Drei Sieger: Wiens beliebteste Kaffeehäuser

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Es gewannen das Café Ministerium, das Café Falk und das Café Drechsler.

Es war spannend bis zum Schluss. Noch am Wochenende sah das Café Ritter wie der sichere Sieger aus. In einer spektakulären Aufholjagd konnte das Café Falk den vermeintlichen Sieger noch überholen und wurde zum beliebtesten Kaffeehaus in Wien gekürt. „Wenn das Ritter gewonnen hätte, wäre ich im Taxi hingefahren und hätte Herrn Breimaier gratuliert“, sagt Besitzer Wolfgang Falk, der bis zur letzten Minute mitfieberte.

Drei Wochen lang stellten sich 212 Kaffeehäuser in drei Kategorien (Innere Stadt, innerhalb des Gürtels sowie die Bezirke außerhalb des Gürtels) der Wahl zum beliebtesten Kaffeehaus. Mehr als 70.000 Wiener gaben ihre Stimme ab, knapp 10.000 der Klicks kamen in den letzten zwei Tagen. Nun stehen die Gewinner fest.

Unvermuteter Sieger

Mit 23.988 Klicks ist das Café Falk Lieblingscafé in den Bezirken 10 bis 23. Damit gewinnt in dieser Kategorie ein Außenseiter-Lokal, das in der ersten Woche noch nicht einmal unter den besten fünf war. Aber auch Wien-weit ist das Kaffeehaus in der Donaustadt am beliebtesten. Es erhielt drei Mal so viele Stimmen, wie die Gewinner der anderen zwei Kategorien zusammen.

„Ich freue mich so sehr, ich könnte glatt eine Träne rausdrücken“, sagt Falk, als er die KURIER-Urkunde entgegennimmt. „Die wird einen Ehrenplatz bekommen. Mit eigenem Scheinwerfer.“

Im Ottakringer Café Ritter ist man enttäuscht, kurz vor dem Ziel die Führung verloren zu haben. „Aber zumindest haben wir dem Falk den Sieg so schwer wie möglich gemacht“, sagt Claudia Breimaier, Schwester des Inhabers Peter Breimaier.

Für beide Kaffeehäuser wurde am Wochenende noch eifrig geklickt. Die Stammkunden schrieben sich gegenseitig SMS, um sich anzufeuern. „Die Menschen haben sich sogar mit Laptops bei uns im Café getroffen und gemeinsam abgestimmt“, erzählt Breimaier. Mit 22.602 Stimmen liegt der Zweitplatzierte immer noch weit vor den Gewinnern der anderen zwei Kategorien.

Große Freude

Auch im ersten Bezirk konnte ein unbekannteres Kaffeehaus die Wahl für sich entscheiden. Hier gewann das Café Ministerium. „Es freut uns als Außenseiter-Kaffeehaus besonders, diese Wahl gewonnen zu haben“, sagt Besitzer Kurt Tiroch.

In den Bezirken 2 bis 9 wurde das Café Drechsler am Naschmarkt zum beliebtesten Kaffeehaus gewählt. Geschäftsführer Manfred Stallmajer dazu: „So ein freudiges Ergebnis muss natürlich mit einem kleinen Umtrunk mit den Mitarbeitern gefeiert werden.“

Alle Kaffeehaus-Porträts zum Nachlesen.

Touristengruppen trifft man im Café Ministerium kaum an, trotz zentraler Lage im 1. Bezirk. Stattdessen tummeln sich am Georg-Coch-Platz jede Menge gut gekleidete Damen und Herren, die geschäftig auf ihren Laptops und Smartphones tippen. Zwischen der Postsparkasse, dem Regierungsgebäude und der Wirtschaftskammer gelegen, ist das Café Ministerium beliebter Treffpunkt für zahlreiche Beamte.

Auf diese haben die Besitzer Bernadette und Kurt Tiroch ihr Angebot perfekt abgestimmt. Kaffee und Speisen gibt es auch „to go“, W-Lan ist kostenlos und am Abend wird zu einer Happy Hour geladen, zum Entspannen nach der Arbeit. „Etwa 90 Prozent der Gäste sind Stammgäste“, sagt Bernadette Tiroch. „Die meisten brauchen gar nicht mehr bestellen, weil wir genau wissen, was sie wollen“, sagt sie stolz.

Vor 35 Jahren übernahm sie mit ihrem Mann das Kaffeehaus. Seit 55 Jahren ist es in Familienbesitz. Seinen Namen hat das Café auf Grund seiner Lage. Gleich gegenüber lag das ehemalige k.u.k. Kriegsministerium, das heutige Wirtschafstministerium. 1935 wurde das Kaffeehaus in den Räumen einer ehemaligen Eisenwarenhandlung erbaut. Die Kaffeesiederfamilie Schumann eröffnete es als „Familien-Espresso Italien“.

Filmkulisse

Von der langen Geschichte des Hauses, zeugen vor allem Einrichtungsgegenstände, wie eine alte Registrierkasse oder die klassischen Marmortische, die von Beginn an hier stehen. „Wenn die Geschichten schreiben könnten, hätten wir schon einen Bestseller“, meint Bernadette Tiroch. Die roten, plüschigen Bänke machen das Lokal gemütlich.

Die Einrichtung ist so klassisch, dass die Räumlichkeiten des öfteren für TV-Serien wie „Kommissar Rex“ und „Tatort“ herhalten mussten. Gedreht wird wenn samstags und sonntags, dann ist das Lokal geschlossen. „Wir gehen mit den Beamten ins Wochenende“, sagt Bernadette Tiroch.

Nachtschwärmer kennen das Café Drechsler seit eh und je. 1919 wurde es von Engelbert Drechsler eröffnet. Als die dritte Generation der Familie in Pension ging, übernahm Manfred Stallmajer 2007 das Café an der Linken Wienzeile. „Heute ist es ein traditionelles Kaffeehaus, das fit ist für das neue Jahrtausend“, sagt Stallmajer.

Ein klassisches, ein wenig schmuddelig wirkendes Kaffeehaus ist das Drechsler nicht. Die Einrichtung ist zwar zum Großteil alt, aber das Lokal hell und freundlich. „Nur das, was alt und erhaltenswert war, haben wir erhalten. Die Sünden der 70er und 80er mussten raus“, sagt Stallmajer. Kugellampen und Marmortische gehören für ihn trotzdem dazu.

Traditionell sind im Café Drechsler die Speisen, von garnierten Schinkenrollen bis Paprikahendl. Den typisch grantigen Kellner gibt es aber nicht. „Den braucht sowieso keiner“, meint Stallmajer. Beliebt ist die ausladende Theke für den schnellen Kaffee zwischendurch, denn hier ist dieser besonders günstig. Der Espresso kostet „im Stehen“ beispielsweise nur 1,40 statt 2,10 Euro.

DJs statt Klaviermusik

Den langen Öffnungszeiten ist man treu geblieben. Freitags und samstags ist das Café Drechsler mit nur einer Stunde Ruhepause von drei Uhr in der Früh bis zwei Uhr nachts geöffnet. Im Winter legen auch DJs auf. „Statt den Klavierspielern von früher“, meint Stallmajer.

Als „Literatencafé“ wie es der Besitzer bezeichnet ist das Drechsler nicht nur bei Nachtschwärmern, sondern auch bei Schriftstellern und Schauspielern beliebt. Alfred Dorfer ist beispielsweise Stammgast. Sein Lieblingsfrühstück findet man sogar auf der Speisekarte: eine Schinkensemmel, zwei Eier im Glas, Karottensaft, ein großer Brauner und eine Gauloises.

Das Geheimnis dieses Kaffeehauses am Kagraner Platz sei schnell erklärt, so Besitzer Wolfgang Falk: „Hier kann der Herr Doktor mit dem Arbeiter in Ruhe diskutieren , weil beide Rapidfans sind. Bei uns kommen alle möglichen Leute zusammen.“

Seit 1984 leitet Falk das Vorstadtcafé. Ruhetage gibt es keine. Doch das stört ihn nicht. „Für mich ist das nicht Arbeit, sondern Freizeit“, sagt der sportliche Wirt, der drei Mal in der Woche ins Fitnessstudio geht. Unterstützt wird er von seiner Tochter Carina.

Das Café Falk bietet für jeden etwas. Kaffee aus einer kleinen Rösterei in Wien oder eine Partie Karten beim einen oder anderen Bier. Für kulturelle Schmankerl sorgt zwei mal monatlich das Lesetheater im Keller. Von September bis Mai kann man am Wochenende im „Bierstock“ Livemusik genießen .

Besitzer Falk kennt seine Gäste, er weiß um ihre Lieblingsgetränke. Bei der „Hacklermelange“ (von halb sechs bis sieben gibt es Kaffee zum halben Preis) sitzt jeder auf seinem angestammten Platz.

Abend für Abend steht der Wirt hinter der Schank. Geschlafen wird untertags. Sein einziger Urlaub sind zehn Tage Motorradfahren. Vor Kurzem hat er sich zu seiner Harley Davidson noch eine Suzuki Street Biker gekauft. Die beiden Maschinen stehen aber in getrennten Garagen.

„Ich möchte nicht, dass die Harley von der Neuen erfährt“, gesteht Falk und trinkt seinen Espresso.

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