Tian krempelt Mittags-Menü um

Tian, 1010 Wien Österreichs einziges vegetarisches drei Hauben-Restaurant: Im muss den fleischlosen Genüssen oder dem Signature Dish (Cocos Curry-Cremesuppe) keineswegs schwitzend gefrönt werden. Tipp: Die Patisserie sollten Sie sich nicht entgehen lassen.
Schneller und leichter: Das vegetarische Restaurant Tian will mehr Geschäftsleute anlocken.
Tian krempelt Mittags-Menü um
honorarfrei für Print und Online, Paul Ivic, Tian
Kann Gemüse schwer im Magen liegen? Und nimmt die Haubenküche zu viel Zeit in Anspruch? Trotz Kür mit der dritten Haube vergangenen Spätherbst grübelte Paul Ivic über diese Fragen. Kurz vor Weihnachten fasste er dann einen Entschluss: Die Mittagskarte im vegetarischen Haubenrestaurant Tian muss umgekrempelt werden.
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Leichte Suppen, Gerichte mit weniger Vorbereitungszeit und mehrere Kombinationsmöglichkeiten. Schließlich nehmen sich Geschäftsleute für einen Lunch nicht mehrere Stunden Zeit.

Der KURIER testete das neue "Tian light"-Menü: Die Cocos-Curry-Cremesuppe, ein Klassiker, entpuppte sich fruchtig und solide im Geschmack, überraschte aber kaum. Anders die Topinambur-Cremesuppe mit Zimtblüte und Amalfizitrone, diese war ein Gedicht. Sämig, nicht zu süß, leicht herb und Nuancen von Artischocken. Das Venere-Risotto mit Piemonteser Haselnüssen schmeckte zart, lieblich und nussig, allerdings entpuppte sich die Portion als zu sättigend nach der Suppe.

Zur Auswahl stehen zwischen Dienstag und Samstag zwei Suppen, drei Hauptspeisen und drei Nachspeisen von 12 bis 15 Uhr. Zwei Gänge (inklusive Brotkorb mit einem wunderbar würzigen und herben Leinsamen-Öl) kommen auf 26 Euro.

Die letzte Überlebensration bekam er vor wenigen Tagen von seinem Vater mit einem Postpaket zugeschickt. Paul Ivic will und kann nicht ohne Tiroler Speck leben. Ein kleines Kuriosum, denn Ivic ist Österreichs erster Drei-Haubenkoch in einem vegetarischen Restaurant. Nie zuvor haben die Tester des Restaurantführers Gault&Millau eine fleischlose Küche mit 17 von 20 Punkten bewertet.

Wurstsemmel, ade!

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Als ihm Ex-Hedgefonds-Manager Christian Halper vor vier Jahren den Posten als Küchenchef im "Tian" in Wien anbot, zögerte Ivic keine Sekunde. "Ich hatte im Winter die Diagnose Herzkranzverengung erhalten und musste meinen Lebensstil radikal umstellen. Plötzlich verlangten die Ärzte, dass ich meinen Fleisch-Konsum aus gesundheitlichen Gründen reduziere", erzählt der Tiroler. Er hatte sich gehen lassen, fast nur noch Wurstsemmeln gegessen, kaum geschlafen, keinen Sport gemacht und zu viel Kaffee getrunken: "Die Ärzte sagten mir, wenn ich mich nicht ändere, lande ich auf dem OP-Tisch."

Leise erzählt der Haubenkoch seine Geschichte, noch heute schämt sich der 36-Jährige für seinen früheren Lebensstil: "Ich habe mich als Koch immer mit der Wirkung von Kräutern, Obst und Gemüse auseinandergesetzt. Die Philosophie des Hippokrates ,Eure Nahrung sei eure Medizin, und eure Medizin eure Nahrung‘ hat mich immer fasziniert, aber Köche schonen sich nicht."

Geliebte Artischocke

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Fast vier Jahre nach der Diagnose fühlt er sich stark – und ausgezeichnet: "Ich respektiere die Meinung der Kritiker, aber es kommt auf die Tagesverfassung des Küchenteams an. Es wäre objektiver, wenn Kritiker jede Woche die Leistung beurteilen könnten. Wenn der FC Bayern ein Match verliert, werden auch nicht Titel aberkannt." Die Tester zeigten sich unter anderem von seinem Urkarottenpüree angetan. Tiefkühlgemüse bezeichnet er als absolutes No-Go. Sein Lieblingsgemüse ist nicht der Kohl, obwohl das Porträt es vermuten lässt. Seine Liebe gehört der Artischocke: "Sie hat vielfältige Aromen und lässt sich gut in Szene setzen."
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Im "Tian" kredenzt Ivic auch vegane Kreationen: "Der Aufwand, vegane Rezepte zu entwickeln, ist hoch. Butter ist im Geschmack einzigartig, aber ich wollte nicht mit Verzicht arbeiten. Also suchte ich Alternativen abseits der Margarine."

Der Koch hat seinen Weg gefunden. Wenn er in den Wiener Weinbergen spazieren geht, kann er am besten abschalten – und zu Hause am Herd: "Denn kochen ist meine Meditation."

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