„Was muss denn noch passieren?“

opfer, 15., Freiheitsberaubung
Der mutmaßliche Täter bleibt auf freiem Fuß, das Opfer erhebt Vorwürfe gegen Justiz

Wir haben die Nacht kaum geschlafen. Ich habe sogar die ganze Zeit einen Schlagstock bei mir gehabt. Meine Freundin hat Angst vor dem Mann“, erzählt der Freund der Wienerin, die von ihrem Ex-Lebensgefährten zwei Tage eingesperrt und mit einer Pistole bedroht worden sein soll.

Wie berichtet, wollte die 36-Jährige am 2. Jänner aus der gemeinsamen Wohnung in Wien-Fünfhaus ein paar Sachen holen. Dabei eskalierte ein Streit zwischen ihr und ihrem Ex-Freund. Er soll ihr den Schlüssel und das Handy weggenommen und sie zwei Tage festgehalten haben. Erst als Jürgen H. die Wohnung am Freitagnachmittag verlassen musste, bat die Frau per Facebook, sie zu befreien.

Bei der Festnahme durch Beamten der WEGA versuchte der Mann die Exekutive mit einem Klappmesser zu attackieren. Der mehrfach Vorbestrafte wurde wegen gefährlicher Drohung, Freiheitsentziehung und schwerer Nötigung angezeigt. Er bestritt die Vorwürfe und wurde wieder auf freien Fuß gesetzt.

Bereits am nächsten Tag begegnete das Ex-Paar einander wieder. Als die Frau am Samstag die gemeinsame Tochter von ihren Eltern abholen wollte, soll er versucht haben, sie anzugreifen. „Er kann mir überall auflauern“, sagt die 36-Jährige. „Was muss denn noch passieren, damit er eingesperrt wird?“

Solche Fälle kennt Gewaltforscherin und Juristin Rotraud Perner zur Genüge. „Das sind wirklich schwierige Fälle. In unserem Rechtssystem hat man oft keine Handhabe, um den Beschuldigten festzuhalten“, sagt die Expertin.

Keine Haftgründe

In diesem Fall offenbar auch nicht. Die Staatsanwaltschaft sieht „keine Haftgründe vorliegen“, sagt deren Sprecher Thomas Vecsey. „Diese wären Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr oder Tatbegehungsgefahr. Diese sind aber nicht erkannt worden.“

Perner findet es aber bedenklich, dass die Tatbegehungsgefahr nicht erkannt wurde. „Denn er hat ja auch die Polizei bei der Festnahme angegriffen.“

Der 36-jährigen Frau bleibt offenbar nur die Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung gegen ihren Ex-Freund zu beantragen.

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