Große Gefühle aus der theatralischen Mottenkiste

Liebe in Plüsch und Plunder: Angela Gheorghiu, Massimo Giordano
Cileas "Adriana Lecouvreur" als Geschenk für Angela Gheorghiu an der Staatsoper.

Szenisch eher zum Vergessen, musikalisch in Ordnung – auf diesen Nenner lässt sich die Premiere von Francesco Cileas " Adriana Lecouvreur" im Haus am Ring bringen. Ein Werk, das bis dato noch nie an der Staatsoper zu sehen war, das wohl auch ausschließlich für die Interpretin der Titelpartie angesetzt wurde. Denn wenn man einen Superstar wie Angela Gheorghiu zur Verfügung hat, nimmt man auch eine Inszenierung der Marke Mottenkiste in Kauf.

Ein Ärgernis

Dabei ist David McVicars Regie erst drei Jahre alt, kam 2010 in London (mit Gheorghiu und Jonas Kaufmann) heraus, wirkt aber so, als hätte sie Jahrhunderte auf dem Buckel. McVicar – er überließ die Wiener Einstudierung seinem Assistenten Justin Way– und Bühnenbildner Charles Edwards belassen die Geschichte in ihrer Zeit, also im frühen 18. Jahrhundert.

Das ist absolut legitim, müsste aber optisch wirklich nicht so aussehen. Plunder und Plüsch, Mascherl und Rüschen prägen die Kostüme (Brigitte Reiffenstuel). Klobige, diffus beleuchtete Holz-Bühnenbilder zwingen zu langen Umbauten und zwei Pausen.

Dabei wäre Cileas Oper durchaus ein Reißer. Immerhin liebt hier Adriana, ihrerseits Star der Comédie-Française, den Hallodri Moritz (Maurizio) von Sachsen und wird letztlich von ihrer Rivalin per Blumenstrauß vergiftet. Liebe, Politik, Theater – nichts davon ist auch nur im Ansatz zu sehen. Ödes Rampentheater im Kostüm.

Bleibt also die musikalische Seite. Hier schöpft Dirigent Evelino Pidò am Pult des präzisen, gut studierten, dramatischen, dann wieder schön verhaltenen Orchesters aus dem Vollen. Er ist den Sängern zugleich ein stets tadellos begleitender Partner. Erfreulich.

Ein Ereignis

Noch erfreulicher aber das Haus-Debüt von Elena Zhidkova als Adrianas Gegenspielerin. Eine Mezzosopranistin, deren Stimme in allen Lagen sattelfest ist, die Ausdruck, Furor, aber auch Liebe und Verzweiflung zu vermitteln vermag. Ein absolutes Ereignis. Was wäre das etwa für eine Carmen.

Ebenso intensiv agierte natürlich Angela Gheorghiu, die ihre Adriana mit schönsten Höhen, zarten Lyrismen und jener Prise Divenhaftigkeit ausstattete, die hier einfach dazu gehört. Berührend vor allem der erste Auftritt und die Sterbeszene der gefeierten Starsopranistin.

Schwerer hatten es die Herren: Tenor Massimo Giordano hatte als Maurizio nicht seinen besten Abend, sondern quälte sich stimmlich durch Höhen und Tiefen seiner Rolle. Alexandru Moisuc und Raúl Giménez führten ein unauffälliges Ensemble an. Nur der großartige Roberto Frontali formte aus der Nebenrolle des Michonnet einen berührenden Charakter.

Aus einer anderen Zeit

Werk

Wurde 1902 uraufgeführt. Das Libretto stammt von Arturo Colautti nach Eugène Scribe.

Inszenierung

Altbacken und zum Vergessen.

Dirigat

Gut und stets sängerfreundlich.

Gesang

Gheorghiu, Zhidkova und Frontali glänzen, Giordano eher nicht.

KURIER-Wertung:

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