Kussmaul: Fleischbällchen rollen den Spittelberg hinunter

Sandwich mit Bällchen aus faschiertem Hühnerfleisch, einer fantastischen Zitronenmayonnaise und einem frisch gebackenen Focaccia.
Haubenkoch Mario Bernatovic lockt mit Fleischbällchen, Éclairs und selbstgemachten Limonaden. Im Interview mit dem KURIER begründet er die Preise mit Regionalität, Nachhaltigkeit und Kochkunst.

Keck könnte man meinen, dass sowieso jedes Restaurant in Wien-Neubau funktioniert. Hauptsache, es sieht stylisch aus. Stimmt natürlich nicht. Gerade in den kulinarisch verwöhnten, anspruchsvollen Wiener Bezirken Neubau und Mariahilf erwarten Gäste ein rundes Konzept. Haubenkoch Mario Bernatovic belebt mit seinem neu eröffneten Kussmaul das barocke Viertel. Übrigens steht ein prominenter Name finanziell hinter dem Projekt: Haselsteiner Spross Johannes wagte sich in die Gastronomie vor, möchte aber im Hintergrund bleiben.

Den eigenen Schritt in die Selbständigkeit erklärt Bernatovic mit Abwechslung: "Ich glaube, dass ich im Motto am Fluss einen super Job gemacht habe. Aber natürlich stellte ich mir die Frage, ob ich so viele Stunden für jemanden anderen arbeiten möchte und nicht doch lieber in meinem eigenen Lokal der Chef sein möchte." Obwohl der Haubenkoch auch hinter dem Herd steht, sieht er seine Hauptaufgabe woanders: "Ich bin der kreative Kopf hinter der Speisekarte und richte an." Um das passende Konzept zu finden, veranstaltete das Team eine Fressorgie in New York: "In fünf Tagen aßen wir 15 Sterne." Klar, dass nach so einem Trip ein Burger im Briochbun oder ein Cheesecake nicht fehlen dürfen. Ein mehrere Gänge umfassende Chef's Tasting bietet der Haubenkoch um 95 Euro feil und begründet den Preis selbstbewusst mit seiner Handwerkskunst.

Kussmaul: Fleischbällchen rollen den Spittelberg hinunter
honorarfrei
Beim Besuch des KURIER stachen die herausragenden Patisserie-Künste von Julia Weber (u.a Motto am Fluss) ins Auge. Ihr Rosen-Éclair sucht Seinesgleichen in Wien: eine kühle Creme mit sanfter Vanillenote und Rosenaroma liebkoste einen perfekt geratenen Brandteigkrapfen. Davon will man mehr.
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Ebenso verführerisch: Der Karotten-Nusskuchen (4,5 Euro) mit hauchdünn geschnittenen, glacierten Karottenscheiben. Saftig, nicht zu süß und nicht zu gesund. Webers Künste sollen am Wochenende für den eigentlichen Kick sorgen: Das Team motzt die Frühstückskombinationen mit täglich frisch gebackenen Sauerteigbroten, Macarons, Pralinen, Kuchen und Croissants auf. "Besonders stolz bin ich auf die Croissants, die wir ebenfalls aus Sauerteig machen." Die süßen Gustostückerl gibt es übrigens in Einmachgläsern zum Mitnehmen.
Kussmaul: Fleischbällchen rollen den Spittelberg hinunter
Sandwich mit Bällchen aus faschiertem Hühnerfleisch, einer fantastischen Zitronenmayonnaise und einem frisch gebackenen Focaccia.
Das Restaurant spaltet sich in zwei Sitz-Bereiche: Fine Dining und Café (jeweils in den Wintergärten). Die Räucherforelle mit Rahmgurken, Dill, Kren und Toastbrot (13,5 Euro) war fast zu dezent gewürzt, dafür überzeugte das Sandwich mit Bällchen aus faschiertem Hühnerfleisch, einer fantastischen Zitronenmayonnaise und einem frisch gebackenen Focaccia (11,5 Euro).
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Der Erdbeer-Paradeisersalat schmeckte dank des mit Basilikum eingefärbten Quinoas besonders sommerlich und erfrischend (10,5 Euro). Weiters glänzt die ambitionierte Karte mit selbstgemachten Entenwürsteln und Gänseleber. Bernatovic entwarnt: "Es handelt sich um keine Stopfleber. Die Gänse wurden mit Datteln gefüttert, die Leber schmeckt dadurch anders als man erwartet, da sie normalerweise mit Mais gestopft werden." Hinter den Speisen steht viel Selbstgemachtes: "Wir bieten eine Limonade aus Kirsche und Eberaute an, die wie Cherry Coke schmeckt. Außerdem brauen wir unser eigenes Ginger Beer und Tonic Water."
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Besonders hübsch anzusehen sind die Wintergärten und die offene Küche, die den Gästen einen Blick hinter die Kulissen gewährt. Ansonsten dominieren schwarzes Leder und Holzvertäfelung. Die Ideen für die Inneneinrichtung stammen von Mario Bernatovic, der das Konzept in Zusammenarbeit mit dem Architektenteam von BEHF umsetzte. Ähnlich wie im neu gestalteten Steirereck spielen auch hier österreichische Naturmaterialien wie Eiche und Nussholz eine tragende Rolle.

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