Immer mehr Fusionen, immer weniger im Regal

Ein großer Teil der Neueinführungen fliegt wieder aus dem Sortiment.
Durch immer mehr Fusionen gibt es laut einer Studie immer weniger Wahl im Regal: Bei Frühstück und Babynahrung sei die Monopolisierung am weitesten fortgeschritten.

Immer weniger Unternehmen stellen einer Untersuchung zufolge einen immer größeren Anteil der Lebensmittel her. Demnach wirken sich Fusionen und der wachsende Einfluss von mächtigen Unternehmen und Supermarkt-Ketten negativ auf die Ernährung und Wahlfreiheit der Menschen aus.

Die Entwicklung von immer mehr Zusammenschlüssen verursache "dramatische Beeinflussungen", unter anderem bei der Wahlfreiheit der Konsumenten bei ihrem Essen oder den Arbeitsbedingungen, wie die Umweltorganisation Friends Of The Earth, die den deutschen Grünen nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung sowie die der deutschen Linke nahestehende Rosa-Luxemburg-Stiftung am Dienstag in Brüssel erklärten.

"In manchen Fällen sind es nur noch zwei, drei Unternehmen, die Märkte beherrschen. Für uns ist das ein sehr besorgniserregender Trend", sagte Mute Schimpf von der Umweltorganisation. Anlass der Studie sei die bevorstehende Übernahme des US-Saatgutriesen Monsanto durch den Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer, hieß es. Derzeit nimmt die EU-Kommission den bevorstehenden Zukauf unter die Lupe. Auch in den USA steht eine Genehmigung des Milliardendeals bisher aus.

60 Prozent der Babynahrung von vier Herstellern

In dem 56-seitigen Papier kritisieren die Organisationen weitere Aspekte der voranschreitenden Monopolisierung, zum Beispiel Stellenabbau und Niedriglöhne. Immer wieder würden bei Fusionen tausende Stellen abgebaut, um Kosten einzusparen. Als Beispiel wird in dem Report die Übernahme des Brauerei-Riesen SAB Miller durch den weltgrößten Braukonzern Anheuser-Busch Inbev genannt. Über 5.000 Stellen sollten dabei gekürzt werden. Anheuser-Busch und SAB Miller kontrollieren sieben der größten zehn Biermarken weltweit, darunter Budweiser, Corona und Becks.

Zudem habe der Trend negativen Einfluss auf die künftige Produktion von Nahrungsmitteln. Dies wirke sich in manchen Sektoren schon jetzt aus. "Was heißt diese Entwicklung für diejenigen, die mehr Geld für ihre Produkte ausgeben wollen? Da habe ich doch heute schon gar keine Chance mehr, wenn ich im Supermarkt einkaufe", sagte Schimpf und verwies auf die schwindende Vielfalt. So werden 60 Prozent der Babynahrung weltweit von den vier größten Herstellern produziert, heißt es in der Studie.

Zu viele Produkte in den Regalen

Für den Ernährungswissenschafter Uwe Knop ist dieser Trend noch nicht in den Supermarkt-Regalen angekommen. Im Gegenteil: Ein überwiegender Teil der Neueinführungen fliege derzeit nach einer gewissen Zeit wieder aus dem Sortiment, sagte der Experte aus Frankfurt: "Das liegt daran, dass die Sättigung schon extrem groß ist." Für ihn sei vielmehr ein Problem, dass es zu viele Produkte in großen Supermärkten gebe.

Oliver de Schutter, Co-Vorsitzender des Internationalen Expertengremiums für nachhaltige Nahrungsmittelsysteme, mahnte: "Dieser Bericht sollte ein Weckruf für alle sein, die sich um Ernährung und ländliche Lebensgrundlagen sorgen." Frühstückscerealien werden dem Bericht zufolge weltweit sogar zu einem noch höheren Anteil (62 Prozent) als Babynahrung von vier Produzenten hergestellt.

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