Baustelle Küniglberg: "Ball liegt beim ORF"

Baustelle Küniglberg: "Ball liegt beim ORF"
Beim ORF-Zentrum schaffen Fakten akut Handlungsbedarf: Die Sanierung ist unaufschiebbar, der Denkmalschutz aufrecht und die Standortfrage unentschieden.

Der Sanierungsbedarf des ORF-Zentrums ist seit Jahren Thema.

Im Oktober 2005 sagte Alexander Wrabetz, damals Kaufmännischer Direktor des ORF, zum KURIER: "Es ist auch durch externe Gutachten belegt, dass der Sanierungsbedarf inzwischen größer und der Zeitraum, in dem das geschehen muss, kürzer ist als bisher angenommen." Seitdem wurde viel diskutiert, geschehen ist weniger.

Jetzt befindet sich der sogenannte Bauteil I in einem so schlechten Zustand, dass er mit 1. April geräumt werden muss. Das gesamte Ausmaß der Mängel sei erst kurz vor Weihnachten im Zuge von Umbauarbeiten entdeckt worden, erklärt Richard Grasl, derzeit für die wirtschaftlichen Angelegenheiten des ORF zuständig. Nach einer Krisensitzung mit Statikern wurde entschieden, das Gebäude komplett zu räumen. Derzeit werden zehn bis zwölf Ausweichquartiere geprüft.

Die große Frage, wie es danach weitergehen soll, ist damit noch nicht beantwortet: Bleibt der ORF am Küniglberg oder zieht er um? Eine Entscheidung darüber wurde schon oft angekündigt, zuletzt für Frühling 2012. ORF-Finanzchef Grasl möchte angesichts der anstehenden Renovierungsarbeiten jedenfalls darauf drängen, dass sie so bald wie möglich – im März, spätestens im Mai 2012 – getroffen wird.

"Wertlos"

Johanna Rainer, selbst Architektin und Tochter von Roland Rainer, der das ORF-Zentrum vor 40 Jahren entworfen hat, wundert sich im KURIER-Interview über die Vorgänge: "Alle wissen seit Langem über den Zustand des Hauses Bescheid. Es werden ja seit Jahren laufend Sanierungsarbeiten gemacht." Dass Zwangsabsiedelung und Standortentscheidung zeitlich zusammenfallen, sei bemerkenswert. "Möglicherweise wird versucht, das Gebäude generell als wertlos darzustellen, um die Diskussion in Richtung Abbruch zu drängen," sagt sie. Eine Interpretation, die beim ORF zurückgewiesen wird.

In den vergangenen Jahren wurde häufig der Denkmalschutz vorgeschoben, um zu erklären, warum noch keine Entscheidung über die ORF-Standortfrage gefallen ist. Dabei ist für Wiens Landeskonservator Friedrich Dahm vom Bundesdenkmalamt (BDA) alles klar:

"Der Denkmalschutz ist aufrecht, und alles an Veränderungen oder Sanierungen ist mit uns abzuklären."

Das sei geschehen, was die aktuelle bautechnische Sanierung und Fragen der Statik und Thermoenergetik betrifft. Sollte der ORF für den Standort Küniglberg künftig eine andere Nutzung anstreben, so "wäre zu prüfen, ob diese Veränderungen denkmalverträglich sind", so Dahm. In dem Gebäude etwa Büros oder ein Pensionsistenheim unterzubringen, wäre wohl kein Problem, der Umbau in Wohnungen kaum denkbar.

Aber darüber gab es bislang ohnedies noch keine Gespräche zwischen ORF und BDA. Derzeit läuft das vom ORF geführte Verfahren mit Gutachten und Gegengutachten: Ist das ORF-Zentrum überhaupt ein Denkmal? "In diesem Pingpong-Spiel sind wir noch", so Dahm. "Wir warten jetzt einfach ab, wie das Verfahren weitergeht. Der Ball liegt jetzt nicht bei uns, sondern beim ORF."

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