Warum Fitness schon im Kindergarten beginnt

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Der Grundstein für ein gesundes Leben wird bereits in den Kinderschuhen gelegt: "Unser Auftrag ist es, die Bewegungsfreude zu erhalten."

Wer möchte heute beim Klettern mitmachen?", fragt Karin Baumgartner. Blitzschnell schießen die Hände in die Höhe, die Vorfreude der Kinder ist nicht zu übersehen. Dann laufen sie auch schon los – ab in den Bewegungsraum. "Jeder befestigt drei Wäscheklammern an seinem Gewand, die wir uns gleich gegenseitig wegschnappen. Wer keine mehr hat, setzt sich hin", erklärt Karin Baumgartner die Aufwärmübung fürs Klettern.

Die Leiterin des Kiwi-Betriebskindergartens am Heumarkt ist nicht nur ausgebildete Kindergartenpädagogin, sondern hat eine Zusatzausbildung fürs Sportklettern gemacht. "Beim Klettern kommt so viel zusammen: die Motivation, nach oben zu kommen, der Stolz und die Freude, wenn man es geschafft hat und natürlich die körperliche und kognitive Förderung der Kinder", erklärt sie. So würden beispielsweise die Auge-Hand-Koordination oder das vorausschauende Denken trainiert werden. "Was Hänschen an Bewegung nicht lernt, lernt Hans nimmermehr", könnte das Motto der Kiwi-Kindergärten in Sachen Bewegung sein.

Warum Fitness schon im Kindergarten beginnt
Extra1 Seite4-Dossier 9. März 2016 KIWI Betriebskindergarten für Bewegung, Wien am 19.02.2016.
Denn beim Betreten des Kindergartens am Heumarkt fällt sofort auf: Die Räume bieten viele Freiflächen. Die Kinder sind nicht in fixe Gruppen eingeteilt, sondern können entscheiden, in welchem Raum mit welchem Bewegungsschwerpunkt sie sein wollen. "Kinder haben einen natürlichen Bewegungsdrang, den man von Anfang an fördern soll, sobald sie krabbeln können", sagt Gudrun Kern, pädagogische Assistenz der Geschäftsführung. Dabei sei es wichtig, dass Bewegung im Kindergarten kein Extraangebot ist, sondern in den Alltag integriert wird. "Unser Auftrag ist es, die Bewegungsfreude zu erhalten."

"Altersadäquat"

"Ohne präventive Maßnahmen wird die Zahl der übergewichtigen Kinder weiter zunehmen", warnte kürzlich Kurt Widhalm, Präsident des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin (ÖAIE). Den größten Stellenwert in der Prävention von Übergewicht hat neben einer gesunden Ernährung das Ausdauertraining. Dass es sich dabei keinesfalls um monotone Quälerei handeln muss, weiß Wilhelm Lilge vom Wiener Laufverein team2012.at. "Ausdauertraining macht Kindern Spaß, wenn es kindgerecht vermittelt wird, also altersgemäß, variantenreich und spielerisch", meint der erfahrene Leichtathletiktrainer.

So steht im Vorschulalter das Erwerben der Grundfertigkeiten im Vordergrund. Für ein spezielles Ausdauertraining sei es hier noch zu früh. Im Volksschulalter könne dann die Ausdauer in spielerischer Form entwickelt werden. "Jedes Kind muss hier bereits in der Lage sein, mindestens so viele Minuten durchlaufen zu können, wie es dem Alter in Jahren entspricht."

Von zehn bis 14 Jahren sollte das Ausdauertraining vier bis sechs Stunden pro Woche nicht übersteigen, da es sonst zu Überlastungen mit irreversiblen Spätschäden kommen könne. Bei Jugendlichen sollten auch immer Schnelligkeit und Koordination trainiert werden, denn "Defizite sind in späteren Jahren praktisch nicht mehr aufzuholen", meint Lilge.

Und was sagt der Profi zu Kinderwettkämpfen? "Die Teilnahme kann natürlich eine Motivation sein, wobei Wettspiele der bessere Begriff wäre. Die Freude und nicht die Leistung sollte immer im Vordergrund stehen."

„Sport fördert nicht nur die motorische Entwicklung, Koordination und die natürliche Entwicklung des Bewegungsapparates, sondern aktiviert auch neurohormonelle Prozesse im Gehirn“, weiß Stefan Rippel, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde in der Sportordination. Kinder, die sich regelmäßig bewegen, sind ausgeglichener, entspannter und gleichzeitig konzentrierter, belastungs- und leistungsfähiger. Auch die soziale Kompetenz wird geschult.

Dabei gilt: „Kinder und Jugendliche sollten täglich die Möglichkeit haben, sich ausreichend zu bewegen. Ob das durch bewegungsorientierte Spiele, einen Spaziergang oder eine spezifische Sportausübung erfolgt, ist dann nicht so entscheidend und nach Lust und Laune zu halten“, sagt Rippel. Das Wichtigste sei, dass Kinder Spaß an der Bewegung haben, ohne Zwang und Druck der Eltern. Viele Sportarten können bereits ab einem Alter von vier Jahren gezielt ausgeübt werden. Je nach Entwicklungsstand des Kindes sollten Dauer, Frequenz und Intensität angepasst werden. Je jünger, desto spielerischer sollte der Zugang sein und desto vielseitiger und abwechslungsreicher sollte die Sportausübung erfolgen.

Mit zunehmendem Alter, zwischen sechs und zwölf Jahren, kristallisiert sich meist heraus, wo die Interessen und Stärken liegen, die dann entsprechend gefördert werden sollten. Der wirksamste Tipp, damit Kinder Spaß an der Bewegung haben: sportliche Eltern als Vorbild.

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