Wie steirische Winzer dem Frost trotzen

2016 machte der Frost für die Winzer die Idylle zunichte.
Ob "Frost-Edition" oder "Grenzgänger": In der Steiermark kompensieren die Winzer die großen Frostausfälle vom Vorjahr mit außergewöhnlichen "Netzwerkweinen".

Es war ein massiver Ernteausfall, zu dem das Frost-Fiasko von Ende April 2016 bei vielen Winzern führte. In vielen steirischen Betrieben wurde das Angebot reduziert. Manche Winzer beklagten im Vergleich zu Normalernten einen 80- bis 90-prozentigen Mengenverlust – und jetzt geht neuerlich eine große Frost-Angst um.

Über den Kampf von Wein- und Obstbauern gegen den aktuellen Frost lesen Sie hier.

Zur Osterzeit wird in den Weingütern das aktuelle Sortiment vorgestellt. Vor allem die Buschenschank-Betriebe mussten dafür zu Notlösungen greifen, um auch 2017 ihren Gästen die beliebtesten Sorten kredenzen zu können.

Über die Grenzen hinweg

Einige füllten zum Beispiel die fehlenden Welschriesling-Kontingente mit Zukäufen aus dem niederösterreichischen Weinviertel auf, wo der Frost 2016 nicht so schlimme Auswirkungen hatte. Und manche Steirer holten Hilfe bei ihren slowenischen Kollegen und schufen grenzübergreifende "Netzwerkweine".

Erwin Tschermonegg aus Glanz bei Leutschach konnte zum Beispiel in Jeruzalem, 60 Kilometer südlich von Glanz, bei einem Winzerfreund die drei wichtigsten Weißweinsorten ernten. Er cuvéetierte sie daheim zu einem leichten, blumig-würzigen Wein, den er "Grenzgänger" nennt.

Wie steirische Winzer dem Frost trotzen
Wein "Grenzgänger"

Hannes Sabathi aus Gamlitz kreierte aus slowenischen Trauben die, wie er betont, "grenzenlos gute" Weinlinie "Mein Satz".

Auch der steirische Wein-Guru Manfred Tement aus Berghausen kreierte aus der Not eine Marketing-Tugend. Den Wein, den er mit seinen Söhnen aus slowenischen Trauben kelterte, präsentiert er als "Tement ohne Grenzen".

Rund um den Erdball...

Ein ähnlicher Werbe-Kunstgriff gelang Reinhard Muster aus Gamlitz. Da im Herbst 2016 im eigenen Keller fast nichts zu tun war, kontaktierte er Winzerfreunde rund um den Erdball und fragte, ob er in deren Heimat aus dortigen Trauben Wein produzieren dürfe, um diesen später in fertiger Form in die Steiermark zu importieren.

...bis nach Neuseeland

"So verschlug es uns nach Deutschland, Slowenien, in den Piemont und nach Neuseeland", schildert er. Die Freunde stimmten begeistert zu, und diese "Weltwein-Produkte" landeten 2017 in der Steiermark. Reinhard Muster bietet die Weine – einen Sauvignon aus Neuseeland, einen Muskateller aus dem Piemont, einen Welschriesling aus Slowenien und einen Weißburgunder aus Deutschland – unter dem Namen "Muster.Freundeskreis" an.

Auch im steirischen Landesweingut Silberberg entschied man sich nach dem gewaltigen Ernteverlust für einen innovativen Ausweg aus der Krise. Das Ergebnis ist ein perfekter internationaler Weißburgunder mit dem Titel "Netzwerkwein" und dem Zusatz Wein aus "3 Weingärten – 3 Ländern – 3 Schulen". Man hatte befreundete Landesweingüter in Deutschland und Südtirol um Unterstützung ersucht.

Chance für Neues

Wolfgang Retter-Kneissl aus Löffelbach in der Oststeiermark musste ein Ernte-Manko von 80 Prozent wettmachen. Er organisierte Trauben aus der Thermenregion und dem Weinviertel in Niederösterreich und kelterte die Weine daheim. „Die extrem kleine ,eigene‘ Ernte sehen wir als Chance für Neues.“

Wie steirische Winzer dem Frost trotzen
Edition Frost
Die Abfüllungen etikettierte er als "Frost-Edition". Jedes Etikett zeigt zusätzlich die Temperatur der verheerenden Frostnächte von Ende April 2016: "-3,6 Grad". Die ungewöhnliche Beschriftung veranlasste einen Wirt am Stubaier Gletscher in Tirol, die "Frost-Edition" zu bestellen, weil der Wein "perfekt zu einer Gletscherhütte passt".

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