Bayreuth: Ewiger Ärger mit dem Hakenkreuz

Auf dem Grünen Hügel beginnen am Mittwoch die 101. Richard-Wagner-Festspiele. So turbulent wie schon lange nicht.

Das ist das tollste Theater auf der ganzen Welt", sagt Christian Thielemann, der zur Eröffnung die Premiere von Wagners "Der fliegende Holländer" dirigiert, über das vom Komponisten geplante Festspielhaus. Er hat recht.

Kein anderes Theater bietet eine vergleichbare Akustik. Und auch politisch ist der Grüne Hügel seit den ersten Festspielen im Jahr 1876 eine große Bühne.

Bayreuth: Ewiger Ärger mit dem Hakenkreuz

In der Nazi-Zeit für die Selbstdarstellung der NS-Größen; schon vor Hitlers Machtergreifung wurden jüdische Künstler ausgegrenzt. Immer wieder wurde Familien-Zwist innerhalb des Wagner-Clans aufgeführt. Eine zentrale Bühne war Bayreuth auch für Regie-Neuerungen (wie einst durch Wieland Wagner und später durch Patrice Chereau beim "Jahrhundert-Ring" 1976) und für Irrläufer, etwa von Hans Neuenfels.

Dass aber Bayreuth mit dem neuen Leitungsteam, den Halbschwestern Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner, noch einmal derart heftig mit einem NS-Thema in die Schlagzeilen kommt, war nicht absehbar, da sich beide stets um politische Korrektheit bemüht hatten. Gerade diese fiel den Bayreuth-Chefinnen jetzt auf den Kopf.

Rauswurf

Bayreuth: Ewiger Ärger mit dem Hakenkreuz

In einem Fernsehbeitrag hatte man auf der Brust des mit nacktem Oberkörper am Schlagzeug sitzenden heutigen Opernsängers und damaligen Heavy-Metal-Musikers Evgeny Nikitin ein Hakenkreuz ausgemacht. Nach einer Krisensitzung in Bayreuth wurde er vom Engagement enthoben. Er hätte die Titelpartie des fliegenden Holländers singen sollen. Als Ersatz springt Samuel Youn ein.

Thielemann kritisierte in deutschen Medien das Management des Sängers, das diesen ins offene Messer habe laufen lassen. "Ein Hakenkreuz geht nie, nicht nur in Bayreuth", meinte er. Er wolle auf der Bühne auch keine NS-Inszenierungen mehr sehen. Heftige Kritik kam vom Münchner Opernchef Nikolaus Bachler: "Dass die Torheit eines 16-jährigen Rocksängers, die dieser längst bereut und versucht hat, ungeschehen zu machen, ausgerechnet von der Wagner-Familie geahndet wird, finde ich verlogen."

Der ehemalige Wiener Staatsoperndirektor Ioan Holender sagt gegenüber dem KURIER: "Wenn man in Zukunft einen Sänger von einer Produktion loswerden will, ist der beste Weg, ihn nackt auszuziehen." Und: "Wenn in Bayreuth alle, die im Herzen ein Hakenkreuz tragen, nicht mehr kommen, kriegt man wieder leicht Karten." Wie hätte er, Holender, als Intendant reagiert: "Ich hätte ihm gesagt: Machen Sie den Knopf zu."

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