Aufnahmen aus grindigen Zeiten

Aus der Serie "Ziwschenspiel", 1970 - 1974
KunstHausWien: In Ausstellungen von Peter Dressler und Nasan Tur verschwimmt Zeitloses und Aktuelles.

Können Sie sich noch an die Zeit erinnern, als ganz Wien von einer dicken Staubschicht überzogen war? Die Rede ist von den 1970er- und frühen 1980er-Jahren, und dass es damals tatsächlich grindig war, belegt nicht nur die eigene Erinnerung, sondern auch viel Fotomaterial.

Mehr als Dokumente

Das Werk des 2013 verstorbenen Peter Dressler, dem das KunstHausWien nun erstmals eine Retrospektive widmet (bis 5. 3. 2017), atmet den Geist dieser Zeit: Seine erste Ausstellung bestritt der 1942 im heute rumänischen Kronstadt/Breşov geborene Dressler mit abfotografierten Klosprüchen. Bröckelnde Hausmauern, leere Wirtshäuser und abgerissene Tapeten finden sich zuhauf im Werk des Künstlers, der ab 1972 an der Akademie der bildenden Künste lehrte.

Doch Dressler war kein Dokumentarist: Seinen Foto-Arbeiten lag meist eine strenge Methodik zugrunde, die viel mit dem damals aktuellen Kunstgeschehen zu tun hatte. So arrangierte Dressler seine Bilder zu Tableaus und setzte damit ein Zeichen gegen die Reportage-Fotografie. Er lotete – wie auch Vertreter der Minimal Art – Möglichkeiten von Variationen innerhalb eines Rasters aus. Wenn er in dem gemeinsam mit dem Maler Franz Zadrazil gedrehten Film „Sonderfahrt“ die Kamera auf ein Regal voller Himmeltau-Haferbrei hielt, glich sein Blick jenem von Andy Warhol auf die berühmten Campbell’s-Suppendosen.

Als sich Dressler in den 1980er-Jahren darauf verlagerte, sich selbst vor der Kamera zu inszenieren, folgte er den Praktiken der Performance-Kunst. Aus heutiger Sicht wirken die Serien, in denen der Künstler als ironischer Dandy im Morgenmantel erscheint, aber „angestaubter“ als die anspielungsreichen Arbeiten davor.

Trump als Klavierstück

Aufnahmen aus grindigen Zeiten
Nasan Tur, Political Supporters, Honorarfrei zur Ausstellung Kunst Haus Wien
In einer zweiten Schau zeigt das KunstHaus Arbeiten des in Berlin lebenden Künstlers Nasan Tur (bis 5. 2. 2017). Er suchte aus den Medien Bilder, die Wahlkampfhelfer im Moment eines Wahlsiegs und einer Niederlage zeigen. Aus den Bildern spricht höchste Emotionalität und fast religiöse Verzückung – man wähnt sich in einer Porträtgalerie des Populismus.

Für ein anderes Werk ließ Tur den Duktus der Reden von Politikern – unter anderem auch von Donald Trump – analysieren, in Noten übersetzen und von einem Pianisten einspielen. Nicht, dass es überraschen würde, aber: Schönklang geht anders.

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