Stehende Frau III, 1962

Stehende Frau III, 1962
Sabine Haag, Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums, präsentiert für die freizeit die 100 größten Kunstwerke Österreichs.

Giacometti war der Sohn eines Malers und hatte zunächst in Genf studiert, bevor er in den frühen 1920er-Jahren nach Paris ging. 1927 ließ er sich im Künstlerviertel Montparnasse nieder, begegnete dort u. a. Pablo Picasso, Joan Miró und Jean Paul Sartre. Zunächst war er fasziniert von surrealistischen Themen: Träume, Halluzinationen, Sexualität und Gewalt – und er experimentierte mit Gips, Glas und Holz. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich sein Werk zu jener Wiedererkennbarkeit, die den „typischen Giacometti“ heute ausmacht. In Wien sind seine Werke selten zu sehen – eine solche Gelegenheit bietet sich ab 17. Oktober im Wiener Leopoldmuseum!

Giacometti war wohl einer der ersten international renommierten Künstler der Moderne, der die Kunst Egon Schieles würdigte. Gemeinsam mit Francis Bacon hatte er 1963 die allererste Ausstellung seiner Arbeiten in England besucht – und eine Seelenverwandtschaft zu dem 1918 verstorbenen Österreicher bemerkt. Damals war Giacometti 62 Jahre alt, das heute gezeigte Werk fällt genau in diese Zeit.

Berühmt wurde der Schweizer mit großen, schlanken, nahezu abstrakten menschlichen Figuren, die er zudem oft auf überdimensionierte Sockel montierte. Anonym und isoliert wurden sie in den Nachwehen des Zweiten Weltkriegs zu kraftvollen Metaphern der conditio humana.

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