – Odyssee im Weltraum“. Doch der Künstler – in den 1980er Jahren als Vertreter der „Neuen Wilden“ gehypt und heute längst in eine Sphäre gelassener Meisterschaft aufgestiegen – ist kein Filmemacher, sondern Maler abstrakter Tafelbilder. Wenn Scheibl Bewegung ins Bild bringt, tut er das durch Spuren des Pinsels auf der Leinwand und durch die Dimension der Bilderselbst: Die Werke leiten dazu an, näherzukommen oder zurückzuweichen, gerade Großformate muss man sich regelrecht erwandern.

Die Malerei will etwas

Die Schau „Fly“ (bis 5.2.2017) wurde vom Künstler, der auch im Begleitprogramm höchst aktiv sein wird, dezidiert nicht als bloße „Bilderausstellung“ angelegt: „Interaktive Rauminstallation mit Gemälden“ wäre die treffendere Beschreibung. Zahlreiche Zwischenwände und -decken wurden in den langen Saal eingebaut, so dass sich diverse Betrachtungssituationen ergeben: Kleinere Formate begegnen in niedrigen „Zimmern“, anderswo bleibt viel Platz.

Bilder zum Schauen, Fühlen, Riechen
Hubert Scheibl Ausstellung "Fly", Belvedere Wien, honorarfrei bei Bericht
Die 34 gezeigten Werke stammen aus den vergangenen zehn Jahren, und wenn sich so auch keine Retrospektive ergibt, verdeutlichen sie doch, wie Scheibls Werk mit wechselnden Schwerpunkten um wiederkehrende Themen kreist. Exakte Vorbereitung kippt immer wieder in höchste Spontaneität, etwa in der Serie „Ones“, bei denen Scheibl einen breiten Strich über einen schwebend anmutenden Farbgrund zieht. Typisch Malerisches kippt in typisch Zeichnerisches, etwa im Bild „Bardes II“, in dem Scheibl in dicke weiße Farbe kratzte und Schichten darunter freilegte.

„Interaktiv“ ist die Schau einerseits, weil die Bilder intuitiv dazu anleiten, den Akt des Malens im Kopf nachzuvollziehen. Zusätzlich lädt sie dazu ein, vor Bildern zu agieren und Bilder in sozialen Medien zu posten (#flyscheiblfly – es gibt eine Originalgrafik zu gewinnen). Ein Video mit Tänzern gibt Anregungen.
Zudem können sich Besucherinnen und Besucher via Virtual-Reality-Brille noch in Scheibls Atelier versetzen. Die Technik scheint hier sinnvoll eingesetzt, denn wie die gesamte Schau feiert sie den Akt des Malens und Machens. Er bleibt ungebrochen zeitgemäß, oder vielmehr: zeitlos.

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