Willkommen in Wien

Willkommen in Wien
1.400 Schritte und Schlange stehen am Flughafen Wien: vom Gate 29 bis zur Gepäckausgabe

Ich gehe, nein, ich bleibe sitzen. Im Flugzeug der „Austrian“ dudelt der Donauwalzer, die Chefin der Besatzung hat uns gerade „Willkommen in Wien“ gewünscht, „einen schönen Tag oder eine gute und sichere Weiterreise“, und wie immer drängt irgendwer, weil er es ausgerechnet jetzt besonders eilig hat, von ganz hinten nach ganz vorne und bemerkt nicht, dass sein Rucksack Bodychecks und Ohrfeigen austeilt, vor denen ich im Sitzen besser verschont bleibe.
Als ich dann doch noch gehe – durch die leeren, verschmuddelten Reihen des Flugzeugs, die das erbarmenswürdige Personal gleich wieder einmal reinigen muss –, durch die Schleuse, die mich hinüber zum Terminal drei des Flughafens Wien bringt, schließlich hinein ins Innere des schwarzgläsernen James-Bond-Bauwerks, frage ich mich wieder einmal, welcher Teufel die Planer dieses Flughafens geritten hat, als sie dieses Durcheinander an Ebenen schufen und ein Leitsystem, das exakt das Gegenteil von intuitiv ist.
Zum wahrscheinlich hundertsten Mal erlebe ich, wie frisch gebackene Wienbesucher, das erwartungsvolle Lächeln noch strahlend im Gesicht, nicht glauben können, dass sie jetzt nicht geradeaus in den lichtdurchfluteten Terminal gehen sollen, sondern über eine unterdimensionierte, schmalschultrige Rolltreppe hinauf in einen schmucklosen Isolationsschlauch, den entlang sie ihren Trolley ewig lang Richtung Passkontrolle oder Gepäckausgabe manövrieren müssen.
Es ist der Moment, in dem der Ausdruck positiver Erwartung ersatzlos aus dem Gesicht der Menschen fällt, die zum ersten Mal dem Leitsystem des Wiener Flughafens ausgeliefert sind, und einer groben Verunsicherung Platz macht: Kann das stimmen? Sind wir hier richtig? Oder marschieren wir direkt zur Kerosinwiederaufbereitung?
Ich gehe den Schlauch gefasst entlang. Es macht mir Freude, nach der Zeit, die ich beengt in der Economy der Austrian eingequetscht war, wieder ein paar Schritte zu machen, deshalb weiche ich auch dem ewig langen Fahrsteig aus, der den Weg bis zum Ausgang kürzer machen soll. Ganz selten übrigens, dass ich dabei langsamer bin als die Fluggäste, die sich maschinell beschleunigen lassen. Denn es finden sich immer zwei Menschen, die es ruhig angehen – sie müssen sich, weil sie im Flugzeug so gedrängelt hatten, ein bisschen ausruhen – und nebeneinander im Schlendertempo den Flaschenhals des Menschenstroms verstopfen.
Ich eile dann mit Klugscheißerlächeln im Gesicht zu Fuß vorbei: vergebens. Denn dort, wo sich die Schläuche treffen, um schließlich über zwei Ebenen hinunter zur Gepäckausgabe zu führen, befindet sich die ultimativ falsch dimensionierte Dualrolltreppe (zu der es keine Stiege als Alternative gibt). Du stehst zwangsläufig im Stau und siehst, wie die Sekunden, die dir möglicherweise auf das Erreichen des City Airport Trains fehlen, gnadenlos verstreichen.
In den Gesichtern der Wien-Novizen erkenne ich spätestens jetzt fundamentale Verwirrung: „Flughafen können sie also nicht. Hoffentlich ist der Rest besser.“
Doch, sage ich dann. Der Rest ist besser, viel besser.

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