Die wahre Chefin von 007

Die Bond-Bossin: Filmproduzentin Barbara Broccoli. Der FREIZEIT gaben sie und ihr Stiefbruder, Co-Produzent Michael Wilson, ein Exklusiv-Interview

Freizeit: Seit „ Spectre“ wissen wir: Bonds gefährlichster Gegenspieler ist ein Österreicher namens Oberhauser, gespielt von Christoph Waltz. Überschätzen Sie da Österreich nicht ein wenig?
Barbara Broccoli: Das sollten die Österreicher nicht persönlich nehmen (lacht). Die Figur des Franz Oberhauser findet sich in einem von Ian Flemings Büchern. Wir haben einen Sohn dazu erfunden. Fleming selbst hatte ja eine sehr starke Beziehung zu Österreich. Seine Mutter hatte ihn mit 21 in eine Privatschule nach Kitzbühel geschickt, weil er aus britischen Eliteschulen wie Eton geflogen war. Wir gingen dennoch nicht nach Kitzbühel, sondern nach Sölden, um „Spectre“ zu drehen. Oberhauser war eine wichtige Figur in Bonds Leben, von der er sagt: „Er war eine Art Vater für mich, als ich einen brauchte.“ Das war unsere Inspiration.

Wie waren die Dreharbeiten in Österreich?

Eine Herausforderung. Wir kannten Österreich ja schon von früheren Bond-Filmen, aber die Action-Szenen waren extrem schwierig zu drehen und wir brauchten sechs Wochen. Das Wetter ist immer ein Problem. Brauchst du Schnee, ist keiner da, brauchst du ihn nicht, schneit es wie wild. Aber irgendwie haben wir’s geschafft. Wir hatten enorme Unterstützung von Jack Falkner in Sölden.

Dennoch haben sie das gesamte iceQ nachgebaut. Weshalb?

Ja, das war notwendig. Wir haben aber auch die Londoner Westminster Bridge, die am Ende von „ Spectre“ eine wichtige Rolle spielt, im Studio nachgebaut.

Was war der schwierigste Teil bei der Produktion von „ Spectre“?

Michael Wilson: Schon ein neues Drehbuch nach „Skyfall“ war eine echte Herausforderung. Auch Sam Mendes noch einmal als Regisseur zu bekommen, war schwierig. Die Logistik für die Drehorte zu organisieren, erwies sich als eine Mega-Aufgabe. Und die Eröffnungssequenz in Mexiko, wo wir 1.500 Statisten in Kostüme steckten, war fast wie ein eigener Film.

Die Helikopter-Szenen in Mexico City sehen atemberaubend gefährlich aus. Waren sie es auch?
Broccoli: Wir hatten mit Chuck Aaron einen großartigen Helikopter-Piloten. Aber wir haben die Szenen natürlich gedreht, als niemand auf dem Platz war und das dann per Computer mit den Menschenmassen gemixt.

Sie beide produzierten alle Bond-Filme seit „Golden Eye“ gemeinsam. Gibt es da nicht öfters Krach?

Wilson: Wir sind Bruder und Schwester, natürlich streiten wir häufig. Aber nicht über Filme. Über andere Themen wie zum Beispiel Religion. Aber Barbara hat immer recht. Fragen Sie sie!

Sie beide verbringen Ihr Leben mit James Bond. Wie ist das so, mal abgesehen von dem vielen Geld, das die Filme einspielen? Bei „Skyfall“ waren es ja beträchtliche 1,1 Milliarden Dollar weltweit.
Es ist ein großartiges Leben. Kann ich nur empfehlen. Es ist spannend. Man lernt tolle Menschen und aufregende Orte auf dieser Welt kennen.

Würden Sie gerne den echten James Bond kennenlernen?

Broccoli: Das wäre spannend. Aber im Ernst: Wir haben ja schon echte Geheimagenten getroffen und auch die Chefs des britischen Secret Service, den wahren M also. Die sagten uns, ihre Mitarbeiter beschwerten sich darüber, dass sie nicht dieselben Goodies bekämen wie 007 – kein Champagner, keine Aston Martins und kein unlimitiertes Spesenkonto.

Wie finden Sie Bonds Benehmen gegenüber Frauen?

Das hat sich stark gebessert und die Frauen sind interessanter geworden. In „Spectre“ spielt Léa Seydoux die Figur der Madeleine Swann. Anders als die meisten früheren Bond-Girls hat sie auf Bond großen Einfluss. Wegen ihr beginnt er, sein Leben in Frage zu stellen.

Sie sagten einmal, bis zum Alter von sieben Jahren glaubten Sie, James Bond gäbe es wirklich.

Na ja, die Eltern redeten die ganze Zeit von ihm, da dachte ich, das sei irgendein Verwandter. Aber in unserem Alltag ist er das ja auch in gewisser Weise. Er prägt unser Leben.

Wenn Sie auf alle Bond-Filme zurückblicken, welcher war für Sie persönlich der beste?

Ich habe Lieblingsfilme mit jedem Bond-Darsteller. Sean Connery war am überzeugendsten in „Liebesgrüße aus Moskau“, George Lazenby hatte ja nur einen Film, also „Im Geheimdienst seiner Majestät“. Roger Moore war großartig in „Der Spion, der mich liebte“, Timothy Dalton in „Der Hauch des Todes“, Pierce Brosnan in „Golden Eye“ und bei Daniel Craig mag ich alle vier Filme.

Welche drei Dinge würde James Bond niemals tun?

Er würde sich niemals bestechen lassen, nie illoyal gegenüber seinem Land und der Königin sein, und nichts nur zu seinem persönlichen Vorteil tun.

In den Filmen gibt es aber sehr viele Product Placements ...

Das klingt etwas anrüchig. Sehen Sie, wir wollten zum Beispiel in „Spectre“ die spektakulärste Autoverfolgungsjagd drehen, die möglich ist. Was braucht man dafür? Autos natürlich, viele Autos. Wir gingen zu Aston Martin und sie bauten uns zehn handgefertigte Sportwagen. Ohne Kooperation mit einer Autofirma hätten wir keine derart spektakulären Autojagd-Sequenzen drehen können. Es gibt langfristige Verträge, zum Beispiel mit Omega, deren Uhren seit vielen Jahren in den Bond-Filmen vorkommen, mit dem Champagner-Produzenten Bollinger, mit Heineken-Bier oder eben mit Aston Martin.

Wird es in 50 Jahren auch noch James-Bond-Filme geben?

Wilson: Da bin ich sicher. Auch nach uns beiden wird jemand die Serie fortsetzen. Diese Figur ist inzwischen so unsterblich wie Sherlock Holmes. James Bond ist Teil unserer westlichen Kultur geworden, er wird immer da sein.

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