"10 Gloverfield Lane": Im Bunker "Pretty in Pink"

„Du solltest mir dankbar sein“: John Goodman  als  Kriegsveteran hält eine junge Frau (exzellent: Mary Elizabeth Winstead) im Bunker gefangen – zu ihrer eigenen Sicherheit? 
Eine junge Frau findet sich als Gefangene in einem Bunker wieder.

10 Cloverfield Lane. USA 2016. 103 Min. Von Dan Trachtenberg. Mit John Goodman.Ursprünglich hätte der Film "Der Keller" heißen sollen, ohne der Angabe einer näheren Adresse. Doch dem gelernten österreichischen Kinobesucher fällt trotzdem sofort Ulrich Seidls heimische Untergeschoß-Doku "Im Keller" ein. Assoziationen mit dem Fall Fritzl und dem Fall Kampusch liegen ebenfalls nahe; deren krimineller Einfluss schwappte zuletzt bis nach Hollywood und inspirierte dort das Oscar-Drama "Room". Auch das viel räudigere, dabei exzellent effiziente Einraum-Drama "10 Cloverfield Lane" spielt mit dem Horrorszenario der gekidnappten Gefangenen.

Eine junge Frau namens Michelle kommt nach einem Autounfall zu Bewusstsein und findet sich in einer Kellerzelle gefesselt wieder. Bald schon öffnet sich eine schwere Eisentür und niemand anders als John Goodman schiebt seinen massigen Körper durch den Rahmen. Goodman spielt Howard, einen dubiosen Kriegsveteranen, wie ein gezähmter Tanzbär, der kurz vor seinem finalen Wutausbruch steht.

"Ich bin nicht pervers", versicherte Howard der schockierten Michelle. Und nein, er habe sie nicht entführt, sondern ihr das Leben gerettet. Draußen tobe der Krieg der Außerirdischen – "nuklear oder chemisch, schwer zu sagen" – und nur in seinem Bunker sei sie sicher: "Du solltest mir dankbar sein."

Michelle glaubt ihm natürlich kein Wort, dankbar ist sie ihm schon gar nicht. Zweifel kommen ihr erst, als sie auf einen weiteren Bunker-Bewohner namens Emmett stößt, der ebenfalls im Keller Schutz sucht. Zu dritt sitzen sie fest, essen Spaghetti, legen Puzzles und schauen "Pretty in Pink". Und noch immer kann Michelle nicht sagen, ob sie sich in der Gewalt eines perversen Entführers oder im Schutz eines umsichtigen Überlebenskünstlers befindet.

J. J. Abrams

Mit dem namensähnlichen Found-Footage-Monster-Movie "Cloverfield" hätte "10 Cloverfield Lane" nur ganz entfernt zu tun, beteuerte der Produzent und Star-Wars-Riese J.J. Abrams.

Eher schon mit Hitchcock. Nach einem Zerwürfnis mit ihrem Freund springt Michelle ins Auto und sucht die Weite der Landstraße wie einst Marion Crane in "Psycho". Nur landet sie nicht in Bates’ Motel, sondern in Howards Bunker.

Für Hollywood-Verhältnisse mit 10 Millionen Dollar billig produziert, punktet das Regiedebüt von Dan Trachtenberg als intensives Kammerspiel mit maximalem Suspense-Output. Besonders dank der findigen Michelle, die – entgegen dem Klischee von der hilflosen Gefangenen, selbst Duschvorhänge in Kampfanzüge verwandeln kann. Auf engstem Raum kuschelt die Kamera mit den Bunker-Bewohnern und changiert mühelos zwischen Überlebenscamp und Psycho-Falle.

Im Kino: "10 Cloverfield Lane"

Sein größter Konkurrent war Matti Nykänen, der "fliegende Finne". Ihn selbst nannten sie den "dämlichen Briten". Doch er ließ nicht locker: Michael "Eddie" Edwards, ein Sonderling aus der Arbeiterklasse, mauserte sich zum "furchtlosen Verputzer" und ging als " Eddie the Eagle" in die Sportgeschichte ein. Als erster englischer Skispringer nach dem Zweiten Weltkrieg stürzte er sich ohne Vorkenntnisse von den höchsten Schanzen. Völlig vorhersehbar, aber trotzdem sehr unterhaltsam erzählt " Eddie the Eagle" die klassische Geschichte vom Underdog, der es nach oben schafft. Ausgerechnet Hugh Jackman spielt eine versoffene Skispringer-Legende, Christopher Walken seinen Ex-Trainer. Herzerwärmend.

Text: Alexandra Seibel

INFO: GB/ USA/D 2016. 106 Min. Von Dexter Fletcher. Mit Taron Egerton, Hugh Jackman.

KURIER-Wertung:

"10 Gloverfield Lane": Im Bunker "Pretty in Pink"
Taron Egerton (li.) als Schispringer und Hugh Jackman als sein Trainer: „Eddie the Eagle“

Zwei weiße Forschungsreisende durchforsten die Wälder des Amazonas auf der Suche nach einer Heilpflanze – ein Mal im Jahr 1909, ein Mal im Jahr 1940. Beide Männer werden vom selben indigenen Mann geführt – dem Schamanen Karamakate. Beim ersten Mal ist er ein kämpferischer Mann, der die Weißen hasst und beschimpft; knapp dreißig Jahre später ist aus ihm ein seelenloser Wanderer geworden. Kautschuk-Jäger und Missionare haben im Amazonasgebiet ihre grausamen Spuren hinterlassen. Blutlüsterne Sekten zelebrieren bizarre Rituale und fördern die schlimmste Kombinationen beider Welten zutage. Ein phantasmagorischer Trip in einen hypnotischen, schwarz-weiß-fotografierten Dschungel. Oscarnominiert.

Text: Alexandra Seibel

INFO: CO/VE/AR 2015. 125 Min. Von Ciro Guerra. Mit Nilbio Torres, Jan Bijvoet.

KURIER-Wertung:

"10 Gloverfield Lane": Im Bunker "Pretty in Pink"
Nilbio Torres als junger Schamane Karamakate

Hanna wächst im oberösterreichischen Wels der 1960er-Jahre auf. Die oberste Maxime, die ihr von der Mutter und vom streng katholischen Vater eingetrichtert wird, heißt: Stillhalten und auf keinen Fall auffallen. Hannas Ahnung, dass sich dunkle Geheimnisse hinter der hart erkämpften Familien-Idylle verbergen, verwandeln sich in Gewissheit. Vom Pfarrer erfährt sie, dass sie eigentlich Jüdin ist, von den Eltern als katholisches Kind getarnt. Regisseur Andreas Gruber wollte mit diesem Film vor einer Wiederholung der Geschichte mahnen und dafür pädagogisch Wertvolles leisten. Aber "gut gemeint" führt nicht immer zum adäquaten Ergebnis. Dazu sind die Figuren zu schablonenhaft, die Dialoge zu konstruiert.

Text: Gabriele Flossmann

INFO: Ö/D 2016. 120 Min. Von Andreas Gruber. Mit Franziska Weisz, Hannelore Elsner.

KURIER-Wertung:

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