Auf die Plätze, Christkind, los

Auf die Plätze, Christkind, los
Der Christkindlmarkt am Rathausplatz ist Wiens größte Weihnachtsmaschine, Touristenattraktion und ein Umsatzbringer. Die Standler trotzen sechs Wochen Wind und Wetter.

Dicke Schneeflocken wirbeln durch die Luft, zum ersten Mal heuer, ein eiskalter Wind bläst. Richtig winterlich ist es an diesem Spätnovember-Nachmittag. „Suuuperwetter für den Christkindlmarkt. So schön.“ Die lieben Redaktionskollegen versuchen gar nicht erst, ihre Häme über meinen Recherchetermin bei den Standlern des Christkindlmarktes zu verbergen. „Du hast ja gern frische Luft“, bekomme ich noch mit auf den Weg.

Ja, eh.

Frische Luft gibt es auf dem Rathausplatz genug. Doch die Kundschaft lässt noch auf sich warten. Wolfgang Fürnwein, der seine Fellmütze mit den Ohrenklappen tief in die Stirn gezogen hat, weiß, warum. „Zwischen Glück und Unglück liegen meist nur fünf Grad.“ Regen und Wind sind ganz schlecht fürs Geschäft. Glatteis ist eine Katastrophe. Schnee ist eigentlich gut, aber nur dann, wenn er frisch gefallen ist und die Sonne grad wieder durchkommt. Und auch Dauerfrost bei minus zehn Grad sind nicht ideal.

Jetzt also pfeift der Wind durch die Gassen, in denen sich Standl an Standl reiht. Auf Nummer 85 bietet Herr Fürnwein Spielzeug feil. Pädagogisch wertvolles, aus Holz, kein Plastik-Ramsch. „Klick-klack, klackklack. Klack.“ Wolfgang Fürnweins Hände bewegen sich unaufhörlich. Das Geräusch kommt von der „Jakobsleiter“: Bunte Holzbrettchen, mit roten Bändern zusammengehalten, die in verschiedene Formen auseinanderfallen und sich wieder neu ordnen. „Klack, klack, klick.“ Fürnweins Hände und die von Andrea, der Studentin, die mit ihm am Stand arbeitet, sind ständig in Bewegung. Es muss sich etwas tun, dann schauen die Leute, bleiben stehen. Zum Beispiel, wenn es donnert: Ein 20 Zentimeter langer bunter Zylinder. Ein Ende ist offen, am anderen sind eine Membran und eine Feder montiert. Schüttelt man das Ding, gibt es ein dumpfes Donnergrollen von sich, unterbrochen vom Zischen der Blitze. „Das ist ein echter Zuwizahrer“, sagt Fürnwein. Wenn die Hände doch einmal kalt werden, zieht sich Andrea die Maulwurf-Handpuppe über. Das funktioniert immer. „Jö, süüüß“, sagt die Frau, die mit ihrer kleinen Tochter vorbeikommt und bleibt stehen. „Magst du so einen Maulwurf?“ Die Kleine nickt, die Puppe wird eingepackt. Doch dann gefällt dem Mädchen doch die Schildkröte besser. „Die heißt Ernestine und freut sich, dass jemand sie lieber mag als den Maulwurf“, sagt Herr Fürnwein, packt den Maulwurf aus und die Schildkröte ein. Mutter und Tochter ziehen ab, 19 Euro wandern in die Kassa. Gar nicht schlecht. „Die meisten kaufen Sachen um maximal 5 Euro“, sagt Fürnwein.

Ausnahmen bestätigen die Regel. „Am meisten Geld geben die Leute am Abend aus, wenn sie vom Punschtrinken schon ein bisschen beschwipst sind. Da fallen die Hemmungen. Und je näher Weihnachten kommt, desto lockerer sitzt das Geldbörsel.“ Diesbezüglich sind Männer die Lieblingskunden des Spielzeughändlers. „Denen geht der ganze Advent am A ... vorbei. Aber ein, zwei Tage vor Weihnachten, oder überhaupt am 24., da kommen sie und arbeiten ihre Liste ab. Egal, was die Sachen kosten.“

Inzwischen ist die Dämmerung hereingebrochen, Büroschluss naht, der Wind hat ein bisschen nachgelassen und die Menschenströme zwischen den Standeln werden dichter. Auch beim Stand von Claudia Wittmann bleiben immer wieder Schaulustige stehen. Eigentlich betreibt die 44-Jährige ein Buchhaltungsbüro, doch jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit steht sie auf dem Christkindlmarkt und bietet ihre Waren an: Dufthäuschen aus Stoober Keramik, ätherische Öle mit Aromen von Lavendel bis Bratapfel, die sie selbst zusammenmischt, Ohrringe, Halsketten, und Ziergegenstände aus Spiegelkeramik. Gitarren, Trompeten, Spiegel in allen Größen. Vor allem die Amerikaner fahren auf die Gitarren ab. „Ich bin ein Workaholic. Mir taugt das hier.“ Wie alle anderen sperrt sie ihren Stand pünktlich um 10 Uhr früh auf. Um 21.30 Uhr ist Schluss. Ebenso pünktlich. Darauf schaut schon die Marktaufsicht. „Des wär ja nix, wenn die Besucher am Vormittag vor verschlossenen Läden stehen würden“, sagt Wittmann.
Die Kälte macht ihr nichts aus. Strumpfhose, lange Unterhose, Jeans, das reicht. „Für eine Erotikmesse wär das ungeeignet“, lacht sie. Dafür verzichtet sie im Gegensatz zu manchen ihrer Kollegen auf eine Fußbodenheizung. Das Standl schützt vor den ärgsten Windböen und die Lampen geben auch ein bisschen Wärme. Wer friert, verkauft nix, ist sie überzeugt. „Wenn ich mit den Händen im Sack dasteh und finster schau, wird das nichts.“ Genau. „Sie können s’ gern aufmachen und riechen“, animiert sie das Pärchen, das die Fläschchen mit den Duftölen befingert. Und sie erklärt ihnen, wie das Dufthäuschen funktioniert. „Kerze hinein, Öl aufs Dach träufeln, und schon riecht es nach Bratäpfeln.“ Die Frau zögert, der Mann will haben. Er gewinnt. Und kauft für sie noch eine hölzerne Vespa. Ein Kerzerl schenkt Frau Claudia als Draufgabe. Bei der Auswahl ihrer Mitarbeiterinnen – 9 Euro beträgt der Stundenlohn – ist sie pragmatisch. „Wenn eine fesch aussieht, ist das dem Geschäft nicht abträglich.“ Denn meistens wollen die Frauen gustieren und die Männer sind ungeduldig. „Wenn er sich derweil eine hübsche Verkäuferin anschauen kann, lasst er seine Frau in Ruhe stöbern.“

Mittlerweile tauchen immer mehr Gruppen von Menschen auf, die ihre Zusammengehörigkeit durch das Tragen der gleichen Weihnachtsmannmützen demonstrieren. Jetzt ist wirklich Büroschluss, der Wind hat sich gnädigerweise gelegt. Ziel der Bemützten ist der nächste Punschstand. Georg Lehner und seine Mutter Ulrike kennen sie alle. Die Familie ist quasi Lokalmatador und betreibt ihre Marktstandln schon in dritter Generation. Bei ihnen gibt es Glühwein, Punsch, Speck und Mehlspeisen. Ihr Stand ist gut platziert, kaum einer kommt daran vorbei. Ergebnis jahrelangen Einsatzes. „Markteinsteiger starten unter dem Christbaum und arbeiten sich Jahr für Jahr weiter vor“, sagt Georg Lehner. Trotzdem findet er, hat sich viel geändert. „Es wird viel weniger Alkohol getrunken.“ Wenn eine lustige Runde daherkäme, bleibe fast immer einer nüchtern, bekräftigt Mama Ulrike. Und wenn doch nicht, dann freuen sich die anderen Standler, weil das ihr Geschäft belebt.

1. Der Größte

Rathausplatz mit buntem Adventzauber im Rathauspark

Geschenke, Spielzeug, Kulinarik bis 24. 12. täglich von So-Do von 10.00 - 21.30 Uhr Fr-Sa von 10-22 Uhr; Ausnahme: am 24. Dezember 2013 von 10 bis 18 Uhr.

www.christkindlmarkt.at

2. Der Feurige

Kunsthandwerk- und Adventmarkt am Karlsplatz (Resselpark)

Feuertänzer, Lichtgestalten, ein riesiger Feuervogel auf der Kunstinsel und viel Live-Musik bis 23. 12. täglich von 12 -20 Uhr.

www.christkindlmaerkte.at

3. Der Biedermeierliche

Weihnachtsmarkt am Spittelberg

Viel Stimmung aus der Zeit, als der Spittelberg noch die Vorstadt war. Bis 23. 12. Mo bis Do 14-21 Uhr, Fr 14-21:30 Uhr, Sa 10-21:30 Uhr, So 10-21 Uhr.

4. Der Kaiserliche

Kultur- und Weihnachtsmarkt Ehrenhof vor Schloss Schönbrunn

Herrliche Kulisse, viel echtes Kunsthandwerk, das Lebkuchenparadies bis 23. 12. täglich von 10.00 - 21.00 Uhr, 24. 12. von 10-16 Uhr. 25. 12.-1. 1 von 10-19 Uhr
www.weihnachtsmarkt.co.at

5. Der Geheimtipp

Weihnachtsdorf im Alten AKH

Nostalgie und Alt-Wiener Flair am Uni-Campus, wo man Handwerkern bei der Arbeit über die Schulter schauen kann. Bis 23. 12. Mo bis Fr 14–22 Uhr Sa, So 11–22 Uhr

www.weihnachtsdorf.at

6. Der Blumige

Weihnachtsschau und der Adventmarkt in den Blumengärten Hirschstetten, 22., Quadenstraße 15

Weihnachtsstandeln zeigen die Bräuche in englischsprachigen Ländern von Großbritannien bis Australien.
Bis 22. 12, Do-So von 10-20 Uhr.

7. Der Zentrale

Badener Adventmeile im Stadttzentrum Zentrum Baden bei Wien
Der Kurpark und die Fußgängerzone haben sich in eine Adventlandschaft verwandelt. Bis 24. 12. Mo bis Fr: 15-20 Uhr, Sa, So 13-20 Uhr.

8. Der Historische

Salzburger Christkindlmarkt am Dom- und Residenzplatz

Chorgesang, Nachtwächterführungen, Kunsthandwerk und Kulinarik im wunderbaren Ambiente. Bis 26. 12. Mo bis Do 10-20.30 Uhr, Fr. 10-21 Uhr, Sa. 9-21 Uhr, So. 9-20.30 Uhr, 24. 12. m9-15 Uhr, 25. und 26. 12. von 11-18 Uhr.

www.christkindlmarkt.co.at

9. Das Postamt

Postamt Christkindl in Steyr, 4411 Christkindl, Christkindlweg 6

Hier werden Briefe ans Christkind gestempelt und expediert.

Bis 6. Jänner täglich von 10-17 Uhr. Am 24. und 31. 12. von 9-12 Uhr. Es gibt Sonderpoststempel und Weihnachtsmarken. www.christkindl.at

10. Der Besinnliche

Winterromantik rund um die Basilika und Betriebsamkeit in der Lebkuchenstadt bis 22. 12. 2013

Do von 13 -19 Uhr, Fr von 11-19 Uhr, Sa von 10-19 Uhr und So von 10-18 Uhr.

www.mariazeller-advent.at

Kommentare