Oldtimer Rallye: Das große Rennen

Sölkpass, Steiermark, Österreich (Austria): 24. Ennstal-Classic
Oldtimer-Rallyes sind Kult. Und zu den legendärsten gehört die Ennstal Classic in der Steiermark. Die freizeit machte sich auf, um das Geheimnis dieser Faszination zu lüften – und kletterte dafür auf den Beifahrersitz historischer Porsche-Rennautos. Unterwegs im rollenden Mueum

Wenn ich sage spring, dann springst du raus!“, sagt der amtierende Le-Mans-Sieger Neel Jani und drosselt das Tempo. Ausgerechnet hier – neben der Straße geht es steil in die Tiefe. Gerade noch fuhren wir über Berg und Tal der schönen Steiermark. Dann plötzlich kaum merkbarer Benzingeruch in dem legendären Porsche 550 Spyder. Soll es so zu Ende gehen? In dem Rennwagen, den James Dean einst fast zärtlich „My little bastard“ nannte?

Oldtimer Rallye: Das große Rennen
28.07.2015, Sölkpass, Steiermark, Österreich (Austria): 24. Ennstal-Classic, Geolyth-Prolog, Sölkpass. Im Bild Christian Deneke und Stefanie Deneke, DE, MG A Coupé MK I Bj. 1957 und Neel Jani und Malcolm Thorne, DE, Porsche 550 Spyder Bj. 1954. (c) Ennstal-Classic / Martin Huber

„Das erste Mal kannst du nichts richtig machen“

Aber beginnen wir von vorne und drehen die Zeit um 24 Stunden zurück. Zum Start einer besonderen Mission. Als Teilnehmerin an der Ennstal Classic, Österreichs wichtigster Oldtimer-Rallye, bei der sich jedes Jahr gut 200 geschichtsträchtige, teure und exotische Automobil-Pretiosen in Bewegung setzen. 2017 wird das Event sein 25-jähriges Jubiläum feiern. Mehr als 800 Kilometer legen die Teams zurück. Dazu kommen Sonderprüfungen, für die es Stoppuhren, Taschenrechner und Ehrgeiz braucht. Rasch wird klar: Es gibt zwei Lager von Teilnehmern. Jene, die den Wettkampf ernst nehmen und jene, die Spaß haben und die Atmosphäre genießen wollen.

Oldtimer Rallye: Das große Rennen
Ennstal-Classic / Werner Luidolt

Unzertrennliche Teams

Mein Part ist, als Novizin die Rallye zu begleiten. Im fliegenden Wechsel als Beifahrerin an der Seite der Stars des Porsche-Rennteams. In Autos, die direkt aus dem Werksmuseum in Stuttgart kommen. Eine Ausnahme, denn normalerweise sind Fahrer, Beifahrer und Auto drei Tage lang ein unzertrennliches Team. Die Ennstal Classic ist die beste Gelegenheit, um die rollenden Schätze auszuführen. Diese müssen nicht nur gepflegt, sondern bewegt werden, um am Laufen zu bleiben: Der Sunbeam Supersports, das älteste Auto am Start aus dem Jahr 1927, ebenso wie das teuerste in der Rallye und der Welt, ein roter Ferrari 250 GTO. Sein Wert: 35 Millionen Dollar. Wenn bei der Rallye alles gut läuft, war der Fahrer super, wenn nicht, dann ist der Beifahrer schuld. Diese Weisheit erzählt einem jeder, der mitbekommt, dass hier eine Anfängerin an Bord ist. Sätze wie „Das erste Mal kannst du nichts richtig machen“, sollen trösten, „Vergiss die Prüfungen, schau einfach, dass ihr nicht verloren geht“ Druck rausnehmen.

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28.07.2016, Mauterndorf, Salzburg, Österreich (Austria): 24. Ennstal-Classic, Geolyth-Prolog, Mauterndorf im Lungau. Im Bild Ralf Klaus und Knut Möller, DE, Talbot London 90 AV Bj. 1933. (c) Ennstal-Classic / Martin Huber

Wie liest man ein Roadbook?

Ex-Formel-1-Star Mark Webber lächelt smart zu uns rüber. Falls der 550 Spyder nicht in die Luft fliegt, werde ich in der letzten Etappe neben ihm sitzen. Get lost with Mark Webber, auch eine Möglichkeit. Jedes Team braucht einen Wegstreckenzähler und ein Roadbook, das Kilometerangaben, Richtungspfeile und Bildchen enthält. So genannte Chinesenzeichen, das drückt gut aus, was einen im ersten Moment umtreibt: Die Roadbook-Welt scheint nicht entzifferbar. Ich lerne: Jede Seite wird von unten nach oben gelesen. Bei Kilometer 22,67 die Brücke links liegen lassen, halbrechts vorbei. Dann bei 25,90 an der Vorfahrtsstraße wieder rechts und 2,45 Kilometer später links. Ohne Tripmaster, so nennt man den Wegstreckenzähler, keine Chance. Und unserer hängt.

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28.07.2015, Sölkpass, Steiermark, Österreich (Austria): 24. Ennstal-Classic, Geolyth-Prolog, Sölkpass. Im Bild Fritz Enzinger und Annemarie Josef, AT, Porsche 356 Coupé Bj. 1954. (c) Ennstal-Classic / Martin Huber

Bloß kein Stress

„Wir gehen es locker an. Kein Stress“, sagt Porsche Rennchef Fritz Enzinger, als ich nervös im Roadbook blättere. Wir sitzen in einem 356 Coupé mit 55 PS, der gerade noch im Museum in Stuttgart stand. Der 356 ist das erste Serien-Modell von Porsche. Klang, Fahrgefühl und Aussehen erinnern irgendwie an einen VW Käfer. Und sofort entstehen Bilder im Kopf vom ersten eigenen Auto, der ersten Fahrt. Als es weder Zentralverriegelung, Klimaanlage, ABS oder Airbag gab. Und die marode Schüssel immer ein bissl angeschoben werden musste.

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Honorarfreie Veröffenltichung nur im Zusammenhang mit Porsche/Ennstal Classic weitere Veröffentlichungen müssen vorher abgeklärt werden unter: Katja Leinweber Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG Presse und Öffentlichkeitsarbeit Porsche Museum und historische Öffentlichkeitsarbeit Koordinatorin Internationales Projektmanagement + PR Porscheplatz 1 70435 Stuttgart - Germany Telefon: +49-711-911-28894 Fax: +49-711-911-21356 E-Mail: katja.leinweber@porsche.de

"Like a kid in a candystore“

"Wie ein Kind im Zuckerlgeschäft", wird Mark Webber noch am selben Abend über seine Oldtimerfahrt mit dem Porsche 718 RS 60 auf Facebook posten. Genau so fühlt es sich an, hier zu sein. Inmitten der liebevoll restaurierten historischen Raritäten. Nach der engen Kurve geht es steil bergauf. Fritz Enzinger greift auf der Suche nach dem Schaltknüppel ins Leere. Der erste Gang befindet sich weit vorne. Sehr weit vorne. Fotografen liegen am Wegesrand, um den Schuss im perfekten Winkel, im perfekten Licht und in perfekter Kulisse zu machen. Familien haben ihr Frühstück morgens um sieben vor die Haustür verlegt, jubeln uns zu. Enzinger lacht, kurbelt das Fenster runter, winkt zurück. Begeisterte Menschen am Straßenrand feuern einen nicht nur an, sondern sind auch der beste Hinweis dafür, dass man noch richtig ist. Wir haben uns an einen dunkelgrünen Lancia Aurelia gehängt, dessen Beifahrer scheinbar optimal mit dem Roadbook umgehen kann, cruisen eine gute Weile hinterher. Danke, Lancia Aurelia!

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28.07.2016, Mauterndorf, Salzburg, Österreich (Austria): 24. Ennstal-Classic, Geolyth-Prolog, Mauterndorf im Lungau. Im Bild Maximilian Gessler und Claudia Gessler, AT, VW Karmann Ghia Coupé Bj. 1971. (c) Ennstal-Classic / Martin Huber

Besser nicht immer hinterher

Schlafwagenfahrer nennt man jene, die sich an andere Autos hängen, erfahre ich in einer der Pausen. Sie verlassen sich darauf, dass der Vordermann den richtigen Weg findet. Das kann aber auch schief gehen, ganze Kolonnen wurden schon gesichtet, die falsch abgebogen sind. Da können Tipps von erfahrenen Teams helfen. „Hier, schauen Sie“, ein Herr mit weißen Handschuhen, englischem Oldtimer-Modell und attraktiver Beifahrerin, schlägt eine Seite im Roadbook auf, „da gibt es einen kleinen Weg zwischen zwei Häusern. Genau da müssen Sie durch, obwohl es so wirkt, als gehe es da gar nicht weiter.“

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28.07.2015, Sölkpass, Steiermark, Österreich (Austria): 24. Ennstal-Classic, Geolyth-Prolog, Sölkpass. Im Bild Norbert Vonlanthen und Thomas Hofer, CH, Peugeot 2003C Bj. 1955. (c) Ennstal-Classic / Martin Huber

Das Gehirn schaltet auf Heile-Welt-Modus „Das ist wie Urlaub in der Heimat“, sagt Enzinger und deutet mit dem Kinn zur Windschutzscheibe hinaus. „Schau dir das an!“ Saftige Wiesen, weidende Kühe und aufpolierte Oldtimer – hinter jeder Kurve wartet eine neue kitschige Kulisse. Das Gehirn schaltet auf Heile-Welt-Modus. Der zwischen München und Stuttgart pendelnde Porsche-Rennteamchef Fritz Enzinger kommt ursprünglich aus Oberwölz, auch hier führt die Rallye durch. 2011 hat er für Porsche das Projekt LMP1 (Le Mans Prototyp1) aufgebaut und gleich Siege eingefahren. Eine Sensation! Auch die Steirer sind stolz auf ihn, freuen sich besonders, wenn er durch ihren Ort fährt. „Jetzt gilt es, diese Erfolge zu halten“, sagt er ruhig und grüßt ein paar begeisterte Buben am Wegesrand. Der Bürgermeister selbst wird ihn später willkommen heißen, wenn er gemeinsam mit dem aktuellen Le-Mans-Sieger Neel Jani durch Oberwölz fährt. Außerdem im Begrüßungskomitee: Enzingers Ehefrau und Labrador-Hündin Emma.

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Honorarfreie Veröffenltichung nur im Zusammenhang mit Porsche/Ennstal Classic weitere Veröffentlichungen müssen vorher abgeklärt werden unter: Katja Leinweber Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG Presse und Öffentlichkeitsarbeit Porsche Museum und historische Öffentlichkeitsarbeit Koordinatorin Internationales Projektmanagement + PR Porscheplatz 1 70435 Stuttgart - Germany Telefon: +49-711-911-28894 Fax: +49-711-911-21356 E-Mail: katja.leinweber@porsche.de

Drei-Uhr-neun-Uhr-Stellung

Die Hände hat Fritz Enzinger immer in Drei-Uhr-neun-Uhr-Stellung am Lenkrad, wie man es in jedem Fahrsicherheitstraining lernt. Auch der amtierende Langstreckenweltmeister Mark Webber, der sich die Rolle als Beifahrer gar nicht vorstellen kann, und Le-Mans-Gewinner Neel Jani, der während der Fahrt Essen und trinken kann, ohne die Hände vom Steuer zu nehmen, halten es so. Gerade rauscht Neel mit dem „little bastard“ und einem Journalistenkollegen am Beifahrersitz an uns vorbei. Mit dem Spyder ist übrigens alles in Ordnung, der Benzingeruch kam nicht wieder.

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29.07.2016, Aigen im Ennstal, Steiermark, Österreich (Austria): 24. Ennstal-Classic, Artcurial-Marathon, Schloss Pichlarn, Check mit Ausschank von alkoholfreiem Bier der Paulaner Brauerei München. Im Bild Hans-Jörg Holleis und Günter Holleis, AT, Jaguar SS 100 Bj. 1938 bei der Auffahrt zum Schloss. (c) Ennstal-Classic / Martin Huber

"Are you okay?"

Letzte Etappe des Marathons an der Seite von Ex-Formel-1-Star Mark Webber. Vorbei an Fotografen und Autogrammjägern gelingt gerade noch rechtzeitig der Einstieg in den Porsche 718 RS 60 Spyder – der holte 1960 bei den 12 Stunden von Sebring den ersten Porsche-Gesamtsieg in den USA. Schnell auf das Roadbook konzentrieren und in bewährter Schlafwagenmanier Rennfahrer-Legende Hans-Joachim Stucks Carrera Abarth hinterher. „Are you okay?“, fragt Mark Webber, der bei Oxford in England lebende Australier, schon nach den ersten Metern. Höchstens an der Windschutzscheibe gibt es Halt, immer wieder kippe ich wie ein Sack Kartoffeln in seine Richtung. Mark gibt Gummi im Kurvenparadies. Dann versuche ich die Kurven endlich sportlich zu nehmen – und das Ganze fühlt sich an wie eine Motorradtour. Das passt: Webber ist ja ein Fan der MotoGP, der Königsklasse der Motorrad-WM.

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29.07.2016, Aigen im Ennstal, Steiermark, Österreich (Austria): 24. Ennstal-Classic, Artcurial-Marathon, Schloss Pichlarn, Check mit Ausschank von alkoholfreiem Bier der Paulaner Brauerei München. Im Bild das Stempeln am Check-Point. (c) Ennstal-Classic / Martin Huber

"That's nice"

Wir kommen in die Gegend von Windischgarsten, Unterlaussa, Rosenau, Spital am Pyhrn. Mark, die ganze Zeit hochkonzentriert, wird gesprächig: „That’s nice, wow!“ Und er fasst einen Entschluss: „Ich würde gerne mit meiner Frau oder meinem Vater die Rallye fahren.“ Als wir am Ziel in Schladming ankommen, wird es Zeit für den Rennstar. Noch schnell ein paar Autogramme und Selfies, dann muss er weiter mit dem Hubschrauber zum nächsten Termin. Aber nicht ohne sich höflich zu verabschieden. Dass ich ihn auf den letzten Metern fast in eine Tiefgarage navigiert habe, darüber lächelt er übrigens einfach großzügig hinweg.

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