Das letzte Abendmahl - vor drei Millionen Jahren
Die Anthropologin Stefanie Stelzer hat die eine oder andere harte Nuss zu knacken. Sie vergleicht die fossilen Zähne der Vormenschen der Gattung Australopithecus mit jenen von heute lebenden Schimpansen. Die Methode wird oft kritisiert.
KURIER: Wie hat der Speiseplan unserer Vorfahren tatsächlich ausgesehen?
Stefanie Stelzer: Nach der gängigen Vorstellung hatten die frühesten Vertreter der Menschenverwandtschaft relativ kleine, grazile Beißwerkzeuge mit dünnem Zahnschmelz, weil sie weiche Früchte und zarte Blätter verzehrten. Als sich das Klima änderte und der Wald der Savanne wich, trat der Australopithecus auf den Plan, mit riesigen, flachen Backenzähnen und dickem Zahnschmelz, der für harte Nüsse, Samen und Knollen geeignet war. Die Paranthropus-Arten entwickelten sich, um noch härtere Nahrung nutzbar zu machen. In Wahrheit ist der Urzeitspeiseplan komplexer gewesen, als wir bisher angenommen haben. Paranthropus-Arten, das weiß man heute nach Analyse der Abnutzungserscheinungen, haben ihrem Gebiss harte Kost nur dann zugemutet, wenn sie nichts anderes zur Verfügung hatten. Ganz ähnlich wie bei heutigen Affenarten.
Seit Langem wird spekuliert, dass die Neandertaler keine reinen Fleischfresser, sondern flexibler waren, ja sogar Pflanzen nicht verschmäht und sie zubereitet haben. Ist da was dran?
Neuste Studien von Einschlüssen im Zahnstein zeigen, dass Neandertaler nicht nur Pflanzen verzehrt, sondern sie tatsächlich im Vorhinein gekocht haben. Man hat Spuren von Datteln, Hülsenfrüchten, Grassamen gefunden, aber auch Wurzeln und Knollen. Die Zubereitung dieser Speisen muss einige Zeit in Anspruch genommen haben. Das zeigt, dass Neandertaler in der Lage waren, ein breites Nahrungsspektrum für sich zu nutzen.
Wie abgesichert sind diese Befunde?
Die Feinabnützung, auch "microwear" genannt, gibt die letzte Mahlzeit eines Individuums wieder. Das wird oft kritisiert. Man muss bedenken, dass diese letzten Mahlzeiten möglicherweise nicht repräsentativ waren, da der Grund für den Tod vielleicht eine Krankheit oder hohes Alter waren, was wiederum die Wahl der Nahrung beeinflusst hatte.
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