Fernverkehr

Das klingt ja recht praktisch und modern: Um miteinander Sex zu haben, braucht es keine echte Begegnung mehr, sondern einfach nur die passende Hard- und Software, die zwei Liebende miteinander virtuell verbindet. Vermutlich ein Vorteil für Paare mit Fernbeziehungen, doch als dauerhaftes Lustkonzept höchst fraglich.

Einst sah ein Vibrator aus wie etwas, mit dem man auf keinen Fall erwischt werden möchte. Die fleischfarbenen Penis-Imitate wirkten, als hätte jemand männliche Geschlechtsteile karikiert: Masturbations-Monster, deren Oberflächenstruktur aussah wie der Unterschenkel eines Menschen mit groben Krampfader-Problemen.

Heute ist der Vibrator ein Prestige- und Zeitgeistobjekt, das daherkommt wie die Steuerung eines Raumschiffs. In den aktuellen Farben der Saison, inklusive klitoralem Musikmix. Moderne Vibratoren sind Hightech-Tools mit USB-Anschluss und wummern in 100 Stimulations-Frequenzbereichen. Von zart bis hart, von piano bis zum ultimativen crescendo, das bis in die Nasennebenhöhlen zu spüren ist. Ich vermute ja, eines Tages wird man sich mit Vibratoren einen 3-D-Orgasmus ausdrucken oder auf den Mars fliegen können.

Aber das ist längst nicht alles. Für die Digital Natives, die es von Geburt an gewohnt sind, die Welt per Knopfdruck, Klick oder über den Bildschirm wischend zu steuern, ist die Technisierung der Erotik nur mehr der logische Schluss. Also wartet ein japanischer Dessoushersteller nun mit einem High-tech-BH auf. Der "True Love Tester" ist eine Art digitaler Keuschheitsgürtel für die weibliche Oberweite, der sich nur dann öffnen lässt, wenn die Herzfrequenz von Herzdame nicht-gespielte Erregung signalisiert. Wie das geht? Die im BH eingebauten Sensoren schicken Informationen zum Puls und zur Herzfrequenz via Bluetooth an ein Handy. Das entschlüsselt, ob das Kribbeln von Madame echt ist. Wer jetzt den Kopf schüttelt: Angeblich gibt’s vorerst eh nur einen Prototyp und keine großen Vermarktungspläne. Wobei ich an dieser Stelle vermerken muss, dass es eigentlich spannender wäre, ein elektronisches Hosentürl zu kreieren. Erst wenn sein Herz und sein Geschlechtsteil auf wundersame Weise synchron schwingen, würde die Hosentor-Ampel auf Grün springen. Dazu eine bitterböse Vermutung: also eher nie.

Aber egal. Fakt ist, dass Handys, Laptops und PCs schon seit Langem als Libidobooster bzw. als verlängerte Geschlechtsteile dienen. Was ganz okay ist, so lange es nicht völlig abgedreht wird. Die neueste Entwicklung scheint mir da ein Grenzgang. Das Begegnungsmodell "Kiiroo" ermöglicht Menschen, Sex miteinander zu haben, ohne dass es dafür direkten Körperkontakt braucht.

Heißt: Keiner muss sich mehr mit mühsamer Nähe plagen oder vor dem Geschlechtsakt schnell einen Minzkaugummi kauen, um gut zu riechen. Lippenstift, Make-up, Duft? Vergessen Sie’s. Eigentlich geht das Ganze auch ungewaschen und in dreckigen Unterhosen. Bei Kiiroo gibt es nämlich Geschlechtsorgan-Imitate, die via Computer und Netz miteinander verbunden sind – den Dildo für sie, den Masturbator für ihn, das ist eine Art Techno-Muschi, die aussieht wie die Installation eines Nachwuchsdesigners. Beide haben dann virtuellen Geschlechtsverkehr – sie, in Voitsberg mit Vibrator, er in Mistelbach mit Masturbator. Für Interessierte: Im Sommer soll das Techno-Tête-a-Tête-Set auf den Markt kommen. Ein eigenes Social Network für diese Form fleischloser Erotik planen die Entwickler von Kiiroo ebenfalls.

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