Grunge: Wild Thing

Grunge: Wild Thing
Fashionrevivals haben einen großen Vorteil: Man fühlt sich stylemäßig sofort geborgen. Ob Couture oder Billigmode, Promis oder Streetstyler, die Modewelt fährt zurzeit auf Nirvanas Mir-doch-wurscht-Look der Neunziger ab. Das wiederum beschert uns unendlich viele Shopping- und Styling- möglichkeiten. In allen Preis-klassen.

Grunge ist kein Trend, sondern Statement und Lebensgefühl. Forever young, trotzdem erwachsen geworden und reifer. Und aus dem zusammengewürfelten Schmuddellook der Generation X ist plötzlich so richtig schicke Mode geworden. Dabei war der Grungestyle ursprünglich eher nachlässig als lässig. Strähnige Haare, karierte Arbeitshemden, Schlabberlooks aus dem Secondhandshop, man bemühte sich gar nicht erst um Styling, sondern kam einfach so daher, frei nach dem Nirvana-Hitmotto „Come as you are“. Das waren die Nineties.

2013 ist das grungige Styling ziemlich aufwendig: Die Haare sind nicht fettig, sondern mit Wetgel stundenlang bearbeitet, die Boots pseudoabgetreten, aber dafür von Luxuslabels, die Löcher in den Strumpfhosen liebevoll platziert, die Materialien fast schon luxuriös, die Karohemden aus Kaschmir und gebügelt. Kurt Cobain dreht sich wahrscheinlich im Grab um. Wichtigstes Accessoire trotz allem: diese gewisse „Scheiß mir nix“-Attitude, die Mode und Musikstil anhaftet.

Gehen diese Saison oft Hand in Hand. Karos werden mit Tweed und Leder kombiniert und sogar mit Perlen statt Nieten. Wem’s gefällt.

Verwischte Kajalaugen, Pigmentbrösel in Schiefer- und Asphalttönen am Unterlid, dazu Haare im Wetlook. Passend zu den rebellischen Designerlooks herrscht auch bei Visagisten und Hairstylisten gepflegte Anarchie. Dem Lidschatten wird hier noch dazu ein Tupfer durchsichtiges Lipgloss beige- mischt oder am Ende auf die Lider getupft

Keine Angst, der Nasseffekt kommt nicht aus der Wasserleitung, sondern aus der Tube. Köpfe, die aussehen wie direkt aus der Dusche, in Kombination mit den neuen kostbaren Stoffen – ein spannender Bruch und in ihrer Ungezwungenheit sehr elegant. Der extrem tief gesetzte Seitenscheitel und die quer über die Stirn gelegten Haarsträhnen sind vielleicht etwas gewöhnungs-bedürftig. Ohne Kajal kein Grunge-Glam. Color Riche Le Smokey in 201 Black Velour von L’Oréal Paris.

Grunge (dt. Schmuddel, Dreck) ist eine Stilart der Rockmusik, die Mitte der 1980er in Seattle entstand und deren Anfänge in der US-Undergroundszene lagen. Durch Bands wie Nirvana, Pearl Jam, Soundgarden, Alice in Chains wurde Grunge zum (Mainstream-)Phänomen. In der Mode übersetzte man „Grunge“ mit „Schmuddellook“, gedacht als Protest gegen die etablierte Fashionszene. Die hat den anarchischen Stil der Seattle-Szene allerdings sofort begeistert ins Herz geschlossen, was damals wiederum das eigentliche Ende von Grunge bedeutete. Aber weil in der Mode alles irgendwann einmal wiederkehrt, tragen wir also diesen Herbst wieder Karo zu Blümchen, Leo zu Karo, Schichtenlook, Wollmützen und alte Bikerboots.

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