Bei Jelinek sagt Grete, was sie nie wagte

Es war ein Gastspiel vom Schauspielhaus Zürich, das Intendantin Bettina Hering am Landestheater Niederösterreich zeigte: Regisseur Dušan David Pařízek inszenierte Goethes „Faust“ und ließ darauf Elfriede Jelineks Sekundardrama „FaustIn and out“ prallen. Eine moderne Übermalung, gespielt von drei Frauen – „FaustIn“ Franziska Walser, „GeistIn“ (also eine Art weiblicher Mephisto) Miriam Maertens und „GretIn“ Sarah Hostettler.

Im Keller

Dieser Teil des Abends findet im „Keller“, hier die Theaterwerkstatt statt. Jelinek bezieht sich in ihrem Text expliziert aufs Fritzl-Drama.

Und das ist bedrückend und entsetzlich, hätte die Literaturnobelpreisträgerin ihren Protagonistinnen nicht Sprache von ätzender Schärfe, einen ungeheuren, witzigen,galgenhumorischen Text als Mit-Gift gegeben. In homöopathischen Dosen kommt auch der Herr Geheimrat vor. Dennoch ist die Schilderung von sexistischen Demutsspielchen mit dem „Papa“, die Abhängigkeit vom Schöpfer, Erhalter, Vorenthalter kaum auszuhalten.

Mit der Axt

Auftritt Edgar Selge mit Axt, der die Frauen und das Publikum auffordert, mit auf die Hauptbühne zu kommen. In beigen Trenchcoats geht’s durch die Unterbühne nach oben, man steht kurz vom Licht geblendet, setzt sich.

Selge und Frank Seppeler teilen den Faust und den Mephisto fließend zwischen sich auf. Sie sind gerade bei der „Schönes Fräulein, darf ich’s wagen ...“-Szene, haben aber vergessen, dass die Gretchens, nun von Jelinek aufmunitioniert – ihre Worte blitzen immer wieder durch – nicht so leicht zu haben sind.

Der Rest ist bekannt.

In einer gruseligen Schlussszene führt Seppeler die bereits tote Grete (Hostettler) Selge wie ein Puppenspieler seine Puppe vor. Haben die Männer wieder gewonnen? Nein, noch schreibt die Jelinek. Ein großer Abend, mit den herausragendem Edgar Selge und seiner Ehefrau Franziska Walser.

KURIER-Wertung: **** von *****