Zelle angezündet: Häftling wegen Mordversuchs vor Gericht

Der Angeklagte am Mittwoch vor Beginn eines Prozesses wegen Mordversuchs.
Algerier wollte verlegt werden und ging davon aus, dass Justizwachebeamte schnell auftauchen.

Weil er am 16. Oktober 2016 seine Zelle in der Justizanstalt Josefstadt in Brand gesteckt hatte, musste sich ein 33-Jähriger am Mittwoch am Wiener Landesgerichts u.a. wegen Mordversuchs verantworten. Der Algerier hatte sein Bett angezündet, um seine Verlegung in eine andere Zelle zu erzwingen, dabei hätte er auch den Tod seiner drei Mitgefangenen herbeiführen können.

In einer ersten Verhandlung hatte ein Schöffengericht ein Unzuständigkeitsurteil gefällt, da die Handlungen des abgelehnten Asylwerbers auch als versuchter Mord qualifiziert werden könnten. Vor dem Geschworenengericht leugnete der 33-Jährige nun einen entsprechenden Vorsatz. Er wollte lediglich erzwingen, zu Landsleuten verlegt zu werden.

Drei Zellengenossen verletzt

Bei dem Feuer wurden die drei Zellengenossen des Mannes schwer, einer sogar lebensgefährlich verletzt. Elf Justizwachebeamte erlitten Rauchgasvergiftungen und mussten im Spital behandelt werden. Die Zelle wurde zerstört. Sachschaden: 50.000 Euro. Grundsätzlich wisse er, "dass Feuer eine gefährliche Sache ist", sagte der Angeklagte. Er sei aber davon ausgegangen, dass die Justizwache rechtzeitig einschreiten werde und ihn sowie seine Kollegen retten werde.

Der Algerier hält sich bereits seit mehr als zehn Jahren in verschiedenen Ländern Europas auf, wo ihm auch die Gefängnisse nicht unbekannt sind. Auf die Frage der vorsitzenden Richterin Andrea Wolfrum nach seinem Beruf antwortete der Angeklagte, er habe Diebstähle begangen und mit Drogen gehandelt. Daraus resultieren bereits drei Vorstrafen in Österreich, wohin er 2013 oder 2014 gekommen war.

Drehte in Zelle durch

Als sein Asylantrag negativ bewertet wurde, setzte sich der Algerier nach Finnland ab, wo er nach islamischem Recht heiratete. Dort wurde er festgenommen und nach Österreich abgeschoben, wo er zunächst in einem Polizeianhaltezentrum war. Aus Verärgerung demolierte er dort einen Putzkübel und schlug auf einen Polizisten ein, weshalb er in die Justizanstalt überstellt wurde.

Dort saß er zunächst mit strenggläubigen Muslimen in einer Zelle, deren Beten er allerdings als unangenehm empfand, "da ich nicht bete, Alkohol und Drogen konsumiere". Seinem Wunsch nach Verlegung wurde entsprochen, aber auch in dieser Viererzelle fühlte er sich nicht wohl, da er sich mit den Iranern und Afghanen nicht unterhalten konnte. Viermal drückte er den Alarmknopf, um zu Algeriern verlegt zu werden. Das war aber abends nicht mehr möglich.

Der 33-Jährige wollte dies nicht einsehen und versuchte, seinen Willen dadurch durchzusetzen, indem er Radio und Fernseher zertrümmerte. Als auch dies nichts fruchtete, zündete er gegen 21.00 Uhr seine Matratze an, obwohl im Stockbett darüber ein Mitgefangener lag. Die anderen drei Männer hinderte er mit zwei Besteckmessern, die Flammen zu löschen oder Hilfe zu rufen. Erst als der Rauch entsprechend dicht war, konnte einer den Alarmknopf drücken.

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