Berlinale eröffnet mit Jazz am Roten Teppich

Reda Kateb (Mitte) als legendärer Jazzmusiker und Gitarrist Django Reinhardt
Die 67. Filmfestspiele eröffneten Donnerstagabend mit dem temperamentlosem Musiker Porträt "Django".

Angela Merkel hat es gut. Sobald Berlinale-Zeit anbricht, kommt sie mit Hollywood-Stars in Plaudern. Letztes Jahr war es George Clooney, heuer ist es Richard Gere. Mit ihm erörtert die deutsche Kanzlerin die Menschenrechtslage in der zu China gehörenden Bergregion Tibet.

Richard Gere ist einer jener Hollywood-Abgesandten, die sich dieser Tage in der deutschen Hauptstadt tummeln, um ihre Filme zu promoten. Im Fall von Gere ist es das vielversprechende US-Drama "The Dinner", in dem zwei Elternpaare zusammenkommen, um ein schuldhaftes Vergehen ihrer Söhne zu besprechen. "The Dinner" läuft im Wettbewerb – doch noch ist es nicht soweit. Also nützt Richard Gere die Zeit für Polit-Talk. Und nachdem sich die Berlinale ja gerne als das "politischste" A-Festival der Kinolandschaft darstellt, ist das aktuelle Tagesgeschehen nicht allzu fern.

Berlinale eröffnet mit Jazz am Roten Teppich
U.S. actor Richard Gere and German Chancellor Angela Merkel talk at the Chancellery in Berlin, Germany, February 9, 2017. Bundesregierung/Sandra Steins Handout via Reuters THIS IMAGE HAS BEEN SUPPLIED BY A THIRD PARTY. IT IS DISTRIBUTED, EXACTLY AS RECEIVED BY REUTERS, AS A SERVICE TO CLIENTS FOR EDITORIAL USE ONLY. NO RESALES. NO ARCHIVES
Dabei hat der formidable Schock-Regisseur Paul Verhoeven ("Basic Instinct"), Präsident der heurigen Preis-Jury, bei seiner Pressekonferenz extra darauf hingewiesen, dass er nicht daran denke, sich in die Geiselhaft des "politischen Films" nehmen zu lassen: "Ich hoffe, dass die Jurymitglieder erstmal auf die Qualität der Filme achten – ohne politische Vorurteile", sprach Verhoeven klare Worte.

"Gypsy-Swing"

In diesem Lichte besehen, muss sich der Eröffnungsfilm "Django" den Vorwurf der nicht überzeugenden Qualität machen lassen – trotz der offensichtlich guten, politischen Absicht.

Im Vorfeld hat das Projekt aufhorchen lassen: Ein Porträt des berühmten "Gypsy"-Musikers Django Reinhardt klang vielversprechend, zumal die Besetzung ebenfalls nur beste Darsteller ins Spiel brachte.

Der Franzose Reda Kateb gibt sein Letztes als Django: Laut eigenen Angaben trainierte er ein ganzes Jahr an der Gitarre, um dem legendären Jazzer alle Ehre zu machen. Cécile de France – in der Rolle seiner undurchsichtigen Geliebten – zählt ebenfalls zu den Speerspitzen französischer Schauspielkunst. Doch unter der Regie von Etienne Comar, der sein Spiefilmdebüt ablieferte, können die beiden ihre Figuren nicht zum Leben erwecken. Dabei ist Comar eigentlich profilierter Drehbuchautor und Produzent, der für so bemerkenswerte Filme wie "Von Menschen und Göttern" oder "Timbuktu" verantwortlich zeichnete. Doch als Regisseur von "Django" fehlt es ihm an dramaturgischer Spannkraft und erzählerischer Vision. Aus dem Leben eines Musik-Genies in politisch düsteren Zeiten, wollte Comar ein Kapitel im Leben des Begründers von "Gypsy-Swing" erzählen. Und dabei weitgehend unbekannte Ereignisse beleuchten.

Django tritt 1943 in einem voll besetzten Konzertsaal auf, unter dessen Gästen sich hohe Nazis befinden. Er selbst hat die Augen geschlossen – ein Sinnbild des in sich versunkenen Musikers, der nur seine Musik spielen und sich nicht um Politik kümmern will. Doch die Realität holt ihn ein und Django wird aufgefordert, eine Tour durch Deutschland zu machen. Um diesem "Angebot" zu entkommen, muss er fliehen.

Der Fluchtweg konfroniert Django mit dem Elend der Sinti, die von den Nazi vertrieben werden – und im Abspann blendet Comar die Bilder der Opfer ein. Trotzdem gelingt ihm die angestrebte Dringlichkeit nicht. Am ehesten noch reißt er mit Musikszenen seiner talentierten Darsteller mit; doch die zähe Liebesgeschichte und die schematische Abwicklung der Ereignisse endet nicht in politischem Aufruhr, sondern in gepflegter Fadesse.

Mit der Filmbiografie "Django" über den legendären Jazzmusiker Django Reinhardt startetw die Berlinale heute, Donnerstag, in ihre 67. Ausgabe. Das Regiedebüt des französischen Drehbuchautors und Produzenten Etienne Comar ist einer von 18 Filmen im Wettbewerb der Berliner Filmfestspiele. Im Rennen um den Goldenen Bären ist mit Josef Haders Debütfilm "Wilde Maus" auch ein österreichischer Beitrag.

Die Gesellschaftssatire um einen entlassenen Musikkritiker auf Rachefeldzug feiert ebenso in den ersten Festivaltagen Weltpremiere wie Michael Glawoggers letzter, von Cutterin Monika Willi vollendeter Dokumentarfilm "Untitled" in der Sektion "Panorama Dokumente". Knapp 400 Filme sind beim größten Publikumsfestival der Welt an elf Tagen zu sehen, wobei wie gewohnt sowohl auf Politik als auch auf Glamour gesetzt wird. Auf dem roten Teppich werden Stars wie Catherine Deneuve, Richard Gere, Penelope Cruz und Hugh Jackman erwartet. 3sat überträgt auch heuer die Eröffnungsgala ab 19.20 Uhr live aus dem Berlinale-Palast.

INFO: www.berlinale.de

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