21er Haus: Rudern in der Raumflut

21er Haus: Rudern in der Raumflut
Schöne Aussichten: Die Eröffnungsschau des 21er Hauses lässt viele Fragen zur Nutzung des neuenMuseums offen.

Der rote Teppich ist ausgerollt: Er verläuft kreuz und quer durch den großen Saal des neu eröffneten 21er Hauses, schlingt sich über die Balustraden, ist mal Vorhang, mal Flagge. Die Leere im Saal kann die von Künstler Marcus Geiger gehängte Stoffbahn allerdings nicht kaschieren, und sie ist schon gar nicht das, was man sich zur Eröffnung eines 31,9 Millionen teuren Museums-Umbaus erwartet hätte: Ein Paukenschlag, oder zumindest ein Aha-Erlebnis.
Dass der von Architekt Adolf Krischanitz luftig-schön adaptierte Bau eine Herausforderung für Künstler und Kuratoren sein würde, war schon im Vorfeld klar. Die Eröffnungsschau "Schöne Aussichten" sollte laut Belvedere-Direktorin Agnes Husslein eine Positionsbestimmung bringen: Doch die Kunst, die die Kuratorinnen Bettina Steinbrügge und Cosima Rainer in das neue Haus stellten, macht den Raum nie wirklich fühlbar, sie zeigt nicht seine Potenziale, sondern nur seine Probleme.

Kästchendenken

21er Haus: Rudern in der Raumflut

Geigers roter Teppich traut sich zumindest noch, in den Raum einzugreifen. Im Rundgang des Obergeschosses dominiert ansonsten das Kästchen-Denken: Franz Wests graue "Mondscheinzimmer"-Schachtel steht auf der einen Seite, Oswald Oberhubers mit Grafiken gefüllte "Museum im Museum"-Box auf der anderen. Dazwischen starren ernste Künstler-Gesichter von Stell- und Videowänden, wer will, kann ihren Statements für das Projekt "museum in progress" im Kopfhörer lauschen: Nichts, was nicht auch in einem fensterlosen Studierzimmer möglich wäre.
Die Hoffnung, dass das neue Haus - möglicherweise mit der ab Jänner geplanten Ausstellung zum Thema Gesamtkunstwerk - noch seinen "Groove" findet, stirbt
zuletzt. Mittelfristig dürfte nichts an Auftragsarbeiten für den Raum vorbeiführen. In der österreichischen Kunst seit 1950, als deren Heimat sich das 21er Haus definiert, ist die Menge guter raumgreifender Kunst begrenzt, doch die Mittel des 21er Hauses sind das ebenso: 2,5 Mio. € der veranschlagten 4,5 Mio € für den laufenden Betrieb müssen selbst aufgebracht werden. Laut Husslein sind diese Gelder derzeit nur für 2012 gesichert.

Habsburg im Augarten

Es überrascht somit nicht, dass Husslein die derzeit erste Adresse für großformatige Auftragskunst in Wien, die Stiftung TBA-21 von Francesca Habsburg, gleich in zweifacher Weise ins Boot holte: Sie wird einerseits Leihgeber der nächsten Schau, zum anderen übernimmt sie den bisher als Belvedere-Expositur geführten Atelierbau "Augarten Contemporary", den das Bundesmuseum aus Budgetgründen aufgibt. Es gibt in Wien also außerordentlich viele neue Kubikmeter für zeitgenössische Kunst , die nun auf Besucher und Konzepte warten.

21er Haus: Wiens neues Haus für Kunst

Allround-Bau: Das einst 20er Haus genannte Ausstellungsgebäude (Arsenalstraße 1, 1030 Wien) bietet 2275 m² Ausstellungsfläche. Außerdem sind die Wotruba-Stiftung, ein Kino und ab 2012 die Artothek des Bundes dort untergebracht. Die Schau "Schöne Aussichten" läuft bis 8. 1. 2012 (Mi.-So., 10-18 Uhr).

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