Raritäten bei Obst und Gemüse

Raritäten bei Obst und Gemüse
Obwohl in den 70er und 80er-Jahren massenhaft Apfelbäume gefällt wurden, gibt es immer noch 800 regionale Apfelsorten.

Nostalgiker und Raritäten-Liebhaber bitte weghören. Bei Obst-Verkostungen fallen alte Apfel-Sorten regelmäßig durch. Die neuen Sorten sind zwar auch nicht taufrisch, einige wie "Rubinette" haben schon mehrere Jahrzehnte auf dem Buckel – die Sorte "Rubinette" entstand vor 40 Jahren aus einer Kreuzung zwischen "Cox Orange" und "Golden Delicious" – sind aber einfach milder im Geschmack. Lothar Wurm Obst-Spezialist am Lehr- und Forschungszentrum (LFZ) für Wein- und Obstbau stört das nicht: "Was die alten Sorten eint und auszeichnet ist ihre Vielfalt. Ich finde Sorten, die mild und süßlich schmecken genauso wie saure Äpfel, bis hin zu sehr robusten, gerbstoffreichen Mostapfelsorten. Die schmecken halt ein bisserl herb."

Überzeugen konnte man sich übrigens selbst: Ende Oktober fand in Klosterneuburg nördlich von Wien die Europom statt, die internationale Schau alter und seltener Obstsorten. "Durchkosten" lautete das inoffizielle Motto, bis zu 150 regionale Obstsorten wurden zum Verzehr angeboten, die Äpfel haben so illustre Namen wie "Goldparmäne", "roter Berlepsch" oder "Ilzer Rosenapfel". Als Tafel- oder Frischmarktobst, wie es heute heißt, findet man bodenständige Sorten kaum noch. Mit der Rationalisierung und Intensivierung im Obstbau ab ca. 1960 konnten die wenigsten von ihnen mithalten. Aus alten Sorten wie "Maschanzker", "Kronprinz Rudolf" oder "Brünnerling" wird heute allerdings ein köstlicher Apfelmost hergestellt – die Farbe: Goldgelb, der Geschmack: fruchtig-mild, lieblich oder kräftig-resch. Aus den "Steirern" Kronprinz Rudolf und Maschanzker wird zudem feiner Apfelbrand destilliert.

Alter Schatz

Wie groß die Vielfalt einst gewesen sein muss, kann man an den imposanten Resten ablesen. Obwohl vor allem in den Siebziger- und Achtzigerjahren massenhaft alte Bäume gefällt wurden, gibt es heute immerhin noch 800 regionale und lokale Sorten. Von manchen sind zwar nur noch wenige Bäume übrig, aber dennoch: "In den Streuobstwiesen schlummert ein alter Schatz", meint Bernd Kajtna von der Arche Noah. Die niederösterreichische Gesellschaft mit Sitz in Schiltern bemüht sich um die Erhaltung und Verbreitung alter Kulturpflanzen. "Je weniger Bäume von einer Sorte noch da sind, umso schwieriger ist die Vermehrung und Bewahrung."

Die Bezeichnung "alte Sorte" ist nicht bedeutungsgleich mit "in Österreich ureinheimisch". Die Geschichte des Maschanzkers etwa beginnt nicht in der Steiermark, sondern im Osten Deutschlands. Rund um die Stadt Meißen, 25 km nordwestlich von Dresden (Sachsen), wurde seit alters her die Sorte "Borsdorfer Äpfel" häufig angebaut. Im nahen Böhmen, nannte man die Borsdorfer "Meißener" (míšenské jablko). Über Böhmen kam der Apfel nach Österreich – der tschechische Name wandelte sich dabei zu Maschanzker. Die erste schriftliche Erwähnung findet sich 1877 als Winter-Maschanzker. Wurm: "Genau genommen sind aber auch der ,Golden Delicious" und der ,Jonathan" alte Sorten, weil sie vor 1900 in den USA aufgefunden wurden."

 

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