Am Herd mit Gustav Peichl & Paolo Piva

Wenn, dann muss man was Spezielles machen, meint Gustav Peichl und schlägt vor, den Risottokönig aus Venedig zu unserer Kocherei einzuladen: Paolo Piva, im Brotberuf Architekt und Designer. Begleitet von Pivas Ehefrau Nora steigen die beiden an einem grauen Regentag vor meinem Haus aus dem Taxi. Peichl mit Aktenkoffer, Piva mit Plastiksackerl. Während Peichl seine Kochhaube mit aufgedrucktem Namen präsentiert, packt Piva heimlich, still und leise die Zutaten für sein Rezept aus. Hühnerleber, „Carnaroli“-Reis, Parmesan aus Venedig. Und drei Flaschen Wein: ein einfacher Grüner Veltliner zum Kochen, ein ganz guter vom Knoll aus der Wachau zum Trinken und eine Flasche Pinot Noir Süßwein vom Schandl in Rust. Gutes Essen braucht gute Begleitung, da sind sich die beiden Architekten einig. Peichl: „Ein Schnitzel ohne Bier ist für mich nix.“
Ans Risotto. „Adesso – questo.“ Reis? „Eine Handvoll pro Person und eine für die Pfanne.“ Rühren, aufgießen, rühren. „Keine Sekunde stehen lassen. Sonst ist alles kaputt.“
Peichl erzählt inzwischen von seinem neuen Buch, das im Herbst erscheinen wird, „Das Wunder Österreich“. 60 Jahre Kunst, Kultur, Politik. Auch die Texte stammen diesmal aus seiner Feder. „Das ist das erste Buch, das ich auch selbst schreibe.“ Mit dem regelmäßigen Zeichnen jedoch will der 86-Jährige zu Jahresende aufhören. „Dann gibt’s den
Ironimus nicht mehr.“
Leber, Kräuter und Süßwein, in einer Pfanne extra gebraten, verbreiten einen unwiderstehlichen Duft. Der Reis wirkt noch bissfest. Fertig? „Die Materialien sollten sichtbar sein“, sagt Piva, „beim Kochen und in der Architektur.“ Feuer aus, noch etwas Butter, eine Handvoll Käse, ein Schuss Süßwein, Deckel drauf. „Der Reis braucht jetzt Ruhe.“ Fünf Minuten später schöpft der Stardesigner ihn auf die Teller. Peichl: „Zu viel.“ Piva: „Nein.“ – „Aber das Optische?“ – „Das Optische ist manchmal wurscht." Satt und intensiv, samtig und elegant. Ein Traum von einem Herbstessen. Peichl: „Risotto ist eine der intelligentesten Speisen für mich: aus wenig kann man viel machen.“

Zutaten:
1 mittelgroße Zwiebel
300 g Risottoreis
Butter, Olivenöl
je einen Zweig frischen Salbei, Rosmarin, Thymian
Hühnersuppe
300 g Hühnerleber
2 Knoblauchzehen
Salz, Pfeffer
Grüner Veltliner
Süßwein
Parmesan
Zwiebel schälen und fein schneiden, in 2 EL Butter und etwas Öl anschwitzen. Mit einem Schuss Wein aufgießen, nach und nach heiße Suppe zugießen, unterrühren. Noch einen Schuss Wein, 2-3 Handvoll frisch geriebenen Parmesan, weiterrühren, dann wieder Suppe. Wenn der Reis bissfest ist, noch ein Stück Butter dazugeben, eine Handvoll Parmesan, einen Schuss Süßwein, Deckel drauf, vom Feuer nehmen, 5 Minuten ruhen lassen. Inzwischen die zerkleinerte Leber mit den geschälten Knoblauchzehen und den Kräutern in Öl anschwitzen, mit Süßwein aufgießen, köcheln lassen, salzen, pfeffern. Risotto anrichten, Leber samt Saft darauf verteilen.
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