Tokio ist zur Zeit eines der beliebtesten Ziele für Foodies. Die japanische Küche gilt als eine der besten der Welt: Ausdruck einer hohen Zivilisation, gereift in hermetischer Abgeschlossenheit. Man weiß im Westen nicht viel von der Kochkunst der Japaner. Richtig begreifen würde man sie nur, wenn man einige Zeit im Land verbracht hat. Denn die japanischen Spitzenköche lassen sich nur selten zu einem Auftritt im Ausland bewegen. Zu groß sind die Sprachbarrieren und die Furcht, den Erwartungen nicht gerecht zu werden. Gepflegte Tradition und Respekt vor dem Produkt sowie über Generationen erworbenes Wissen zeichnen die japanische Küche aus.
Fans in aller Welt
Einige japanische Köche haben sich nach ihrer Ausbildung in
Frankreich oder
Spanien für eine Laufbahn in
Europa entschieden. Ihre Restaurants und Bistros haben eine große Fangemeinde. Auf den Teller kommt dort japanisch-europäische Fusion. Beim Gourmetfestival in
Sankt Moritz kochten "europäische" Japaner gemeinsam mit Kollegen aus
Tokio und
Kyoto. Vor allem letztere setzen nur selten einen Fuß auf europäischen Boden.
"Es gibt Unterschiede und Gemeinsamkeiten", antwortet der Japaner Hideki Matsuhisa aus Barcelona auf die Frage, was japanische Küche denn von der europäischen unterscheide. "Saisonalität spielt da wie dort eine Rolle. Und in Spanien arbeiten die Köche ebenso gerne mit Fisch wie in Tokio."
Matsuhisa gehört zu dem guten Dutzend japanischer Köche, die sich in
Europa niedergelassen haben. Wenn man über seine Signature Dishes liest, kommt man ohne kulinarisches Fremdwörterbuch kaum aus: Zartes Tempura aus Jakobsmuscheln, Shiitakepilzen und grünen Bohnen, sowie Somen-Nudeln mit Iberischem Schwein, Garnelentempura, Shiso, Yuzu, Hichimi-Pfeffer und Dashi.
Der Sushi-Meister
Akifumi Sakagami wird in
Tokio verehrt, hat Restaurants in
Paris und
London. Über die Ausbildung zum Sushi-Spezialisten sagt
Sakagami: "Im ersten Jahr macht ein Auszubildender nichts außer Geschirr waschen sowie sein Benehmen und späteres Verhalten gegenüber dem Gast zu lernen." Viele üben vor dem Spiegel, wie sie sich und ihre Kreationen später dem Gast präsentieren werden. Dessen Wohlbefinden steht im Zentrum allen Tuns. Weshalb viele japanische Toprestaurants Gäste aus dem Ausland nur in Begleitung oder auf Empfehlung von Landsleuten annehmen – es geht um Perfektion. Wenn der Wirt nichts über den Gast weiß – wie soll er ihn dann perfekt verwöhnen?
Klein, aber fein
Die wirklich guten Sushi-Restaurants
Tokios haben etwa sechs bis neun Plätze. Die Reservierungszeit beträgt an die drei Monate. Wer glaubt,
Japans Küche wäre in Form eines
Sushi zusammenzufassen, irrt. Das Land ist reich an Vielfalt. Sogar beim
Sushi gibt es einen großen Unterschied zwischen
Tokio (Meeresnähe) und beispielsweise
Kyoto (Nähe zu Gebirge und Süßwasser).
Sushi war früher eine Methode, um Fisch und Fleisch in gesäuertem Reis zu konservieren.
In der japanischen Küche gibt es einen Kult um Frische und Saisonalität. Oft sind es Tage, die über den Preis und die Wertschätzung einer Zutat entscheiden. Wenn der perfekte Reifezeitpunkt einer Birne oder einer Melone erreicht ist, zahlen die Japaner Höchstpreise.
Beim Fisch sind sie besonders pingelig. Nicht umsonst zählt der Fischmarkt in
Tokio zu den Orten, wo für Fische die höchsten Preise der Welt erzielt werden. Frage an Sushimeister
Sakagami: "Können die Fische in
Europa in ihrer Qualität mit denen in
Japan mithalten?" Natürlich wird ein Japaner auf eine solche Frage nie eine Antwort geben, die jemanden sein Gesicht verlieren ließe. "Sie müssen wissen, dass bei uns Fisch meistens roh gegessen wird. In
Europa hingegen wird er gekocht oder gebraten. Dies wirkt sich darauf aus, wie ein Fisch nach dem Fang aufbewahrt und transportiert wird."
Roher Fisch steht auch nicht so sehr im Mittelpunkt der Japanischen Köche wie in
Europas Metropolen. Doch japanische Köche arbeiten (wie ihre europäischen Kollegen) gerne mit Shiso (Sesamblatt), Dashi (Fond aus Algen), Aal (in
Japan begehrte Spezialität) und japanischen Gewürzen. Was sie alle vereint: Die Bildsprache ihrer puristisch präsentierten Kreationen, von denen jede ein kleines Gemälde auf dem Teller ist.
Dieser Artikel ist in Kooperation mit Gault &
Millau entstanden.
Japanische Köche aus ihren Restaurants nach Europa zu holen, gilt als fast unmöglich. Die Organisatoren des St. Moritz Gourmetfestivals schafften es. 2017 ist die neue Generation der Küchenchefs in den USA Thema. Auch wenn viele Veranstaltungen hochpreisig sind, gibt es günstige Geheimtipps, wo man viel über Kochen und Essen lernt.
Auch in
Europa kann man japanische Köche erleben. Noboyuki Matsuhisa kocht unter anderem im Nobu, Badrutt’s Palace in
Sankt Moritz oder Nobu,
London.
Kei Kobayashiim Restaurant Kei,
Paris. Hideki Matsuhisa
im Restaurant Koy Shunka,
Barcelona.
Keisuke Matsushima werkt im gleichnamigen
Restaurant,
Nizza. Tohru Nakamura erlebt man in Geisels Werneckehof,
München.
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