Berlinale: Goldener Bär für "Cäsar muss sterben"

Die Brüder Vittorio (links) und Paolo Taviani, zusammen 162 Jahre alt, gewannen mit "Cesare deve morire"
Die italienischen Taviani-Brüder sichern sich mit "Cäsar muss sterben" den Goldenen Bären.

Shakespeares "Julius Cäsar" wird aufgeführt. Allerdings nicht in einem großen Theater, sondern in einem römischen Gefängnis. Im Hochsicherheitstrakt der Strafanstalt Ribibbia. Die Brüder Paolo und Vittoria Taviani haben für ihren Film "Cesare deve morire" ("Cäsar muss sterben") Häftlinge bei der Entstehung die-ser Inszenierung beobachtet. Theaterspielen ermöglicht ihnen einen neuen Blick auf sich selbst. Der Film ist klassisch erzählt, großteils in Schwarz-Weiß-Bildern, karg, semi-dokumentarisch, gut, aber nicht grandios. Paolo und Vittorio Taviana sind 80 bzw. 82 Jahre alt. Weltruhm erlangten sie ab den 1970er-Jahren, etwa mit "Padre Padrone" und später mit der "Nacht von San Lorenzo". Jetzt meldeten sich die Altmeister eindrucksvoll zurück. "Natürlich sind die Häftlinge Schuldige. Aber sie sind auch Menschen. Und die Auseinandersetzung mit Shakespeare zeigt ihre Menschlichkeit", so Vittorio Taviani. Die Wahl kam überraschend, Favorit war dieser Film nicht.

Das war schon eher der deutsche Beitrag "Barbara" von Christian Petzold. Er wurde mit dem Silbernen Bären für die beste Regie ausgezeichnet. Als beste Schauspieler wurden Rachel Mwanza für "Rebelle" von Kim Nguyen gekürt bzw. Mikkel Boe Følsgaard für seine Rolle als Christian VII. in "A royal affair" von Nikolaj Arcel. Der Regisseur ist auch (mit Rasmus Heisterberg) Drehbuchautor des historischen Stoffes und bekam für das Buch ebenso einen Silbernen Bären. Eine weitere Silber-Statuette verlieh die Jury an den Ungarn Bence Fliegauf für "Csak a szel" ("Just The Wind"), einen an die Schweizerin Ursula Meier für "L’enfant d’en haut". Für viele der beste Film des Festivals, ausschließlich in Schwarz-Weiß gedreht, war der portugiesische Beitrag "Tabu" von Miguel Gomes. Der Regisseur bekam dafür den Alfred-Bauer-Preis für neue Perspektiven inder Filmkunst, hätte sich für seine schräge Liebesgeschichte zu Kolonialzeiten aber den Goldenen Bären verdient.

Erfolg für Pölsler

Schon vor der großen Abschlussgala gab es eine Auszeichnung für "Die Wand" – wieder einmal ein Preis für einen österreichischen Beitrag bei einem Topfestival. Der Film von Regisseur Julian Pölsler, der auch das Drehbuch nach dem gleichnamigen Roman von Marlen Haushofer geschrieben hatte, wurde mit dem Preis der Ökumenischen Jury in der Reihe "Panorama" ausgezeichnet. Das ist ein renommierter Preis und einer der wichtigsten neben den Bären. Einen solchen hätte sich Pölsler gar nicht abholen können, weil der Film nicht im Wettbewerb lief – eine nicht nachvollziehbare Entscheidung. Den Preis der Ökumenischen Jury für Wettbewerbsfilme gewann übrigens auch "Cesare deve morire". In der "Wand" brilliert Martina Gedeck als plötzlich von der restlichen Welt weggesperrte Frau. In Österreich ist der Film erst ab November zu sehen.

Die Bären-Parade im Überblick

GOLDENER BÄR: "Cesare deve morire" (Cäsar muss sterben) von Paolo und Vittorio Taviani (Italien), Produzentin: Grazia VolpiSILBERNER BÄR, GROSSER PREIS DER JURY: "Csak a szel - Just the Wind" von Bence Fliegauf (Ungarn)SILBERNER BÄR FÜR DIE BESTE REGIE: Christian Petzold für "Barbara" (Deutschland)SILBERNER BÄR FÜR DIE BESTE DARSTELLERIN: Rachel Mwanza (Kongo) in "Rebelle" von Kim NguyenSILBERNER BÄR FÜR DEN BESTEN DARSTELLER: Mikkel Boe Folsgaard (Dänemark) in "Die Königin und der Leibarzt"SILBERNER BÄR FÜR EINE HERAUSRAGENDE KÜNSTLERISCHE LEISTUNG: Lutz Reitemeier für die Kamera von "Bai lu yuan" (China)SILBERNER BÄR FÜR DAS BESTE DREHBUCH: Nikolaj Arcel und Rasmus Heisterberg für "Die Königin und der Leibarzt" (Dänemark)SILBERNER BÄR / LOBENDE ERWÄHNUNG: "L`enfant d`en haut" von Ursual Meier (Schweiz)BESTER ERSTLINGSFILM: "Kauwboy" von Boudewijn Koole (Niederlande)ALFRED-BAUER-PREIS: "Tabu" von Miguel Gomes (Portugal)GOLDENER BÄR FÜR DEN BESTEN KURZFILM: "Rafa" von Joao Salaviza (Portugal)SILBERNER BÄR FÜR KURZFILM: "Gurehto Rabitto" von Atsushi Wada (Japan)

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