Das Ende der engen Röhre

Das Ende der engen Röhre
Nie wieder Platzangst. Michael HOROWITZ über winzige Kernspintomografen. Das MRT von morgen ist so klein, dass es in jeden Notfallkoffer passt. Denn die Röhre hat bald ausgedient.

Unendlich groß ist die Rolle des unendlich Kleinen in der Natur meinte der Chemiker und Mikrobiologe Louis Pasteur im 19. Jahrhundert. Mit dem Thema, wie winzig man eine Maschine entwickeln könne, beschäftigte sich als Erster Richard Dick Feynman, einer der größten Physiker des 20. Jahrhunderts. Schon als Schüler verdiente er sich mit der Reparatur von Radios zusätzliches Taschengeld. 40 Jahre später wurde ihm der Nobelpreis verliehen.

Computer und Chips werden immer kleiner, ein vor allem auch wesentlicher Faktor in der Medizin, die dadurch revolutioniert wird. Und Patienten Hoffnung auf angenehmere Untersuchungen macht. Klobige, tonnenschwere Magnetresonanztomografen (MRT), deren bloßer Anblick bei Spitalsaufenthalten schon ein mulmiges Gefühl erzeugt – ganz zu schweigen von der beklemmenden Enge in der Röhre während der Kontrolle – haben bald ausgedient. Um die faszinierenden Bilder aus unserem Innersten zu erhalten, benötigt man heute noch schwere Röhren mit starkem Magnetfeld. Vor allem wegen der gewaltigen supraleitenden Magnete kosten die riesigen Geräte viele Millionen.

Das MRT der Zukunft könnte wesentlich billiger und vor allem kleiner sein, um in jeden Notfallkoffer zu passen: vorerst in der Größe einer Schuhschachtel, dann klein wie eine Cola-Dose, später sogar so klein wie ein Handy. In einigen Jahrzehnten sogar winzig wie eine Cent-Münze.

Bereits 1993 begann der Chemiker Bernhard Blümich mit seinem Team und Medizintechnikern am Mainzer Max-Planck-Institut damit, den kleinsten Kernspintomografen der Welt zu entwickeln: Die MRT-Mouse, ein transportables Gerät, das in der Lage ist, aus extrem dünnen Schichten das Signal zu messen, „… die Schichten können so dünn sein: 2,3 Mikrometer. Das muss man sich vorstellen, dass man durch ein Blatt Papier 40 Schichten legen kann und die unterscheiden kann – um die verschiedenen Schichten in der Haut zu messen“ schwärmt Bernhard Blümich.

Im Gegensatz zu den massigen Geräten von heute, die extrem viel Energie verbrauchen und spezielle Stromanschlüsse benötigen, verbraucht die MRT-Mouse nur etwa so viel Energie wie eine gewöhnliche Glühlampe. Bei ersten Tests mit seiner bildgebenden Maus platzierte der deutsche Chemiker das kleine MRT auf Gummireifen, die so weich wie menschliches Gewebe sind. Als Nebeneffekt könnte sich dieses Verfahren in Zukunft auch bei der Prüfung auf Materialfehler einsetzen lassen.

In Scientific American meinte Blümich jedenfalls schon vor acht Jahren, „… vielleicht ist ein Gerät wie der Star-Trek-Tricorder gar nicht mehr so fern“. Fest steht: Das MRT von morgen wird so klein sein, dass es in jedem Notarztwagen locker Platz findet. Und sogar der Hausarzt wird wahrscheinlich ein Miniatur-MRT ständig bei sich haben, um einen mobilen Blick unter die Haut zu werfen. Der unangenehme Weg ins Spital, die klaustrophobischen Anfälle mancher Patienten in der engen Röhre, sind damit überflüssig.

Das Ende der engen Röhre
Bernhard Blümich
Der Chemiker Bernhard Blümich begann bereits 1993 mit seinem Team und Medizintechnikern am Mainzer Max-Planck-Institut die MRT-Mouse zu entwickeln – den kleinsten Kernspintomografen der Welt

michael.horowitz@kurier.at

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