Zuckersüße Paradeissauce ist frechste Werbelüge des Jahres

Zuckersüße Paradeissauce ist frechste Werbelüge des Jahres
Die für Kinder beworbene Spaghettisauce von Zwergenwiese enthält mehr als doppelt so viel Zucker wie die Erwachsenen-Version.

70.000 Verbraucher haben abgestimmt es gab noch nie in der Geschichte des Goldenen Windbeutels ein so deutliches Ergebnis: Die Kinderparadeisersauce des deutschen Bio-Pioniers Zwergenwiese erhält mit 53 Prozent aller Stimmen den Preis für die frechste Werbelüge des Jahres.

Die Sauce enthält mehr als doppelt so viel Zucker wie die Erwachsenen-Version – dabei empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass Saucen für Kinder gar keinen zugesetzten Zucker enthalten sollten. Das Unternehmen hatte sein Produkt nach der Nominierung damit verteidigt, dass "kein zugesetzter Kristallzucker", sondern Apfeldicksaft enthalten sei.

Apfeldicksaft besteht üblicherweise zu 60 bis 80 Prozent aus Zucker. Umgerechnet enthält die Spaghettisauce rund sechseinhalb Zuckerwürfel.

"Eltern kaufen Bio-Produkte, um ihren Kindern etwas Gutes zu tun – aber Zwergenwiese jubelt Kindern eine Extra-Portion Zucker unter und nutzt das Vertrauen der Eltern aus. Der Bio-Pionier sollte sich an die Empfehlungen von Kinderärzten halten und nur Saucen ohne Zuckerzusatz als Kinderprodukte bewerben", erklärte Manuel Wiemann von foodwatch, Wahlleiter beim Goldenen Windbeutel 2019.

Zucker aus Fruchtsaftkonzentraten ist nicht besser

Doch die WHO definiert auch Zucker aus Fruchtsaftkonzentraten als freien bzw. zugesetzten Zucker, dessen Konsum reduziert werden sollte.

Diese Einschätzung teilt auch Professor Hans Hauner, Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin: "Dieser Zucker gehört zu den freien Zuckerarten und ist deshalb nicht viel anders einzuschätzen als kristalliner Rübenzucker. Einen besonderen Gesundheitswert oder relevanten Vorteil gegenüber Haushaltszucker kann ich nicht erkennen."

Nach der Nominierung für den Goldenen Windbeutel hatte das Unternehmen sein Produkt auf Facebook verteidigt: "Je jünger das Kind, desto süßer 'sollte' das Produkt sein."

Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland, bezeichnete damals die Aussage von Zwergenwiese als "ebenso dumm wie gefährlich": "Geschmack wird anerzogen und es gehört in die Verantwortung von Herstellern wie Eltern, hier die richtigen Weichen zu stellen."

In einer Stellungnahme an foodwatch hatte sich Zwergenwiese zudem damit verteidigt, dass bei der Süßempfindung "für Kinder andere Maßstäbe" gelten würden.

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