Abschied von Opernsängerin Sena Jurinac

Abschied von Opernsängerin Sena Jurinac
Sena Jurinac, einer der größten Stars vergangener Zeiten, ist im Alter von 90 Jahren gestorben. Im Haus am Ring hat die Sopranistin Musikgeschichte geschrieben.

Zur Eröffnung der ihr gewidmeten Ausstellung im Staatsopernmuseum anlässlich ihres 90. Geburtstags konnte sie nicht mehr kommen. Zu krank war Sena Jurinac, die in Wien oft "unsere Sena" genannt wurde, da bereits. Am Dienstag ist die Sängerin in ihrem Haus in der Nähe von Augsburg friedlich eingeschlafen .
Mit Sena Jurinac ist eine der bedeutendsten, großartigen Sängerinnen für immer verstummt. Jurinac, die am 24. Oktober 1921 in Travnik (Bosnien) geboren wurde, trat nach dem Besuch der Musikakademie in Zagreb zunächst an der dortigen Oper auf; ihr Debüt an der Staatsoper sollte sich verzögern. Am 12. März 1945 war Jurinac bereits am Ring engagiert. Man probte Flotows "Martha". Plötzlich gab es Fliegeralarm; das Ensemble floh in die Kellergewölbe. Unter den Künstlern: Sena Jurinac. "Um ein Haar hätte ich den Angriff damals nicht überlebt", erinnerte sich Jurinac Jahrzehnte später im Gespräch mit dem Autor dieser Zeilen. Der nächste Angriff. Beinahe wäre Jurinac von einer Eisentüre erschlagen worden.
Dann aber kam es doch zum verspäteten Wien-Debüt der Ausnahmekünstlerin. Am 1. Mai 1945 sang die Jurinac in der Volksoper - die Staatsoper war zerbombt - den Cherubino in Mozarts "Hochzeit des Figaro". "Ein russischer Offizier hat unserem technischen Direktor die Pistole an die Brust gehalten, also mussten wir spielen", so Jurinac.
Dem Ensemble der Wiener Staatsoper blieb die Sängerin erhalten. 1268 Vorstellungen in 46 verschiedenen Rollen sang Jurinac im Haus am Ring. Ältere Opernliebhaber schwärmen heute noch von ihrer "Figaro"-Gräfin, von ihrem Octavian, später ihrer Marschallin ("Rosenkavalier"), von ihrer "Fidelio"-Leonore, von ihrer "Tannhäuser"-Elisabeth, von ihrer "Giovanni"-Donna Anna, ihrer "Wozzeck"-Marie, ihrer
"Butterfly", ihrer "Onegin"-Tatjana, ihrer ...

Marschallin

Abschied von Opernsängerin Sena Jurinac

Neben Wien durften sich die Festspiele in Salzburg, das Glyndebourne Festival, die New Yorker MET, Londons Covent Garden, die Mailänder Scala oder Buenos Aires über Auftritte der Jurinac freuen. Am 20. November 1982 nahm sie Abschied von der Bühne. Selbstverständlich in Wien, mit der Marschallin.
Ihr immenses Wissen gab die Kammersängerin, die auch Ehrenmitglied im Haus am Ring war, gern weiter. "Ein Star war ich nie", sagte sie einmal. "Dafür aber immer streitbar." Beispiel gefällig? Der ehemalige Direktor Egon Hilbert wollte Jurinac trotz einer Stimmkrise zu einer Partie zwingen und drohte mit Kündigung. Darauf Jurinac: "Gut, dann gehe ich eben Geschirr waschen."
Was bleibt? Tonträger, Würdigungen und die Erinnerung an eine große Sängerin, die wie kaum eine andere der Staatsoper verbunden war. "Ich habe die Staatsoper immer als meine wahre Heimat betrachtet", so Jurinac einmal. Und das Publikum am Ring hat sie nicht nur verehrt, sondern geliebt.
INFO: Am Donnerstag, strahlt Ö1 ab 19.30 Uhr ein "In Memoriam" aus.

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