Genhonig muss raus aus dem Regal

Genhonig muss raus aus dem Regal
Der EuGH sagt der Gentechnik im Honig den Kampf an. Die Kontrollen treffen aber auch heimische Imker.

Mein Bienen-Honig ist rückstandsfrei. Obwohl meine fünf Stöcke ganz nahe an der tschechischen Grenze liegen." Als der Hardegger Imker Hermann Kraus 1959 seinen ersten Honig erntete, hatte in Österreich noch niemand etwas von Gentechnik gehört. Heute gehört Gentechnikfreiheit hierzulande zu den wichtigeren Kaufargumenten.

Der 80-jährige Kraus denkt "nur noch von Jahr zu Jahr". Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Dienstag ein Urteil gefällt, das das Imkergewerbe dauerhaft umkrempeln wird. Honig, der auch nur geringe Mengen an gentechnisch veränderten Pollen enthält, darf ohne neue Zulassung und Sicherheitsprüfung nicht mehr verkauft werden . Einige Experten rechnen sogar damit, dass fast die Hälfte des zum Verkauf angebotenen Honigs aus den heimischen Supermarkt-Regalen verschwinden wird. "Importierter Rapshonig aus Kanada wird ein Problem bekommen", meint Josef Stich, Obmann des Vereins "Biene Österreich". Begründung: "Der Konsument will keine Gentechnik."

Stich hofft nun, dass das EU-Urteil "die derzeitigen Wischiwaschi-Regelungen" beendet. So gelte aktuell ein 15-Meter-Sicherheitsabstand zu gentechnisch veränderten Kulturen. "Pollen fliegen aber viele Kilometer weit." Strenge Kontrollen hätten für die heimischen Imker Vorteile, meint der Bienen-Experte aus Manhartsbrunn, NÖ: "Länder wie China oder Argentinien, die auf Gentechnik in der Landwirtschaft setzen, können sich nicht so schnell umstellen. Doch nicht jeder Honig aus Südamerika oder Asien enthält veränderten Pollen."

Preis-Kapriolen beim Honig erwartet Stich keine, "Ware made in Austria wird nicht teurer, aber der Anteil des billigen Import-Honigs wird wohl abnehmen". Sorgen, dass kein Honig mehr auf den Tisch kommt, müsse man sich bei einer Eigenversorgung von fast 60 Prozent nicht machen.

Sind die Honigproduzenten ganz aus dem Schneider? Imker Dietmar Niessner aus Wien sagt nein: "Für den Einzelnen sind die Honig-Analysen unbezahlbar und existenzbedrohend." Und sie treffen auch die Falschen, denn österreichischer Honig ist zu 100 Prozent gentechnikfrei. Johann Watschka, Präsident des Imkerbunds und Herr über 15 Bienenvölker in Steinakirchen/Forst im Mostviertel will "eine klare Botschaft für die Konsumenten" und fordert generell eine detailliertere Produktkennzeichnung.

Roland Achatz von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit AGES sieht die Entscheidung des EuGHs "ohne große Aufregung". Warum? "Die derzeitige Risikobewertung von gentechnisch veränderten Produkten zeigt ganz klar, dass sie nicht gesundheitsschädigend sind." Der Entscheid sei eine rechtliche und politische Frage.

Imkern ist keine Pensionsbeschäftigung mehr

Genhonig muss raus aus dem Regal

Honig aus der Großstadt? Das gibt es tatsächlich. "Bienen in der Stadt anzusiedeln, boomt derzeit geradezu", sagt Dietmar Niessner. Und das ist kein Modetrend des 21. Jahrtausends, auch wenn derzeit Großstädter in London, New York oder Paris Bienenstöcke auf ihren schicken Dachterrassen und Balkonen ansiedeln. Oder jetzt sogar auf dem Dach der Wiener Staatsoper öffentlichkeitswirksam Bienen beheimatet sind.

Niessner ist im Verein "ImkerInnen Wien-West", der 1920 auf der Schmelz - damals eine unverbaute G'stett'n - gegründet wurde. Insgesamt gibt es acht Imkervereine in Wien. Der "Bienenvater" (so nannte man die Imker früher mancherorts) hat rund 50 Stöcke an mehreren Standorten (Wien und Waldviertel) verteilt. Seit Kurzem auch auf dem Hotel Ibis auf dem Mariahilfer Gürtel.

Die Faszination am Bienenstock packt immer mehr Private. Niessners Anfänger-Kurse in Volkshochschulen sind meist ausgebucht. "Bei vielen ist es die Erinnerung an Opa oder Onkel, die Bienen hielten. Oder sie wollen einen aktiven Beitrag leisten, weil sie immer weniger Bienen wahrnehmen."

War das Imkern früher eher eine Beschäftigung für die Pension, sind die städtischen Jungimker von heute auch an Jahren jung. "Durchschnittlich sind die Leute in meinen Kursen etwa 30 Jahre alt und kommen aus allen Berufsschichten." Und die Bienenhaltung ist weiblicher geworden: "50 Prozent meiner Teilnehmer sind Frauen."

Kommentare