Griechenland

Riesenjachten, elegante Frauen, Luxus bis zum Abwinken – Griechenlands Hautevolee ist ganz groß im Geldausgeben, während ihr Land mehr und mehr in die Armut abgleitet. Das war schon immer so: Bereits in den Fünfzigern galten die griechischen Reeder und Tycoons als Inbegriff von Verschwendungssucht und Protzerei. Ein Blick zurück in eine Zeit, als Namen wie Onassis und Niarchos die Gesellschaftsspalten beherrschten.

„Sie sitzen auf dem größten Penis der Welt“, ließ der kleine Mann die große Diva wissen. Er: Aristoteles Onassis, der reiche Reeder, der seine müden Augen mit den dunklen Ringen hinter charakteristischen Brillen mit extrabreiten Bügeln versteckte. Sie: Greta Garbo, die Göttliche. Schauplatz des Geschehens: Onassis’ Jacht Christina O. Deren Herzstück war Ari’s Bar mit den weiß überzogenen Barhockern. Die Überzüge waren aus den Vorhäuten von Walpenissen gefertigt. Doch damit nicht genug, die Theke war aus dem Holz einer gesunkenen spanischen Galeone gefertigt, die Griffe und Fußstützen waren aus den Zähnen von Killerwalen.Die Kluft zwischen Arm und Reich klaffte in Griechenland schon in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts extrem weit – nicht anders als heutzutage.
Das 99 Meter lange Schiff jedenfalls, mit dem sich der Reeder seinen Lebenstraum erfüllte, bot allen erdenklichen Luxus. „Ich bin verliebt in dieses Schiff wie ein Schulbub“, sagte Onassis einmal. Es gab darauf einen Hubschrauberlandeplatz, ein Wasserflugzeug war an Bord und auch ein bis zu 100 km/h schnelles Boot für bis zu sechs Personen stand zur Verfügung. In den Badezimmern glänzten Marmor und Gold. Auch für damalige Zeiten modernste Technik ließ Onassis in die ehemalige Fregatte, die er 1934 zum Schrottpreis von 34.0000 Dollar erworben hatte, einbauen. Der Boden des Pools, mit einem minoischen Mosaik verziert, konnte per Knopfdruck angehoben werden – so entstand eine Tanzfläche. Im Musikzimmer stand ein gut fixierter Konzertflügel. Und ein Flugzeug lieferte täglich frische Delikatessen.

Die teilte Onassis gern mit prominenten Gästen aus Politik und Kunst. Winston Churchill war insgesamt acht Mal an Bord der Christina O, saß mit Zigarre und finsterem Blick am Pool, sah den anderen beim Plantschen zu und langweilte sich. Für Onassis, der nach dem Motto „Umgib dich mit geschätzten Gästen, dann wirst du selber geschätzt“ lebte, war der britische Staatsmann „der dickste Fisch im Netz“. Liz Taylor vergnügte sich mit Richard Burton vor dem offenen Kamin, Grace Kelly wurde von einer Wespe gestochen, Marilyn Monroe, Frank Sinatra, Jugoslawiens Tito und JFK waren auch an Bord.
Wilde Feste, tolle Partys und große Affären spielten sich auf der Jacht ab. Zum Beispiel die zwischen „Ari“ und der Operndiva Maria Callas, die mit ihrem Ehemann zu Gast war. Nach dem Bootstrip ließ sich die Callas scheiden und Onassis trennte sich von seiner Ehefrau Athina. Die Sängerin und der Milliardär waren das Lieblingspaar der Society, die Affäre dauerte gut sieben Jahre. Doch als der Stern der Operndiva sank, verlor Onassis das Interesse an ihr und angelte sich 1968 Jackie Kennedy, die Witwe des ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy. Ort der Trauung: die Christina O.

Was immer Onassis tat, tat er auch, um seinen lebenslangen Konkurrenten Stavros Niarchos auszustechen. Die Parallelen im Leben der beiden Tycoons waren unübersehbar. Sowohl Onassis, Jahrgang 1906, als auch Niarchos, geboren 1909, machten ihr Vermögen mit Tankern, Öl und Casinos. Beide Männer – klein vom Wuchs und umso größer im Ego – heirateten Töchter des griechischen Reeders Stavros Livanos und ließen sich wieder scheiden. Niarchos kaufte in den 1950ern die Insel Spetsopoula im Saronischen Golf, 1963 erwarb Onassis Skorpios im Ionischen Meer. Niarchos schipperte mit dem Dreimastschoner Creole auf dem Mittelmeer, sie war die größte Privatjacht der Welt. Onassis schlug mit der Christina O zurück. Niarchos hatte 35 Mann Besatzung, Onassis 50, die 42 Telefone an Bord der Creole übertrumpfte Ari mit dem ersten schwimmenden Fernschreiber ... Und auch bei den Gästen auf seinem Luxusschiff ließ sich Kunstsammler Niarchos, der Gauguins, van Goghs, Goyas und El Grecos sein Eigen nannte, nicht lumpen: Die Windsors waren da und auch die Mutter aller Klatschjournalisten, Elsa Maxwell. Dennoch blieb Niarchos zeitlebens die Nummer Zwei hinter Onassis.

Manche der superreichen Hellenen konnten mit der Protzerei der beiden Reeder jedoch nur wenig anfangen und blieben lieber im Hintergrund. Einer von ihnen: Stavros Livanos. Im Business war er mit seinem Schiffsimperium Rivale von Niarchos und Onassis, privat war er beider Schwiegervater. Onassis’ erste Frau Athina war eine Livanos-Tochter, Niarchos’ erste Frau Eugenia ebenfalls. Geheiratet wurde übrigens kreuz und quer: Nach ihrer Scheidung von Ari ehelichte Athina George-Spencer Churchill, den 11. Duke von Marlborough und Großneffen von Winston Churchill. Und in dritter Ehe nahm sie schließlich Stavros Niarchos zum Mann.
Giannis Latsis, genannt „Captain John“, scheute ebenfalls das Licht der Öffentlichkeit. Er machte sein Geld mit Ölraffinerien, Schiffen und im Baugeschäft. Auf seiner Luxusjacht Alexandros versuchte Prinz Charles seine Ehe mit Diana zu kitten, später verbrachte er dort mit Camilla seinen Urlaub, ebenso wie Marlon Brando und die Bush-Familie. Im Vergleich zu den anderen Superreichen war Latsis Senior allemal ein Guter: Nach dem verheerenden Erdbeben in Griechenland 1986 stellte er sein Kreuzfahrtschiff Marianna 900 Obdachlosen als Bleibe zur Verfügung.

Aber auch die Nachfahren der großen Tycoons treiben es wie die Alten: Paris Latsis etwa, der Enkel von „Captain John“, war eine Zeit lang der Verlobte der schrillen Hotelerbin Paris Hilton. Paris und Paris also. Genauso wie Niarchos-Enkel Stavros Niarchos III., der ebenfalls kurzfristig mit dem Töchterl aus der Hoteliersfamilie liiert war.
Das Onassis-Vermögen fiel indes seiner Enkelin Athina zu. Die heute 30-Jährige reüssiert als Springreiterin und lebt ansonsten zurückgezogen. Für die Insel Skorpios, von wo die Asche der Callas ins Meer gestreut und wo die Kinder von Onassis bestattet wurden, gab es zahlreiche Interessenten, unter ihnen Bill Gates und Giorgio Armani. Doch laut Testament darf sie nicht verkauft werden. Nun soll sie für 100 Jahre an Jekaterina Rybolowlewa, die Tochter des russischen Milliardärs Dmitri Rybolowlew, verleast worden sein. Und die Christina O ist auch noch auf den Weltmeeren unterwegs, mittlerweile für jedermann mit dem nötigen Kleingeld zu chartern. Sie bietet bis zu 30 Passagieren Platz und kostet 65.000 Euro. Pro Tag.

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