Best of Klassik 2015: Unsere Highlights

Best of Klassik 2015: Unsere Highlights
Welcher Künstlerinnen und Künstler das Klassik-Jahr prägten.

Es ist längst eine lieb gewordene Tradition: Die Kultur-Redakteurinnen und -Redakteure des KURIER wählen alljährlich in den Genres, in denen sie als KritikerInnen tätig sind, die herausragenden Leistungen des ablaufenden Jahres. Den Beginn macht wieder der Bereich der klassischen Musik. Und wie jedes Jahr gab es auch diesmal intensive Diskussionen, welche Künstlerinnen und Künstler es auf die Podestplätze der internationalen Champions League schaffen.

Was uns bei diesen Reihungen besonders wichtig ist: Dass wir keinesfalls innerhalb der lokalen Grenzen bleiben, sondern international Exemplarisches küren. Wobei im Fall der Klassik-Künstler alle Gewählten auch in Österreich seit Jahren präsent sind, manche jedoch nicht stark genug.

Bei den Sängerinnen setzte sich diesmal Marlis Petersen durch, bei den Sängern ist Jonas Kaufmann an der Spitze, bei den Dirigenten Mariss Jansons, den man in Wien in wenigen Tagen beim Neujahrskonzert erleben darf. Nummer 1 bei den Solisten ist wieder Rudolf Buchbinder.

Bester Sänger

  1. Jonas Kaufmann war ein grandioser Florestan in Beethovens „Fidelio“ bei den Salzburger Festspielen. Zu Ostern sang er an der Salzach einen sensationellen Turiddu (Mascagnis „Cavalleria rusticana“) sowie einen überragenden Canio (Leoncavallos „Bajazzo“). In Paris wurde er in „La damnation de Faust“ von Berlioz gefeiert, in London als „André Chénier“ (Giordano) und in München als Des Grieux in Puccinis „Manon Lescaut“. Jonas Kaufmann ist nicht nur omnipräsent – der Tenor singt und spielt auch wie ein Gott!
  2. Der österreichische Bariton Georg Nigl macht Weltkarriere. Nicht unbedingt in seiner Heimat, jedoch international. Seine Gestaltung des „Jakob Lenz“ von Wolfgang Rihm an der Oper Stuttgart (Regie: Andrea Breth) wurde als Ereignis gewertet. In Brüssel feierte er als Hexe in Humperdincks „Hänsel und Gretel“ einen Erfolg. Georg Nigl ist ein fabelhafter Singschauspieler, der stets das Extreme sucht.
  3. Neil Shicoff war ein grandioser Hoffmann, ein fanatischer Hermann, ein rasender Don José und ein zu Tränen rührender Eléazar. Und er war vieles, vieles mehr. Leider liegt die Betonung auf war. Mit seiner Paraderolle, dem Eléazar in Halevys „La juive“, und mit einer Gala anlässlich seines 40-jährigen Bühnenjubiläums nahm der Tenor Abschied von Wien und wohl auch von der Bühne. Danke für alles!

Beste Sängerin

  1. Eine sensationelle „Lulu“ in München, eine sensationelle „Lulu“ in New York – so intensiv hat man Alban Berg in zwei großartigen Inszenierungen (Dmitri Tcherniakov, William Kentridge) wohl selten gehört. Dazu Bellinis „La Straniera“ im Theater an der Wien: Marlis Petersen ist eine Singschauspielerin von Weltformat und setzt in jeder Partie Maßstäbe. Dass sie sich von der „Lulu“ verabschiedet, ist schade. Dass sie 2016 in Anno Schreiers Oper „Hamlet“ an der Wien zu erleben sein wird, stimmt freudig.
  2. Sie ist und bleibt eine Ausnahmekünstlerin. In Salzburg führte Anna Netrebko wieder einen durchschnittlichen Verdi-„Troubadour“ in ungeahnte Höhen. An der Scala war sie das Atout der Premiere von Verdis „Giovanna d’Arco“. Und in München wie an der Wiener Staatsoper bewies sie bei Tschaikowskys „Eugen Onegin“, dass sie die weltbeste Tatjana der Gegenwart ist.
  3. Was wären die Salzburger Pfingstfestspiele ohne sie? Als Leiterin besticht Cecilia Bartoli jedes Jahr durch kluge Programmierung. Als Sängerin war sie in unseren Breiten heuer wieder als grandiose „Norma“ (Bellini) und nicht minder eindrucksvolle „Cenerentola“ (Rossini) zu erleben. 2016 kommt in Salzburg die Maria in Bernsteins „West Side Story“. Die Vorfreude auf „La Bartoli“ ist groß.

Beste Dirigenten

  1. Am 1. Jänner 2016 wird er (zum dritten Mal) das Neujahrskonzert dirigieren. Heuer war Mariss Jansons am Pult des Concertgebouw Amsterdam, des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks und an jenem der Wiener Philharmoniker gleich mehrmals zu erleben. Und jedes einzelne Konzert war außergewöhnlich. Weil Jansons außergewöhnlich ist.
  2. Als Musikdirektor der Bayerischen Staatsoper sorgt Kirill Petrenko (heuer u. a.: bei Bergs „Lulu“) regelmäßig für Furore; in Wien ist der begnadete Dirigent nur selten zu erleben. Dafür in Zukunft (ab 2018) in Berlin, wird Petrenko doch Chefdirigent der dortigen Philharmoniker. Man wird weiterhin nach München und Berlin reisen müssen.
  3. Aus Berlin ist nichts geworden, dafür ist Christian Thielemann seit heuer nicht nur Chef der Staatskapelle Dresden und damit auch für die Salzburger Osterfestspiele zuständig, sondern Musikdirektor in Bayreuth. Wer Thielemann am Pult erlebt, versteht diese Entscheidung allzu gut. Am Ring wurde er für „Hänsel und Gretel“ bejubelt.

Beste Solisten

  1. Der österreichische Ausnahme-Pianist Rudolf Buchbinder spielt und spielt und spielt. Und das macht er stets auf einem Niveau, das ihm längst einen Platz in den musikalischen Geschichtsbüchern sichert. Aktuell ist Rudolf Buchbinder, der auch als Intendant des Musikfestivals Grafenegg erfolgreich ist, mit allen Klaviersonaten Beethovens im Musikverein zu erleben. Besser geht es nicht.
  2. Der chinesische Top-Pianist Lang Lang beeindruckt immer dank seiner stupenden Technik, sein Spiel hat aber auch massiv an künstlerischer Reife gewonnen. Mit „Lang Lang in Paris“ legte er ein tolles Album hin, nach den brutalen Terroranschlägen trat Lang Lang wenige Tage später in Frankreich auf. Musik als Trost und Hoffnung für die Zukunft.
  3. Er ist ein Geiger (und auch ein Dirigent), der stets die Musik für sich sprechen lässt. Nikolaj Znaider begeistert international auf den Konzertpodien, setzt sich auch für zeitgenössische Musik ein und ist ein Intellektueller, der sein profundes Wissen um Musik aber nie plakativ zur Schau stellt. Znaider musiziert einfach für Hirn und Herz.

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