Klimawandel: Europas Winzern drohen Verluste

Weingarten bei Gamlitz.
Die europäische Weinindustrie könnte laut einer aktuellen Studie von der Klimaerwärmung stärker betroffen sein als befürchtet.

Jahrelang gingen Europas Winzer davon aus, dass sie durch den Klimawandel durchaus profitieren könnten. Zwar müssten beispielsweise Österreichs Winzer in höhere Lagen gehen, andere Sorten anpflanzen, früher ernten und mit einem höheren Alkoholgehalt rechnen, aber mit dem Willen zur Veränderung würde sich das Anbaugebiet sogar vergrößern. Ein aktueller Bericht im Wissenschaftsmagazin Temperature sagt der europäischen Weinindustrie allerdings eine düstere Zukunft voraus: Eine leichte Zunahme der Temperatur in den Mittelmeerregionen könnte zu Arbeits-, Produktivitäts- und Wirtschaftsverlusten für die europäische Weinindustrie führen.

Forscher untersuchten die Auswirkungen von hohen Temperaturen auf Arbeitsleistung und Produktivität der Erntehelfer auf Zypern, die bereits jetzt bei Bedingungen von bis zu 36 Grad arbeiten müssen. Sie fanden heraus, dass höhere Temperaturen einen erheblichen Arbeitsverlust von bis zu 27 Prozent zur Folge haben. Die Klimaerwärmung würde negative Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System haben und zu einer verminderten Leistung führen.

Jede Sekunde der Arbeitszeit von Erntehelfern auf Zypern wurde erfasst

Als die Temperaturen anstiegen, verringerte sich die Arbeitsleistung der Arbeiter um 15 Prozent, da sie unregelmäßiger und ungeplant Pause machen mussten. Die Forschungsergebnisse beweisen, dass die Klimaerwärmung Europas Landwirten mit erheblichen Produktivitätsverlusten schaden wird. Laut Forschern hätte diese Entwicklung weltweite Folgen, denn derzeit macht die Weinindustrie 0,2 Prozent des weltweiten BIPs aus.

Die Studienautoren hatten sich für den Weinbau entschieden, weil die Ernte im Gegensatz zu anderen Industrien noch weitgehend von Handarbeit bestimmt wird und die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf die Arbeitnehmer in dieser Branche wohl dramatischer sind. Die Wissenschafter empfehlen umfassendere Studien mit mehr Arbeitnehmern an verschiedenen Standorten duchzuführen, um die volle Wirkung des Klimawandels zu beurteilen.

Die Studie ist die erste ihrer Art in Europa, die die Auswirkungen des Temperaturanstiegs auf europäische Landarbeiter untersucht. Das Forscherteam führte diese im Rahmen eines EU-finanzierten Programms zu den Auswirkungen des Klimawandels ("Heat Shield") durch: Sie wählten zur Bewertung der Arbeitsleistung von sieben Arbeitnehmern eine Zeit-Bewegungs-Analyse, um jede Sekunde während jeder Arbeitsschicht zu erfassen.

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