Biennale Venedig: Kapitalismus kauft auch Kommunismus

Stammlokal der Kommunistischen Partei: Ona B. präsentierte überarbeitete Plakate von türkischen Porno-Filmen aus den 80er-Jahren
Trenklers Tratsch: Einige Anmerkungen zur Eröffnung der Biennale

Ein Jahrzehnt ist es her, da eröffnete Alfred Gusenbauer persönlich den Österreich-Beitrag zur Biennale Venedig. Unter donnerndem Applaus versprach der damalige Kanzler eine Stiftung "Pro Austria" für die "zeitgenössische bildende Kunst". Doch sie wurde nie gegründet. Wiewohl die Kulturangelegenheiten bei der SPÖ blieben – auch nach Gusenbauer.

Und wieder gibt es ein Versprechen: Kulturminister Thomas Drozda kündigte in Venedig an, die Subvention für den Biennale-Beitrag um 25 Prozent anzuheben. Respekt. Aber wer weiß, wie das Budget im Jahr 2019 aussehen und wer für die Verteilung zuständig sein wird? Schau’n wir mal.

Die Kontrahenten Sebastian Kurz und Christian Kern hatten ob der Regierungskrise Wichtigeres zu tun, als der Eröffnung durch den Regierungskoordinator Drozda beizuwohnen. Politprominenz gab es dennoch: Der Event bei strahlendem Sonnenschein war so etwas wie ein informelles SPÖ-Kulturministertreffen – samt Claudia Schmied, Ministerin von 2007 bis 2013, und Nachfolger Josef Ostermayer (mit einem strahlendem Ex-Kanzler Werner Feymann im Schlepptau). Man sichtete zudem Franz Morak, ÖVP-Kunststaatssekretär 2000 bis 2007.

Zwischendurch postierten sich Mitglieder der Gruppe MOTA (Museum On Tour Austria) vor dem Pavillon, um in Soldaten-Outfit für den Frieden zu demonstrieren. Und im Anschluss lud Ona B., Mitbegründerin der sanft feministischen Gruppe "Die Damen", ins Stammlokal der Kommunistischen Partei ein. Dort präsentierte sie überarbeitete Plakate von türkischen Porno-Filmen aus den 80er-Jahren, die sie kampfesmutig mit Slogans wie "The pussies will crab back" und "We don’t respect the president elect" ergänzt hat.

Ein Besuch des Parteilokals ist auch ohne die Poster von Ona B. anzuraten. Denn dort unternimmt man eine wehmütige Reise in die Zeit, als die Linke noch Bedeutung hatte. Die Wände sind voll mit Fotos von Che und anderen Heroen der kommunistischen Ideologie.

Auf die größte Ansammlung von Lenin-Konterfeis aber stößt man bei Zattere. Leonid Mikhelson, Haupteigentümer von Novatek und angeblich reichster Russe überhaupt, hat einen Palazzo am Canale della Giudecca für die von ihm gegründete Foundation V-A-C zum Ausstellungsforum umbauen lassen. Eröffnet wurde der Space am 13. Mai mit einer Schau über den russischen Konstruktivismus, also die Kunst im Dienste von Lenin, samt Reflexionen von Gegenwartskünstlern. Vertreten ist auch der Österreicher Florian Pumhösl mit einer sehr präzisen Installation. Im Mittelpunkt stehen natürlich Wladimir Tatlin und Alexander Rodtschenko, zu sehen sind unter anderem Entwürfe für Liebknecht- und Lenin-Denkmäler. Diese an sich großartig zusammengestellte Retrospektive stimmt nachdenklich. Denn das Fazit lautet: Der Kommunismus kann den Kapitalismus maximal verbieten; der Kapitalismus hingegen kauft den Kommunismus ganz einfach. Und die Kunst dazu.

Das alles schlagende Manifest von Kunst und Kapital liefert in Venedig der britische Künstler Damien Hirst im Auftrag des französischen Unternehmers François Pinault. Man staunt über die irrwitzigen Artefakte, die Hirst mit enormem Aufwand aus den Tiefen des Meeres geborgen haben will. Und über den Luxus: Unmittelbar vor der Dogana, in der Hirst einen Teil seiner Schätze präsentiert (der andere lagert im Palazzo Grassi, beide gehören Pinault), liegt eine prächtige Yacht vor Anker.

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