Adler-Olsens letzte Szene liegt im Tresor

Adler-Olsens letzte Szene liegt im Tresor
Jussi Adler-Olsen liest bei der Wiener Krimi-Nacht. Dem KURIER hat er erzählt, was er außer Schreiben noch ausprobieren will und warum er Lars von Trier "eine reinhauen" wollte.

Jussi Adler-Olsen war Musiker, Verleger, saß im Vorstand einer deutschen Solarzellen-Firma und studierte Filmwissenschaft. Heute ist der 62-Jährige der meistgelesene Krimiautor in Deutschland und auch in Österreich Dauergast auf den Bestsellerlisten. Die weltweite Verkaufszahl seiner Krimis nähert sich der Zehn-Millionen-Marke.

KURIER: Das ist aber schnell gegangen. Als Sie vor vier Jahren in Wien waren, kamen gerade einmal 40 Leute zu Ihrer Lesung ins Café Korb. Heute lesen Sie im ausverkauften Gartenbau-Kino, das mehr als 700 Plätze hat.
Jussi Adler-Olsen:
Zehn oder 2000, das ist dasselbe. Alles Individuen.

Wie fühlt es sich an, Bestsellerautor zu sein?
Großartig. Besonders, weil ich mich gerade in Österreich mit wunderbaren Autoren messen muss. Die Latte liegt hoch. Ich glaube, dass meine Art zu schreiben viel mit Zeitgeist zu tun hat. Meine Bücher treffen wohl einen Nerv.

Müssen Sie noch arbeiten?
Oh, nein. Musste ich aber vor meinem Erfolg auch nicht. Ich hätte nicht mit dem Schreiben beginnen können, wenn ich nicht gewusst hätte, dass ich genug Geld habe, um für den Rest meines Lebens Benzin zu zahlen. Deswegen hab’ ich so spät angefangen.

Dann ist Schreiben Luxus?
Nein. Luxus ist Zeit. Ich begann zu schreiben, weil ich in meinem früheren Job als Verleger Angst hatte, zu sterben. Vor Stress. Viele meiner früheren Kollegen hat es mit nicht einmal 50 erwischt.

Sie haben noch immer Stress. Sie werken an Ihrem Haus herum –
Das ist kein Stress. Mein Stress ist das Konzept, das ich für Kommissar Mørck angelegt habe. Seine tatsächliche Geschichte, in zehn Bänden.

Kennen Sie das Ende schon? Die letzte Szene?
Aber ja! Das war das Erste, das ich geschrieben habe. Die Szene liegt in einem Tresor, nur mein Freund kennt sie. Sonst niemand, nicht einmal meine Frau, die ist ja meine erste Leserin und muss überrascht werden.

Adler-Olsens letzte Szene liegt im Tresor

Sie haben einmal ein Kinderbuch geschrieben?
Wie Harry-Potter, lange bevor es den gab. Jetzt ist es zu spät, um es zu veröffentlichen, jeder würde glauben, ich hätte es geklaut.

Thriller, Kinderbuch – welches Genre kommt als Nächstes?
Ich hab auch ein Theaterstück geschrieben, das würde ich gerne öfters machen, dann bekäme ich Freikarten.

Worum ging es in dem Stück?
Um eine absurde Zugreise. Ich mag das Absurde. Pinter, Dario Fo, Ionescu. Leider es zu lang geraten.

Dabei kennen Sie sich mit Bildern aus. Sie haben Filmwissenschaft studiert.
Ja, hinter mir saß Lars von Trier. Ich wollte ihm eine reinhauen.

Warum das denn?
Er beschwerte sich über alles, war damals schon Regisseur. Merkwürdiger Typ.

So wie heute?
Er wird oft missverstanden. Ich mag ihn. Er hat viel Humor, bloß weiß er nicht, wie er den rüberbringen soll. Deshalb redet er manchmal völligen Quatsch. Ich weiß, dass er die Nazi -Geschichte nicht so gemeint hat. Diese Sache hat ihn sehr getroffen.

Adler-Olsens letzte Szene liegt im Tresor

Die Firma, an die Sie die Rechte für Ihre Bücher verkauft haben, gehört zum Teil ihm. Sind Sie mit der Verfilmung zufrieden?
Nein, da ist was schiefgegangen. Dabei habe ich an einer Drehbuchversion mitgearbeitet. Leider hat man sich nicht an meine Anweisungen gehalten. Fragen Sie mich nicht, warum.

Sind Sie mit den deutschen Titeln Ihrer Bücher zufrieden? Sie erinnern an Stieg-Larsson-Titel .
Ich bin nicht zufrieden. Sie sind sehr verwechselbar. Aber man muss Stieg Larsson sehr dankbar sein. Wäre er noch am Leben, wäre er nach wie vor der große Star und ich hätte nicht so viel Erfolg. Er hat den Weg bereitet.

Sie haben viele Berufe ausgeübt: Konnten Sie sich so lange nicht entscheiden?
Als ich in der zweiten Klasse Gymnasium durchrasselte – ich war nie dort, hab lieber Gitarre gespielt –, war ich sehr sauer. Ich hielt mich für den klügsten Typen der Schule – wie konnte das passieren? Mein Vater sagte: "Gut ausgebildet sein bedeutet, oft zu scheitern. Nimm deine Talente, probier alles aus. Das Leben ist nichts Besonderes, wenn du nichts Besonderes draus machst".

Was kommt als Nächstes?
Mal sehen. Marathon­laufen hab’ ich mir aus dem Kopf geschlagen.

Auf Ihrer Homepage sind Sie mit dem deutschen Bundespräsidenten Gauck abgebildet. Eine Reverenz an Ihre Zeit aus der Friedensbewegung?
Ich respektiere ihn sehr. Wie kaum einen Politiker.

INFO: www.kriminacht.at

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