Glücklicher Totalschaden

Über die Tiermutterliebe zum Auto.

Deutsche Forscher haben etwas Interessantes herausgefunden, berichtete die Zeitung Die Welt: Die Beziehung eines Menschen zu seinem Auto kann mindestens so innig sein wie die zu seinem Partner (zumal ja das Auto meistens nicht zurückredet und nirgends seine Socken herumliegen lässt). Mehr noch: Zeigt man Versuchspersonen Fotos von attraktiven Autos, aktivieren sich im Hirn jene Zonen, die sonst bei Sex oder Drogenkonsum an der Arbeit sind.

Daran musste ich denken, als ich kürzlich einen älteren Herren auf der Straße sah, der sein Auto wusch: Sein Gesicht strahlte tiefe Hingabe aus. Zärtlich streichelte er das Blech mit einem Schwamm, wie eine Tiermutter, die ihr Junges sauber leckt. Sein Tun war vollkommen sinnlos, denn es regnete in Strömen – aber das hinderte den Mann nicht daran, glücklich auszusehen.

Als ich ihn beobachtete, verspürte ich die leise Trauer des von solchen Gefühlen Ausgeschlossenen. Autos haben mich nie interessiert. Ich wollte schon als Kind nicht mit Autos spielen, und als meine Freunde im Teenageralter mit glühenden Ohren Automagazine anstarrten, fand ich das ein wenig bizarr. Ich habe seit drei Jahren kein Auto mehr. Ein spontaner Entschluss: Die Werkstätte teilte mir listig mit, dass mein kaum fünf Jahre altes Auto aufgrund diverser defekter (hier unverständliches Technikblabla nach freier Wahl einfügen) leider ein wirtschaftlicher Totalschaden sei, man mir aber zufällig günstig einen Neuwagen ... Ich erklärte dem Werkstattmenschen, er könne sich Neu- und Altwagen sonst wo hin schieben und spazierte autolos davon. Ich habe, obwohl Pendler, diesen Entschluss nie bereut und seither riesige Mengen an Geld, Zeit und Nerven gespart.

Aber wenn ich an den Autowäscher denke: So glücklich möchte ich auch einmal dreinschauen.

Die letzte Vorstellung von Guido Tartarottis Kabarettprogramm "Urlaubsfotos (keine Diashow)":

3. Dezember, 20.00 Uhr, Stadttheater Walfischgasse

www.stadttheater.org

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