Seidentofu statt Schinkentoast

Vegan kochen: Die Rezepte von Stella Reinhold sind auch bei "Fleisch-Essern" heiß begehrt.
Eine KURIER-Redakteurin erzählt über ihren Selbstversuch ohne tierische Lebensmittel.

Vor gut sechs Monaten habe ich mit meinem Vegan-Experiment begonnen. Das bedeutet, keinerlei tierische Produkte am Speiseplan zu haben. Fleisch, Eier, Milch und Käse machten Platz für abenteuerliche Neuentdeckungen wie Béchamelsauce aus Cashewkernen, Seidentofu-Crème-Brûlée oder Avocado-Torte. Seit vier Monaten berichte ich davon regelmäßig in meinem Blog „Das Vegan-Experiment“. Zeit, ein Resümee zu ziehen.

Seidentofu statt Schinkentoast
Stella Reinhold kocht eine vegane Spinat-Quiche und als Dessert ein Apple Crumble mit veganem Bananeneis. Wien, 15.01.2014
Aller Anfang ist schwer – allerdings nicht so sehr, was die Ernährungsumstellung angeht, die hat mich von Beginn an begeistert. Viele Neuentdeckungen: Gemüse, Öle, pflanzliche Milchalternativen, neue Gewürze. Ich wurde beim Kochen um einiges kreativer und mein Körper dankte es mit mehr Energie und reiner Haut. Vielmehr waren es die Reaktionen aus dem Umfeld, die mich anfangs ein wenig verunsicherten.
Seidentofu statt Schinkentoast
Stella Reinhold kocht eine vegane Spinat-Quiche und als Dessert ein Apple Crumble mit veganem Bananeneis. Wien, 15.01.2014
Eine meiner Lieblingsgeschichten passierte im Sommer. Da feierten wir den 30. Geburtstag von E. mit einer großen Freundesrunde. Zu dieser Zeit begann ich mit den ersten veganen Rezepten zu experimentieren. Ich stellte ein Blech vegane Lasagne auf den Tisch, während die hungrige Meute gerade darauf wartete, dass der Grill die richtige Temperatur erreicht. Skeptische Blicke, keiner sagte mehr etwas, bis A. – eher aus Höflichkeit – eine Miniportion auf ihren Teller manövrierte. Ihrer Reaktion nach zu schließen war das Ding nicht nur essbar, im Gegenteil: Im Nu war das Blech leer.
Seidentofu statt Schinkentoast
Stella Reinhold kocht eine vegane Spinat-Quiche und als Dessert ein Apple Crumble mit veganem Bananeneis. Wien, 15.01.2014
Viele solcher Situationen sollten folgen, bevor ich explizit dazu aufgefordert wurde, doch bitte wieder einmal vegan zu kochen. Das kommt mittlerweile sehr oft vor, Rezeptanfragen inklusive. Am häufigsten werde ich gefragt, warum ich das mache.

Ehrlich gesagt, war es zu Beginn reine Neugierde. Ich fing an, mich mit dem Thema Lebensmittelproduktion näher auseinanderzusetzen und beschloss, diese Zustände als Konsument nicht länger zu unterstützen. Mir gefällt dieser respektlose Umgang mit Lebewesen nicht. Was das Zusammenleben mit einem „Fleisch-Esser“ betrifft, kann ich nur sagen, dass es bei uns keine Schwierigkeiten gibt. E. erzählt mir am Abend oft stolz, dass er sich heute „nur vegan“ ernährt habe. Ich muss dann immer lachen.

Seidentofu statt Schinkentoast
Stella Reinhold kocht eine vegane Spinat-Quiche und als Dessert ein Apple Crumble mit veganem Bananeneis. Wien, 15.01.2014
Wenn ich Couscous mit Gemüse koche, ist ihm das zu langweilig, vegane Quiche hingegen liebt er, Apple-Crumble mit selbstgemachtem Bananeneis ist ein hervorragendes Dessert, wenn es schnell gehen muss. Jeder hat andere Vorlieben und muss selbst entscheiden, was ihm gut tut. Aber wer von Selbstgeißelung spricht, ist bei mir an der falschen Adresse.

Ich war immer ein Genuss-Mensch und werde es bleiben. Niemand kann mir erklären, dass ein ungewürztes Huhn gut schmeckt, aber bei Tofu soll es plötzlich anders sein. Was Gewürze angeht, können wir ohnehin noch etwas lernen. In Indien gibt es mehr als 15 Basis-Gewürze, die in so gut wie jeder Speise verwendet werden. Unlängst hieß es bei Freunden wieder: „Ach, das darfst du ja nicht.“ Bis aus den Köpfen draußen ist, dass ich das freiwillig mache, wird es wohl noch etwas dauern.

Die Rezepte finden Sie auf Stellas Vegan Blog.

Tofu-Crumble-Eierspeise mit Kala Namak: Die Konsistenz einer Eierspeise bekommt man mit Tofu erstaunlich gut hin. Mit den richtigen Gewürzen ist dieses Gericht ein herrliches Essen zum Frühstück. Kala Namak ist ein indisches Schwarzsalz, das aus der ayurvedischen Küche stammt, mit einem schwefeligen Geruch, der an hartgekochte Eier erinnert. In Kombination mit Tofu oder Auberginen ergibt das einen Eiersatz.

Pudding aus Chia-Samen: Die Vorteile der Chia-Saat kannten bereits die Azteken und werden bei uns als sogenanntes Superfood gehandelt. Sie sind reich an Omega-3-Fettsäuren, Proteinen, Antioxidantien, Mineralstoffen und Vitaminen. In Pflanzenmilch oder Saft eingeweicht, entsteht eine geleeartige Schicht, wodurch die Nährstoffe besser aufgenommen werden können. Mit Vanille-Sojamilch und etwas Agavendicksaft kann man daraus herrlichen Pudding zaubern.

Hefeschmelz: In vielen Rezepten findet man Hefeschmelz als Käseersatz. Auch die Pizzeria bei mir ums Eck bietet vegane Pizza mit Hefeschmelz an. Die Mischung aus Hefeflocken, Mehl und Fett sieht vielleicht wie Käse aus, schmeckt mir aber nicht.

Vegane Gans: Freunde von mir haben zu den Feiertagen eine vegane Gans besorgt, ein aus Seitan (Weizeneiweiß) in Gänseform gepresster Fleischersatz, der irgendwie nach Lebkuchen geschmeckt hat. Ich persönlich bin ja nicht so ein Fan von diesen Fleischersatz-Produkten.

Lokale & Events

Restaurants mit veganer Speisenauswahl gibt es schon länger, neu ist der erste vegane Supermarkt „maran vegan“, der im Sommer 2013 in Wien eröffnete. Unter dem Slogan „ehrliches Eis“ bieten zwei Schwestern im „Veganista“ Eis an, das frei von tierischen Produkten ist. Auch im Ballkalender hat die vegane Lebensweise mittlerweile Einzug gehalten. Am 1. Februar findet der Wiener Vegan-Ball im Arcotel Kaiserwasser statt.

Mode & Kosmetik

Mehr als 30 Ökomarken, die auf tierische Produkte verzichten, sind im „Muso Koroni“, im achten Bezirk erhältlich. Wiens erster veganen Fashion-Store hält sich mittlerweile seit zwei Jahren. Auch zahlreiche Kosmetiksalons und Frisörläden setzen auf Produkte frei von tierischen Inhaltsstoffen. Mehr Fakten sowie Infos zu Bezugsadressen in Österreich bietet der ethische Einkaufsführer. Online unter: www.animalfair.at

Kommentare