Kochen und Gin brauen

Felix und Sven Strasser vom Strasserhof in Zistersdorf
Wenn Haubenköche ein zweites Leben starten, kann der Weg über Schnaps führen.

Das Haus liegt recht unscheinbar an einer Hauptstraße und dennoch wird man das Gefühl nicht los, hinter dem Tor in eine andere Welt einzutauchen. In Zistersdorf erschufen sich die Lebenspartner Felix (34) und Sven Strasser (39) mit ihrem kleinen gefiederten Zoo ein idyllisches Refugium.

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Wer das Grundstück betritt, wird freudig von Luise, Elfriede und ihren Freunden begrüßt. Normalerweise befinden sich die Blausperber-, Marans- und Sulmtaler-Damen in ihrem "Hühner-Guantanamo" am Ende des Gartens, aber an jenem Tag sind die Damen auf Freigang. Und dehnen diesen pickend und gackernd bis zum Eingang aus. Nur wenige Meter von diesem entfernt steht eine Destillerie – die neue Leidenschaft der ehemaligen Gastronomen.
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Selten sprechen Haubenköche über die dunklen Seiten ihres Schaffens. Lange Nächte, großer Stress, ungesunder Lebensstil und permanente Beobachtung durch die Branche. Einst betrieb das Paar den erolgfreichen "Wiener Salon" nahe des Stubenrings und erkochten sich zwei Gault Millau Hauben. Ohne Wehmut blicken sie auf die Zeit zurück. Als sich die ersten Anzeichen eines Burnouts bei Sven bemerkbar machten, arbeitete das Paar fieberhaft nach einem Neuanfang. Als sie den perfekten Rückzugsort fanden, war der kreative Part von Felix gefragt. Der gelernte Architekt verzauberte das hässliche Entlein in Zistersdorf in das feudaleStrassergut. Ihr Wiener Restaurant schlossen sie, aber nach der Erholung machte sich schnell ein Gedanke breit: "Zwei Hauben sind ja nicht nichts. So etwas schenkt man nicht her." Also entschieden sich Sven und Felix für Kochkurse un Private Dinings. Sven sorgte wiederum für das Interieur: Im traumhaft schönen Esssalon finden die Abendessen und Verkostungen nach den Kochkursen statt.
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Die neue Liebe der beiden gehört aber dem Garten: Was immer dieser an Rohstoffen hergibt, wird zu Marmeladen, Chutneys und allerhand Elixier weiterverarbeitet. Gurkerl, Paradeiser, Kürbis – nichts ist vor ihnen sicher. Und so entstand auch der strasserische Wacholderschnaps. 22 Gewürze kommen in ihren Gin: Angefangen von den obligaten Wacholderbeeren, bis zu Anis, Orangenschalen, Nelken, Grapefruitschalen und so manchem Geheimnis – das genaue und hart erprobte Rezept soll geheim bleiben. Zu allererst müssen die Gewürze in den Mörser. Grobe Körperarbeit für ein sanftes Endergebnis. Im Hintergrund lauschen Sven und Felix Chopin. Danach befüllen die Gastgeber ihre Zutaten in eine kleine Destillerie aus second hand. Es ist kalt, aber der schöne Kupferkessel beginnt langsam zu brodeln. Zwei Liter umfasst die Brennblase, als Basis für ihren Schnaps verwenden die Strassers Kornbrand. Der Getreidebrand fließt aber nicht durch die Gewürze hindurch, der heiße Dampf umhüllt die Aromen und schließt diese ein.
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Nach einer Stunde rinnt der erste Strahl in ein Glasgefäß. Wer nun den Finger hinhält und kostet, wird erstaunt sein über das reichhaltige Aromaöl. Mit jeder Stunde verändert sich der Geschmack. Einmal steht der Zimt im Vordergrund, dann wieder die Citrusnoten. Am Ende wird der Gin ein homogenes Ganzes ergeben: "Wie lange das Brennen dauert? Ich weiß es nicht. Meistens stehe ich in der Küche und mach es so nebenbei. Vielleicht 18 Liter in gut acht Stunden", schätzt Sven. Wie es weitergehen soll: Ambitionen, ihralkoholisches Sortimentzu erweitern und nicht nur über ihren Online-Shop zu vertreiben, gäbe es. Und viele Träume. In einem dieser Träume vergrößert sich der Garten und an jedem Baumzweig hängt ein Obstschnaps. Darunter picken und gackern Luise und Elfriede. Denn auch sie träumen von einem größeren Refugium.

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